20 Februar 2014

Straße zur Sahara

Es ist schwer vorstellbar, dass Menschen die Roush-Hour in afrikanisch-orientalisch-islamischen Großstädten mögen. Mir jedenfalls ist diese hupend drängelnde Enge zuwider. Es keinesfalls ausgeschlossen, dass Dich ein Falschfahrer rempelt. Ob ein bestochener Polizist Dir Recht gibt oder zu seinem Landsmann hält, ist die Frage.

Ein Berliner im Vito erzählt mir glaubhaft, dass ein Kamikaze-Fahrer im Kreisverkehr von der inneren Spur ohne zu achten vor ihm ausfährt. Der Fahrer schneidet ihm den Weg ab. Die Stoßstange vom Vito klemmt sich in die Beifahrertür des Golfs ein. Der Polizist kommt. Der verlangt vom Berliner 700 Dirham Strafe wegen Falschfahrens. Entweder er zahlt oder er lässt sein Fahrzeug in der Wildnis stehen und kommt mit zur Wache, befiehlt der Beamte. Weil der Berliner sein Auto nicht unbeaufsichtigt dort lassen will, besticht er den Polizisten mit 200 Dirham. Der zieht damit ab und meint, die beiden Fahrer sollen sich selbst einigen. Der Unfallgegner handelt dem Berliner nochmal 1800 Dirham ab, um seine Tür wieder zu richten. Dabei war nicht einmal festzustellen, ob der Türschaden nicht schon älter war. Trotz meiner übervorsichtigen Fahrweise macht mir der Stadtverkehr keinen Spaß.

Hier auf dem Pass Tizi-n-Tichka hat man den Marrakech-Verkehr schon weit hinter sich gelassen. Hier rollt man ruhig  gen Süden, lässt eilige Busse vorbeiziehen und genießt die Wunder der Landschaft.

Zurück zum Airport Marrakech. Nachdem meine Frau im Morgengrauen im orientalisch architektonisch gelungenen Flughhafengebäude in Richtung München abgeflogen war, führt mich mein Weg bei der ersten Dämmerung raus aus dem brodelnden Verkehrsgewühl von Marrakech. Die Passstraße über den Hohen Atlas lichtet sich fast gänzlich von Verkehr nach 60, 70 Kilometern hinter Marrakech. In neblig grauer Wolkenmasse schraubt sich mein brummender Diesel in die Höhe.


Wer genauer in die braune Berglandschaft, erkennt Häuser und den Turm der Moschee.



Dass in etwa 2000 Meter Höhe bei meiner Pause ein Mann mit zerrissenen Schuhen mir gefärbte Steinkristalle anbietet, ist schon erstaunlich. Die Temperatur liegt bei sechs, sieben Grad.

Geschafft! Ab jetzt geht es in den - hoffentlich - wärmeren Süden.
 Ab etwa 1300 Meter Höhe reißt die Wolkendecke auf. In 2000 Metern Höhe in vermeintlicher Einsamkeit stärkt mich ein heißes Getränk mit einem kleinen Imbiss im geheizten Wagen. Wie aus dem Nichts taucht eine abgerissene, zahnlose Gestalt neben meiner Aufbautür auf, zieht seinen Schuh mit zerrissenen Sohle aus und demonstriert, dass er im Gebirge so unzureichend ausgerüstet sei. Die Außentemperatur liegt bei fünf, sechs Grad. Die Höhe ist von Schneeresten durchzogen. Alte Schuhe kann der Mann bei mir nicht bekommen. Mit einem Dirham lässt sich der Bittsteller schlecht abspeisen. Denn er holt rot gefärbte Kristallsteine aus den Tiefen seines Kaftans, die er mir in drohender Bittgebärde vor das Fenster hält. Schöne Pausen sind anders.

Die erste Kasbah auf dem Weg nach Ouarzazate. Diese Lehmburg hat ihre besten Zeiten hinter sich und verfällt langsam.
 Die am Wege liegenden Welterbe-Schätze der aus Filmen bekannten Kasbah Ait-Benhaddou locken mich wenig. Es zieht mich zu den französischen Rentner-Scharen, die in Massen von Plastik-Bombern ins Land einfallen, jeden freien Quadratzentimeter der gedrängten Camps vorstellen, um sich preiswert über den Winter zu retten. In Ouarzazate, etwa 200 Kilometer von Marrakech, findet sich ein hoch ummauertes Areal, wo Winterflüchtlinge ein westliches Asyl in der afrikanisch-orientalischen Steppenstadt Ouarzazate erhalten. Dickbäuchige Grauköpfe schieben am Nachmittag ruhig ihre schweren Boule-Kugeln über den roten, feinen Sandstaub. Hündchen verschiedener Größe gehen mit Frauchen oder Herrchen zwischen den Plastikburgen Gassi. Sehnsüchtig warten alle, dass endlich wieder die Sonne die acht Grad kalte Nacht vertreibt und Wagen und Knochen aufheizen. Vor dem mit Lehmmauern umkränzten Areal schluffen die ersten Einheimischen in langen Kapuzengewändern zu ihren Tagesgeschäften.

