28 August 2013

Gedanken zwischen Feucht- und Mordgebieten

Der Vollmond in Jena hat mich mal wieder ins Kino getrieben: Feuchtgebiete. Mein Augenmerk liegt aber eher derzeit auf Feuchtgebieten an Saale, Ilm und Unstrut. Die stimmen mich als Reisenden froh. Daneben beschäftigt mich - wie Millionen Menschen - die Mordgebiete im Maghreb. 


Die DDR hat den Jen-Tower sehr zum Ärgernis älterer Einwohner auf den zentralen Stadtplatz in Jena geklotzt. Da steht er nun als Kongress-Center. Vom Jenzig, dem 384 Meter hohen Muschelkalk-Gelände auf der anderen Saale-Seite, blickt man auf Jena mit dem Jen-Tower.


Thüringen, das als "Grünes Herz Deutschlands" beworben wird, zeigt sich im Saale-Tal von seiner schönsten Seite. Aus Muschelkalk erheben sich Hügel an den Ufern der Saale, an deren Hängen sich Wein und Sekt wie von Rotkäppchen gewinnen lassen.



Die in den 68er-Jahren aus der SPD ausgestoßene linke Studentenorganisation SDS hat ein Revival erlebt. Auf meinem Sonntagsspaziergang auf den Jenzig fällt mir dieses Plakat auf.


Damit den Wanderer beim Frühschoppen im Jenzig-Wirtshaus kein schlechtes Gewissen plagt, nimmt dieser Sinnspruch seine Sorgen.


Immer wieder der Blick auf Jena mit dem unübersehbaren Jen-Tower.

 
Das Stadtmuseum von Jena zeigt die bewegte Geschichte der Gegend, welche schon in steinzeitlichen Zeiten besiedelt war. Der Sieg Napoleons über die Preußen 1806 bei Jena und Auerstedt metzelte 35.000 Soldaten. Derzeit macht sich die "Gruppe der Guten" wieder auf, gegen eine neue "Achse des Bösen" für den Kampf sich zu rüsten. Mir wird das Mord-Metzeln im Maghreb oder sonstwo zunehmend gleichgültig. Es interessiert mich ebenso wenig, wie Feuchtgebiete befruchtungsbereiter Damen, die die Medien in epischer Eindringlichkeit mit allem Pipi, Kacka, Hämorriden, Menstruationsblut, Sperma und sonstigem Schleim vermarkten. Zum einen scheint es einen Zwang zur Vermehrung zu geben. Zum andern scheint es aus bevölkerungs- und wirtschafts-politischen Gründen unausweichlich zu sein, sich periodisch gegenseitig abzuschlachten. Mit 65 Jahren erlischt der Trieb zum Vögeln; mein Trieb zum Töten beschränkt sich auf Mücken.

Mir reicht meine Tagesreise von Jena nach Eberstedt mit gerade einmal 30 Kilometern.  Die Straßen durch das Saale-Tal sind klein, eng und wenig befahren. Die Dörfer lassen Raum zum Parken.  Diese Brücke, welche nur noch Fußgänger und Radfahrer trägt, steht in Dornburg.


Die Schlösser in Dornburg sind sehenswert, wie ein Blick durch das Tele-Zoom der Kamera zeigt.


In Eberstedt ist mittags das Ziel meiner Reise erreicht. Schwimmende Unterkünfte kann sich der Tourist dort mieten. Eine alte, renovierte Ölmühle als Hotel und Gasthof kümmert sich um Kunden.


An der Ölmühle in Eberstedt lädt zwar ein freier Stellplatz zum Verweilen ein. Doch dort an der Ilm gibt es weder Radio- noch Internet-Empfang. Meine Mittagsruhe stört ein überdimensionierter Rasenmäher mehr noch als das Blöken von Eseln an der Ilm.  Wer sich in Eberstedt langweilt und sich daher besäuft, dem droht die Ausnüchterung in dieser engen Zelle.


