10 Dezember 2011

Marktmond zur Weihnachtzeit

Erstmal seit Beginn meiner Erinnerung erscheint mir diese Vorweihnachtszeit als Fest. Meiner Schreibtischfron der letzten 20 Jahre, acht Monate und 12 Tage entledigt gibt mir meine geliebte Frau Aufgaben vor, welche zu erledigen mich nicht mehr belastet, als es mir unangenehm wäre.


Bamberger Rathaus mit Brücken über die Regnitz

 Nach wenigen Stunden Nachtruhe eröffnet meine kleine Frau ihre Markthütte zum dritten Advent. Schon ist mit 16 Markttagen die Halbzeit überschritten, weiteren 14 Markttagen wünschen wir einen glücklichen Verlauf. Das Wetter hat erst einmal die Autoscheiben mit Eis überzogen. Der November hat sowenig Regen gebracht wie noch niemals ein November zuvor. Wieder einer dieser seltsamen Rekorde, welche uns schaudernd daran erinnern, dass etwas nicht stimmt mit uns in unserer Zeit.

Bamberger Rathaus als Lichthäuschen


Bamberg, diese zauberhafte Stadt mit mittelalterlichem Flair, besuchen Hunderte, wenn nicht Tausende Touristen in der Vorweihnachtszeit. Nahezu ununterbrochen ziehen die Fremdenführer in barocken Gewändern Scharen von Touristen hinter sich her. Mit beredten Ausführungen steht die Geschichte der Stadt auf, welche wie in so vielen klerikalen Machtzentren auf Blut gebaut steht. Magnetische Macht-Markt-Zentren ziehen aus allen Erdteilen Menschen an. Es wuseln kleine Chinesen, Japaner, Asiaten an unserer Weihnachtsmarkthütte vorüber. Schwere Soldaten, manchmal auch Schwarze, die in Bamberg für die US-Armee auf ihren Einsatz im Irak oder sonstwo trainieren, kommen manchmal mit Frauen und Kindern. Gelegentlich kaufen sie sogar eines der wertvolleren Stücke aus dem Angebot, welches von Kerzen zu 25 Cent bis zum Bamberger Alten Rathaus aus Ton gebrannt reicht. Manches Stück in liebevoller Handwerkskunst bis zu 119 Euro tritt sorgsam verpackt die Reise nach Übersee an. So freut sich eine besorgte Soldatenmutter wie aus Ohio über den erfolgreichen Sohn in der Fremde, in Good Old Germany. Franzosen, Spanier, Italiener - eine bunte Mischung aus Menschen schiebt sich an der Hütte vorbei. Kinder staunen mit offenen Augen über Blechspielzeug, den hüpfenden Frosch, die rennende Ente, die pickende Henne, die bunten Kreisel, Autos, Lokomotiven, Boote, sogar ein Luftschiff sowie eine Rakete alles aus Blech - meist made in China.

Weihnachtsmarkt am dritten Advent

In bedrückenden Stunden erscheint es mir, als würe ein Nichts ins Leere verschoben. Doch die fröhlichen Menschen, welche mit ihrer Beute vom Marktstand ziehen, erinnern schnell daran, dass sich diese Nichtigkeiten mit ihren Lieben verbinden, Freude bringen, Lachen und Staunen. Die Energiebilanz der Kerzen aus Bienenwachs, der Knetkerzen, die wie Blüten in verschieden Farben und Formen locken, die Energiebilanz dieser Geschöpfe aus liebenden Händen ist vergleichsweise wenig schädlich. Die Wertschöpfungskette ist lang und geduldig, der Gewinn bescheiden. Die Ware tauscht sich zu Geld in freudigem Einvernehmen. Zumeist zieht der Kunde eben so beglückt von dannen, wie das Geld in den Plastikfächern der Kasse klimpert. Kommt einmal ein großer Schein wie von 50 Euro herein, so prüft ein spezieller Filzstift, ob das Papier auch echt ist.

Mimas Blütenkerzen
Niemand kommt klauen. Betrug gibt es nicht in dem Geschäft meiner kleiner Marktfrau, die ihre Stammkunden seit mehr als zwei Jahrzehnten bedient. Seit 15 Jahren hat sie mich mitgenommen auf ihre kleine Weihnachtsmarktreise. Nun, selbst schon aus meinem Job, hat sie mich als Gehilfen engagiert. Die Jahre zuvor verschaffte ihr eine Studentin während der Mittagszeit ein wenig Muße zu sitzen, zu essen, zu ruhen. Mit mir als Hilfskraft ist sie auch zufrieden. Mich macht die kleine Welt des Weihnachtsmarktes glücklich. Die Gedanken richten sich auf das Nächste, den Kunden. Geschickt übende Finger führen kleine Spielzeuge vor, Witzchen sollen zum Kauf animieren. Niemand ist böse oder traurig, wenn er sich zu einem Kauf entschlossen hat. Kommt ein Großmütterchen mit einer Beschwerde zurück, so tauschen wir lachend die Ware. Es bleibt keine böse Stimmung zurück. Junge Damen kommen mit Freunden. Sie schwärmen nahezu, dass sie an dieser Hütte vor Jahren schon einen Kreisel geschenkt bekamen, der drehend bunt schillerte. Lange graben meine Gedanken nach dem Namen für das Spielgerät: "Mindspinner". Aus der Ferienwohnung rollt mich das alte Fahrrad in knapp zehn Minuten über die untere Rathausbrücke, die Regnitz, zum Marktplatz. Meine Frau freut sich über meine Ablösung. Ihre Pause ist niemals zu lange, dass es mir allzu schwer wird. In regnerisch grauen Zeiten reicht ihre Pause gerade so lange, dass mir Zeit bleibt, den Mantelteil der Süddeutschen Zeitung zu studieren. Der Wirtschaftsteil, die Nachrichten zur wirtschaftlichen Lage verwirren wie ein globaler Krimi meine Gedanken. Mehr oder weniger verkaufte Kerzen zur Weihnachtszeit verbessern das Klima in häuslichem Frieden. Das Klima global, international ist mein Thema nicht.
Friede den Hütten, Kampf den Palästen.


Villa Concordia an der Pegnitz

Doch kommen aus Palästen Menschen zu unseren Hütten, so bedient sie eine kompetente Mannschaft, hilfreich, edel und gut. Mit etwas pathetischem Wortgeklingel lässt steht man einfach besser in Stunden dunkler Näasse und Kälte,

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