01 Juni 2011

Hochzeit

Ein Frau ohne Bauch ist wie der Himmel ohne Sterne. Arabisches Sprichwort

Ein Mann ohne Macke ist wie die Hölle ohne Feuer. Nach einem arabischen Sprichwort.


"Alles neu, macht der Mai", jubeliert das Volkslied in diesem Monat. Die Natur explodiert gleichsam in Grün, in Blüten, in Pracht. Die Sonne scheint viel, zu viel und zu lange. Mancherorts vergilbt schon das Gras auf den Wiesen.

Die Vögel zwitschern vom Morgengrau bis zur Dämmerung. Licht verlängert die Tage. Die Abende sind zu schön, um sie am Fernseher oder mit einem Buch zu verbringen. Alles drängt hinaus, hinaus in die Wälder.

Mit meinen Kollegen haben wir einen unvergesslichen Abschied gefeiert. Endlich ein Leben ohne Chef! Doch geht das überhaupt nach Jahrzehnten "Sklaverei am Schreibtisch"?. Schlecht.



Unvergessliche Abschiedsfeier mit meiner lieben Kollegen: Mittwoch, 25. Mai 2011


Also gibt es am Montag, den 30. Mai, einen neuen Chef. "Neu" ist mehr als übertrieben, wenn diese liebe Chefin schon seit etwa 15 Jahren mir daheim sagt, was zu tun und zu lassen ist. Seit nunmehr bald 30 Jahren kennen wir einander. Wir lernen Liebe, oder richtiger: Sie lehrt mich lieben.

Also wird meine liebe Chefin Stephanie, genannt Mimamai, Erdferkel oder auch Wisch- und Waschbär, am 30. Mai die juristische Standesamt-Urkunde unterschreiben. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Was sich steuerlich ändert, ist uns beiden nicht klar. Wir kennen uns nicht aus in diesen Dingen. Namen ändern sich nicht. Es bleibt, wie es ist. Wenn mich der "Herr zu den Seinen ruft", soll sie als Witwe ein wenig besser versorgt sein. Sie sorgt sich für unser Leben. Es ist mehr als gerecht, auch für ihr Leben ein wenig zu sorgen. Wie es in meiner schwacher Kraft steht.



Mein liebe Chefin Stephanie, genannt Mimamai, Erdferkel oder auch Wisch- und Waschbär, unterschreibt am 30. Mai im Standesamt München die Ehe.

Sie hat fünf Menschen - zumeist Verwandte - motiviert, uns bei diesem schweren Behördengang an einem strahlend blauen Maientag zu unterstützen. Viel zu viel Gefühl für mein Gefühl. Wer fühlt sich schon wohl, sich bei Behörden vorzustellen?

Am Computer fühlt man sich besser. Vor einem Bildschirm hat ein NERD seine Gefühle besser unter Kontrolle. Ohnehin gilt: Ein NERD ist als "not emotional reachable dude" definiert. Ein NERD flieht vor zuviel Gefühl in Sakrasmus.

Der Gang zur Behörde fühlt sich an wie der Weg zum Zahnarzt. "Halb zog sie ihn, halb sank er hin, da wars um sie gescheh'n."

Doch dieser hormonelle Zug ist mit meinen 63 Jahren und nach 15 Jahren mit Stephanie auch schon längst abgefahren. Die Zeremonie kommt mir komisch vor:

"Wollen Sie diese Frau heiraten, dann antworten Sie JA"!, oder so ähnlich, fragt der Zahnarzt, ähem der Standesbeamte.

"Wenns sein muss, ja." stammelt der Verurteilte. Die Gedanken so frei, fügen im Stillen an: "Los, zieh mir den Zahn der Freiheit!"


Der Beamte hat mit geschult-gebügelter Gesichtmimik seine Sprüchlein säuselnd abgespult. Abschließend befiehlt er wie in jeder Seifenoper:

"Sie dürfen die Braut jetzt küssen!"



Kuss! Beifall! Verheiratet!

Fröhlich verlassen wir das Standesamt. Als erstes Fahrzeug fällt mir ein Viehtransporter mit Anhänger auf, der, seiner Fracht entladen, vom Schlachthof kommt. "Prost, Mahlzeit! Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen."

Wie eine Beerdigung gleichsam mit einem Leichenschmaus die Trauernden wieder lachen lässt, so feiern wie den Zwang der Zeremonie beim Essen. Die Bilder davon werden mich immer wieder zum Lachen bringen.



Beim Brautschmaus mit Mimas und nun auch meinen Verwandten

Nach Kaffee und Keksen geht meine Reise weiter ins Leben. Gleichsam zur Hochzeit erhält mein "Weißer Wal" , meine Tonne eines Diogenes im mobilen Plastik-Zeitalter, eine Markise. Dabei dichtet der Handwerksmeister gleich noch einen Fensterrahmen, durch dessen Undichtigkeit es hinein regnete. So hat der Regen sein Gutes für Gras, Blüten und Bäume wie auch für das Auto.

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