Um dem Schicksal zu entgehen, geht es nach einem opulenten Mittagsmahl noch einmal 10 Kilometer weiter in belebtere Gefilde.  In Bad Sulza, an der Grenze von Thüringen zu Sachsen-Anhalt, fällt mir diese Villa auf. Die Renovierung ist im vollen Gang, zieht sich aber noch über einige Jahre mit beträchtlichem Millionenaufwand hin.


Bei Stendorf liegt ein lauschiger WoMo-Stellplatz direkt an der Saale. Schon zweimal hat es mich dorthin gezogen. Man blickt dort von Saaleck auf die Saaleburgen. Die Rudelsburg hat Geschichte gemacht. Zur Abwechselung wähle ich den Campingplatz in Bad Kösen. Von dort aus ist die Rudelsburg keine zwei Kilometer weit entfernt.


Doch zuvor findet das Gradierwerk in Bad Kösen meine Bewunderung. Hier wurde und wird noch seit 1730 Salzsole aus 175 Meter Tiefe gefördert. Viermal läuft die 5,25 prozentige Salzbrühe über die Schwarzdornzweige, von dem doppelstängigen Holzantrieb immer wieder in die Höhe gepumpt. Durch Verdunstung erhöht sich der Salzgehalt der Brühe bis auf 20 Prozent, die dann eingedampft wurde. In der Brühpfanne blieb das Salz zurück, ohne das Mensch und Vieh nicht auskommen.


Man beachte das Holzgestänge an der Seite. Bei jedem Vor- und Rückschub der Holzstangen bewegen sich Stützstangen in Gelenken am Boden. Diese Metallgelenke verringern Reibungsverluste. Ein Wasserrad der Saale treibt die bald 400 Meter langen Holzstangen. Der Klapperatismus treibt Pumpen an, welche zum einen die Sole aus der Tiefe und zum andern auf den Scheitel des Gradierwerks befördern.


Eine Dame in der Basisstation des Pumpwerks erklärt mir den Mechanismus mit viel Elan und großer Sachkenntnis. Ihr Dienstfahrzeug schmückt die Website zu ihrem Arbeitsplatz.

Wer sich für die Feinheiten des Jahrhunderte alten Mechnismus interessiert, findet auf der Seite

www.sole-salz-world.de

weitere Einzelheiten.


Durch dieses Fachwerkhaus führt der Holzantrieb für die Pumpen des Gradierwerks und für die Förderung der Sole. Das Wasserrad an der Saale steht etwa 10 bis 15 Meter entfernt von dem Gebäude. Man sieht, wie auf der rechten Seite Holzstangen in das Gebäude führen, die auf der linken Seite weiter zum Gradierwerk gehen. Im Haus wird der Holz-Stangen-Pumpen-Antrieb noch in einem Winkel von etwa 30 Grad umgelenkt.


Auf meinem Abendspaziergang zur Rudelburg sind mehrere martialische Denkmäler zu bewundern. Was in Feuchtgebieten gezeugt war und aus Feuchtgebieten kam, etwa 20, 30 Jahre heranwuchs, sich in Mordgebieten metztelte, daran erinnern martialische Denkmal-Dokumente wie verfallene Burggemäuer.


Die Rudelsburg inspirierte Franz Kugler zu seinem berühmten Lied:

An der Saale hellem Strande
stehen Burgen stolz und kühn
Ihre Dächer sind zerfallen,
und der Wind streicht durch die Hallen,
Wolken ziehen d´rüber hin.

Zwar die Ritter sind verschwunden,
Nimmer klingen Speer und Schild;
Doch dem Wandersmann erscheinen
In den altbemoosten Steinen
Oft Gestalten zart und mild.

Droben winken schöne Augen,
Freundlich lacht manch roter Mund,
Wand'rer schaut wohl in die Ferne,
Schaut in holder Augen Sterne,
Herz ist heiter und gesund

Und der Wand´rer zieht von dannen
Denn die Trennungsstunde ruft
Und er singet Abschiedslieder
Lebewohl tönt ihm hernieder
Tücher wehen in der Luft.


Die Rudelsburg beeindruckt mich im Licht der untergehenden Sonne.

 
Der Blick von der Rudelsburg auf die beiden Saale-Brücken bei Saaleck. Ein Eisenbahnzug hat gerade die Brücke verlassen, ein anderer fährt gerade darüber. Der Lärm der Züge hallt länger durch das sonst stille Tal.
 
 
Bismark in einem Standbild, welches ihn als Studenten vor einer Tonsur zeigt. Den Säbel hält er in der Hand. Bismark hat dem Bau dieses Denkmals zugestimmt.
 
 
Der Corps-Geist der Studenten setzt sich sektenartig gegen Menschen anderer Anschauung und anderer Aufgaben ab.
 
 
Ein weiteres phallisches Denkmal bei der Rudelsburg, welches wie die andern auch, vor dem ersten Weltkrieg entstand. Denkmäler nach den Weltkrieger sehen auch nicht viel anders aus. Nur die Soldatenfriedhöfe wuchsen mit den Menschenmassen, die das Metzeln mordete.
 
 
Die Schlachten bei Jena und Auerstedt 1806 und der deutsch-französische Krieg 1870/71 erscheinen mir, als hätten sie die Menschen auf die Weltkriege 14/18 und 39/45 vorbereitet. Diese Weltkriege scheinen uns nach kurzem Kriegs-Geplänkel wie in Vietnam, Bosnien, Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien, Ägypten auf weitere Mordabenteuer einzustimmen. Doch die niedrige Fertilitätsrate in westlichen Ländern scheint gute Garantie zu geben, dass eher Roboter und Drohnen das Mordsgeschäft von Industrie, Wirtschaft und Bevölkerungspolitik erledigen als Männer an der Front.
 
 
Doch einige junge Familie, wie meine Nachbarn auf dem Platz in Bad Kösen, sorgen sich immerhin noch um Nachwuchs. Ein historisches Allrad-Fahrzeug, dieser Hanomag, bietet mit Wohnaufbau den Eltern mit ihren beiden kleinen Kindern Platz.
 
 
Einen Familienausflug mit vier Personen im Hanomag zu erleben, braucht schon eine ausgetüftelte Organisation.
 

Immer wieder Feuchtgebiete: Zahlreiche Campingplätze verfügen über Landestege, so hier der Campingplatz Rudelsburg in Bad Kösen. Auch der Campingplatz in Naumburg kann der Wasserwanderer mit seinem Boot ansteuern.


Hier ist das "Maschinenhaus" an der Saale. In dem treibt ein unterschächtiges Wasserrad mit einer Leistung von etwa 40 PS über Kurbelwellen die Holzstangen für die Pumpen an.


Das Wasserrad für den Pumpenantrieb, der die Sole aus der Erde bis auf den Scheitel des Gradierwerks befördert.

Das Therapiezentrum in Bad Kösen: Nur morgens und abends ist das Solebad für den Publikumsverkehr geöffnet. In der restlichen Zeit kurieren sich dort die Kranken.

Beim Campingplatz "Blütengrund" in Naumburg fließt die Unstrut in die Saale. Hier sieht man die Mündung.


Naumburg ist für seinen Dom und den "Naumburger Meister" berühmt. Dieser Steinmetz- und Architektur-Meister brachte zum einen die französisch gotische Baukunst ins Land. Zum andern hat der Meister Figuren gemeißelt, deren Gesichtszüge, Haltung und Bewegung Gefühle ausdrücken. Das war neu vor 1000 Jahren. Der Naumberger Meister ist als Handwerker unbekannt geblieben. Die Namen der Sponsoren, welche mit ihren Spenden sich einen guten Platz im Paradies erkauften, sind natürlich erhalten.


Mehr als zwei Stunden wirken diese Geschichten aus dem Mittelalter auf mich, die Figuren, die Architektur, die Entstehung.


Über den Marktplatz von Naumburg flitzt ein kleines Mädchen geschickt mit ihrem Kinderfahrrad.


Das Nietzsche-Denkmal: Der Philosoph und das Mädchen.
 
Eine Fahrrad- und Fußgängerfähre schiebt die Strömung beim Campingplatz Blütengrund über die Saale.
 
 1813 - 1913 - 2013
 
Eine merkwürdige Folge von Jahrhundert-Daten: 1813 war die Völkerschlacht in Leipzig. 500.000 Mann standen gegeneinander, jeder Fünfte starb in dem Gemetzel. 1913 weihten die Menschen ihr "Völkerschlacht-Denkmal" ein, ein gewaltiges Werk aus Beton mit Natursteinen verkleidet, 91 Meter hoch. Es sollte das größte Denkmal in Europa sein, es sollte der größte Kopfbahnhof gleichzeitig in Leipzig eingeweiht werden. Ein Jahr später kamen vier Weltkriegsjahre, die das Gemetzel der Völkerschlacht um Potenzen toppten Gedanken zwischen Feucht- und Mordgebieten kommen auf, wenn man über den "See der Tränen" auf das gewaltige Denkmal blickt.
 
 
Ereignisse aus den beiden Weltkriege sind ja dauernd auf unserem Schirm, dem Bildschirm, wenn man sich dafür interessiert. Dass es 1813 eben ähnlich war, verliert sich dann leicht in der Geschichte. Doch meine unmaßgebliche Meinung zu den Ereignissen, wie auch am Vorabend des Vernichtungswaffen-Einsatzes westlicher Streitkräfte in Syrien, steht fest: Wenn die herrschenden Eliten, die Ein-Prozent der Entscheider, aus wirtschafts- und bevölkerungspolitischen Gründen den Krieg bestimmen, kommt Krieg. Da können "wir" unterschreiben, demonstrieren, plakatieren, Pamphlete und kunstvolle Comics komponieren, es bleibt dabei: Wenn die herrschenden Eliten, die Ein-Prozent der Entscheider, aus wirtschafts- und bevölkerungspolitischen Gründen den Krieg bestimmen, kommt Krieg.

 
Mich, mehr und mehr zynisch gestimmt, belustigen diese Vergnügungen kranker Eliten nur noch. Obgleich meine kleine Frau meine Füße oft als Quadratlatschten schmäht, sind sie winzig gegen die monumental Fantasien dieses Bildhauers im Völkerschlachtdenkmal von Leipzig.
 
 
Den Westflügel im Naumburger Dom betritt man unter dem Steinbild des Gekreuzigten. Dies Monumental-Monument in Leipzig betritt man unter dem Schwert des Kriegshelden.


 Diesen strammen Stein-Koloss bestaunen Besucher seit 1913. Doch der Terminator Maximus, Kaiser Wilhelm II, endete als Gast der Holländer, der sich beim Holzhacken fit hielt. Der danach folgende Volks-Verführer hat keine Denkmäler. Seine Symbol-Sprache verfolgen die Strafbehörden, als verfassungsfeindlich.
 
 
Diese Ruhmeshallen-Kunst zur Volkserziehung und Volksertüchtigung mag feiern, wer will. Mich belustigen diese gigantischen Geisterbahnen volkstümelnder Steinhaufen-Kunst.
 
 
Der Blick von der Empore ist großartig, muss man den Baumeistern lassen. Aber...
 
 
Auf- und Abgang durch die Ampel geregelten Beton-Gang-Schächte bleiben beklemmend. Sie geben schon den Vorgeschmack für die Betonfluchtburgen in den Städten vor den Luftangriffen, vor den Beton-Silos an allen Fronten, die heute als gesprengte Trümmer erst in Jahrtausenden zu Sand zermahlen sind.
 
 
Der Mensch ist nichts, das Reich ist alles. Sklaverei in Stein, mehr fällt mir dazu nicht mehr ein.
 
 
Gegen diese Ruhmeshalle aus dem Völkerschlacht-Denkmal in Leipzig sollte man sich den Westflügel des Domes in Naumburg vor Augen halten. Diese bald 1000jährige Architektur der ersten Gotik in Deutschland ließ Licht auf die Menschen fallen. Was die Menschen in Leipzig 1913 als Völkerschlacht-Denkmal eingeweiht haben, ließ Schatten eines dreißigjährigen Krieges der Dunkelheit ahnen. Was uns jetzt 2013 beschäftigt, für mich sind es Gedanken zwischen Feucht- und Mordgebieten. Genug.
 

24 August 2013

18. Eierkuchenfest in Kunitz

Deutschland im Sommer ist ein Traumland, wenn es nicht regnet. Die Hotels der sehenswerten Städte sind unerschwinglich für mein Rentner-Salär. Doch für mein WoMo, die Walkuh, gibt es zahlreiche Stellplätze, die wenig oder nichts kosten.


Nach 16 Tagen mit Frau und Kleinkind reicht es mir auf der Campinginsel Bug bei Bamberg. Die Rechnung ist mit 325 Euro dem erholsamen Ambiente angemessen. Der Stromverbrauch von bald 50 KWatt-Stunden ist vornehmlich dem Kühlschrank geschuldet. Bei den Preisen arbeitet der Absorber-Kühlschrank billiger mit Gas als mit Strom.


Auf dem Platz in Bug tummelten sich die ulkigsten Wohnwagen, Wohnanhänger und Wohnmobile.


Etwa einen Meter über dem Rasen speist der Herr auf der Laderampe seines speziell angefertigten LKW-Wohnmobil, den Auspuff seines Motorrads hinter sich.


In der Ruhe meiner Einsamkeit geht die Reise von Bamberg aus weiter, Richtung Nord-Ost. Die erste Station ist  nach 16 Kilometern erreicht: Das zauberhafte, kleine Baunach. Neben einem freien Stellplatz lockt mich dort ein Badetümpel. Ein Reiher rastet im Schilf. Zwei Schwäne im See machen mir Platz, eine weite Runde im warmen Wasser zu schwimmen.
  
 
Nach der ruhigen Nacht in Baunach reichen mir am nächsten Tag gerade mal wieder 50 Kilometer, um Coburg zu erreichen. Auch dort gibt es wieder einen freien Stellplatz. Hof und Coburg, meint ein Kabarettist, seien Orte, die selbst die DDR nicht wollte. Die Menschen in Franken sind ein lustiges Völkchen. So meint ein Kabarettist zur Arbeit in Franken: "Arbeit kann man vortäuschen, aber faul muss man schon selber sein."
 
 
Coburg: Beim Aufstieg durch den weitläufigen Hofgarten zur Festung "Veste" ist dies Reiterstandbild von Ernst, dem Ersten, nicht zu übersehen. Burgen, Kirchen und Kongresshallen beweisen, dass die Menschen genug zu schaffen haben, um den Größenwahn ihrer Eliten zu befriedigen.
 
 
Bis 1945 residierte noch der Hausherr auf dem Anwesen, obgleich er seiner adeligen Titel schon nach dem mörderischen Gemetzel des 1. Weltkriegs verlustig ward. Mittlerweile zahlt der Steuerzahler den Unterhalt des steinernen Bollwerks. Beamte der Bayerischen Schlösser- und Burgenverwaltung verbringen ihr Berufsleben damit, diese schwere Last zu stemmen.
 
 
Hinter solchen Mauern lässt es sich - abseits vom Kriegs- und Not-Getümmel der Zeiten - durchaus geruhsam leben.
 
 
Nachdem die Eliten, Adlige, Junker und Großgrundbesitzer nach der Kapitulation des Deutschen Reiches 1918 schon einen Teil ihrer Pfründe verloren hatten wie der Kaiser seine Krone, blieb ihnen immer noch genug, mehr als genug. Hinter den Mauern der Burg Veste feierte man dann in frommen Gedenken an das verheizte Humankapital, welches in der Blutpumpe von Verdun in langjährigem Stellungskrieg elend krepiert war.
 
 
Doch die Besucher der Burg scherte das kaum. Wer immer auch Blut an den Händen hatte, wusch sich in diesem bescheidenen Badezimmer als Gast auf der Burg rein.
 
 
Die Wände des Raucherzimmers schmücken Holzeinlegearbeiten, deren Bildersprache kurzweilig die Gesellschaft unterhielt.
 
 
Wenn nicht gerade sich im Krieg die Eliten des abgeschriebenen Humankapitals per massenmörderischer Schlächterei entledigten, gefiel man sich als Großwildjäger. Mit Trophäen schmücken die Kopfjäger ihre Wände nach alt archaischem Brauch,
 

 Weit schweift der Blick von den Zinnen der Burg über das blühende Land.
 
 
Der Künstler, der mit diesem Pamphlet Papst und Papstkirche verspottete, büßte seinen Angriff auf die Autoritäten auf dem Scheiterhaufen.
 
 
Das Rathaus in Coburg steht auf dem Marktplatz, wo Rathäuser meistens zu stehen pflegen. Vom Marktplatz aus sind Amtstuben leichter zu erreichen, weil man sich nicht wie bei der Burganlage Veste erst in einem halbstündigen Fußmarsch auf die Höhe schleppen muss.
 
 
Die Abendsonne zeichnet leuchtende Farbe. Es ist überall das Gleich: Kaum ein Marktplatz ohne Standbild.
 
 
Auch reiche Bürger haben sich zauberhafte Wohnhäuser bauen lassen. Die neoliberale Umverteilung lässt wieder feudale Strukturen entstehen. Das Drittel, welches als Prekariat abgehängt ist, entfällt für die politische Willensbildung.
 
 
Es gibt sie ja immer noch die Gestalten mit adligem Namen und unermesslichen Ländereien. Die Macht des Reichtums ist vielen geblieben, während andere ihre Titel ohne Mittel beklagen.
 
 
 Die nächste Station ist Erfurt. Der Dom hat die Jahrhunderte gut überstanden hat.
 
 
Die Ruhe in den sakralen Hallen hebt sich erholsam gegen das Getriebe in der Stadt ab.
 
 
Die Baumeister haben sich und ihren Herrschern ein Denkmal gesetzt.
 
 
Obgleich mir manchmal schon noch der Sinn danach steht, eine barocke Predigt zur Zeit zur schreiben, zieht mich das Leben der Marktkaufleute mehr an. Die Zeit ist wie wohl immer, doch nur in düsteren Moll-Tönen zu beschreiben. Das sonnige Leben im Müßiggang zu genießen, macht hingegen gute Laune.
 
 
In Erfurt lässt sich 23 Jahre nach dem Mauerfall besichtigen, was der Länderfinanzausgleich an Aufbau leistet. Die touristisch reizvollen Plätze der Innenstadt werden großräumig erneuert.
 
 
Straßenbahngleise, Brücken, Plätze, Gebäude, Fassaden - es gibt fast nichts, was grundlegend saniert und erneuert wird.
 
 
Auch vor dem Gebäude mit der Aufschrift "Presseklub" wird gebaggert und gebaut.
 
 
Ob in der Nähe des nächsten Campingplatzes ein Getränkemarkt ist, weiß man nie. Also macht es Sinn, sich in Erfurt mit neuen Vorräten zu versorgen. An diesem reizvoll renovierten Plattenbau darf der Getränkemarkt nicht fehlen.
 
 
Der neue Platz liegt in Jena: Jenacamping bietet alles, was mir wichtig ist: Strom, WiFi, brauchbare Sanitäranlagen, Stadtnähe, 100 Meter zum Saaleradweg, ein gutes Lebensmittelgeschäft und viel Ruhe.
 
 
Beim ersten Blick über die Saale fällt der Hochhaus-Turm in der Stadtmitte auf.
 
 
Für drei Euro befördert mich einer der sechs Fahrstühle auf die 27. Etage des Hochhausturms. Die Aussicht über das Saale-Tal ist überwältigend.
 
 
Die Kamera vergrößert das Planetarium, welches aus dem 28. Stockwerk des Intershop-Turms zwischen den Bäumen verschwindet.
 
 
Der Parkplatz vor dem Intershop-Turm ist gut gefüllt.
 
 
Der Radwanderweg an der Saale führt am Rande eines Maisfeldes durch diesen Pfad. Die erste Station ist Kunitz, wo die Menschen am Samstag ihr "Eierkuchenfest" feiern.
 
 
Blick von der Kunitzer-Holzbrücke auf  die Saale.
 
 
In Porstendorf, etwa 10 Kilometer flußabwärts von Jena liegt der nächste Campingplatz zwischen der Saale und diesem Weiher. Das großräumig eingezäunte Gelände ist nur mit drei Euro Eintritt zugänglich. Doch dann gibt es auch einen FKK-Strand, um sich in der Brühe zu erfrischen.
 
 
Der Teil von Jena, der mich am meisten beeindruckt, hat viel von der Stille, Beschaulichkeit und Ruhe einer Gartenlauben-Kolonie. Wer weniger in die Außenwelt fährt, richtet es sich in der Innenwelt gemütlich ein. Auch mich zieht es wenig weiter aus diesem ruhigen Jena, wo sich alle meine Bedürfnisse so leicht befriedigen lassen.
 
 
Jeden vierten Freitag im Monat bauen zwei Vermarkter von Forellen einen Räucherofen vor dem Edeka-Laden auf, zünden ihre Holzscheite an. Wenige Stunden später schmeckt mir die frisch geräucherte Forelle zum Bier. Ein Bild weiter oben dokumentiert dies opulente Mahl.
 
 
Mittelalterlichen und neuzeitliche Turm-Technologie
  
 
Die phallische Pose von Macht: Während der arme Mann daheim gleichsam mit dem Schwanz in der Hand kaum weiß, wie er Weib, Kinder und sich erhalten soll, posiert der Machthaber, Nutznießer von Steuern und Abgaben mit dem Schwert in der Hand.
 
 
Ein Jahrhundert bevor der Führer sein Volk auf den Deutschen Gruß ausrichtete, stellten sich Künstler Goethes Erlkönig mit eben der Macht ergreifenden Mördergeste vor.
 
 
Das Glück ist mir gewogen: Am heutigen Samstag, wo die Schulkinder in Thüringen ihren Ersten Schultag feiern dürfen, gewährt mir die Gunst der Stunde das 18. Kunitzer Eierkuchenfest.
 
 
Die Blaskapelle spielt besinnliche Stücke in Moll, sehr unterschiedlich von links-zwo-drei-vier Rhythmus bayrischer Blasmusik.
 
 
So eine Werbung geht wohl gerade noch auf dem Kunitzer Eierkuchenfest. In weniger gefestigten Dorfgemeinschaften würde eine Gleichstellungsbeauftragte den chauvinistischen Ton rügen.
 
 
Doch unter der Devise "Fair Play" bleiben Buben wie Mädchen einander friedlich und wohlgesonnen.
 
 
Hier überblickt der Betrachter nun die Festwiese mitsamt Festzelt und Festpublikum des 18. Kunitzer Eierkuchenfestes - im Hintergrund umrahmt von den Höhen der Saale-Höhen. Viele Besucher bringen gleich bedeutsamer Beute ihre Eierkuchen in Stanniol-Papier heim, die dort seit Jahrhunderten und natürlich in Geheimrezepten gebacken werden.
 
 
Dieser blonde Wicht kämpft allerdings nicht mit einem Eierkuchen. Er leckt sich das Fett von den Fingern und hält in seiner kleinen Hand das Brot. Die Eingeborenen verkaufen diese Speise als "Fettbemme", verziert mit drei Gurkenscheiben für einen Euro.
 
 
Als weit verbreitete Spezialität bereichert auch diese Wurstbraterei das 18. Kunitzer Eierkuchenfest. Im Einklang mit dem Landesnamen warten die Kunden geduldig auf ihre "Thüringer Rostbratwurst". Während zum Eierkuchen wohl eher Kaffee passt, wird die Bratwurst mit Bier begossen.
 
 
Das war nun wirklich genug Aufregung und Erinnerung vom Kunitzer Eierkuchenfest im Lande der unvergessenen Geistes-Größen wie der Herren Goethe, Schiller, Nietzsche und Luther.