Hinter diesen Lehmmauern bergen sich die Winterflüchtlinge in ihren luxuriösen, geheizten Wohnmobilen.
 Trotz strahlender Morgensonne pfeift ein beißender, kalter Wind von den nahen Bergen über die Stadt. Staub liegt in der Luft. Der Sandstaub knirscht auf den Zähnen. Gegen Mittag sind es dann 30 Grad im Wagen. Minimale Luftschlitze an Fenstern und Dachluken lassen die Hitze etwas abziehen und den Sandstaub in den Innenraum kriechen. Ouarzazate kann mit einer eindrucksvollen Kasbah aufwarten. Die gut erhaltene Lehmburg steht mitten in der Stadt. Zur verfallenen Sand-Burg führt ein Feldweg, der mit Glasscherben übersät ist. Doch auch den Weg hat mein Fahrrad unbeschadet geschafft. Beate und Rainer sind am Abend auf dies Camp in Ouarzazate eingefahren. Die starke WiFi-Verbindung zur Rezeption lässt mich in guter Qualität mit Mima plaudern. In München zeigen sich die Frühlingsblumen. Der Winter dort ist vorbei.

Ob diese alten Fernseher noch repariert werden, ließ sich nicht feststellen.

Hier werden Sofas und Betten maßgeschneidert aus Schaumstoffblocks konfektioniert.

Im Hintergrund nimmt der Mechaniker den Motor eines Mopeds auseinander. Diese Mopeds sind mit etwa 700 Euro eine teure Anschaffung.

Der Lebensmittelhändler in der Nähe des Campingplatzes bietet für etwa 1,5 Euro diese alkoholfreien Bierlimonaden an. Nach dem Genuß von einem Pfirsich-Bier ist mr der Appetit auf weitere dieser Import-Waren vergangen.


Für 1,30 Euro kauft sich der Einheimische ein Kilogramm Zucker. Damit ist ein Kilo Zucker preiswerter als eine Dose von dem importierten Bier.
Ein kleiner IVECO-Allrad-Wagen mit diesem Wohnaufbau kommt durch dick und dünn und parkt auf kleinstem Raum - allerdings für eine sechsstellige Euro-Summe.

Die Kasbah in Ouarzazate ist eine Touristen-Attraktion.

Hier hatte früher der Chef sein Empfangsbüro. Die teuren Kacheln wurden aus Spanien importiert. In Marokko fehlt Holz, um großflächige Kacheln zu brennen. Daher brennen die Marokkaner meist nur Steine in Mosaik-Format.

Wer hier über den Dächern von Ouarzazate in der Kasbah residierte, war ein Mann von Macht und Einfluss.
 Ein 911er Mercedes aus Landsberg Lech hat sich auf dem Camp Ouarzazate eingefunden. Er war schon dreißigmal in Marokko. Er bedauert, dass manche Piste mittlerweile als Straße ausgebaut wurde. Die Nacht zuvor hatte er am nahen Stausee gestanden. Doch Wind, Staub und Sand dort waren so stark, dass er sich hinter die Mauern des Camps flüchtete. Er bekommt wegen seines Aufbaus kein Historisches Kennzeichen. Der 911er-Mercedes aus Berlin hatte das H-Kennzeichen erhalten, obgleich dessen Aufbau auch nicht mehr original ist. Doch in Bayern wäre ein H-Kennzeichen schon deshalb abgelehnt, weil das Auto mit einem Transistor- statt des historischen Röhrenradios aufgerüstet war. In Bayern ticken die Uhren eben anders.

 Ohne Historisches Kennzeichen zahlt der Fahrer eine Unsumme an KFZ-Steuern für den 30 Jahre alten Mercedes 911er. In Bayern bekommt er bei dem Kofferaufbau keine H-Nummer.

Mein Fahrradausflug durch die windumtoste Steppe führt micht zu dieser verfallenen "Kasbah de Sable"

Von den schneebedeckten Bergen des Atlas pfeift ein eiskalter Ostwind durch Ouarzazate, wirbelt Sand und Staub über die Autos, auf die erbarmungslos die Sonne knallt. Selbst durch die nur spaltbreit geöffnenten Fenster und Dachluken wirbelt der rote Staub ins Auto.

Hier reisen junge Leute mit ihren aufgemotzten alten R4s in Richtung Sahara.




Rainer und Beate in ihrem MAN 6x6 finden sich auch im Camp Ouarzazate ein. Wir verbringen einen vergnüglichen Abend bei ein, zwei Gläschen Rotwein. Rainer hat sich schon gut den Gegebenheiten des Landes angepasst.

Der Weg von Ouarzazte nach Agdz führt durch steinige Steppe. Für 70 Kilometer plant man auf dieser Strecke besser zwei Stunden Fahrzeit ein. Die Landschaft strahlt in überirdisch schönen Farben. 



Im Kriechgang findet sich ein gut ausgeschilderter Weg in Agdz zur Kasbah Palmerie. Diese Oase der Ruhe ist in im Kohlbach-Reiseführer in wärmsten Worten empfohlen.

Dieser Platz der Palmerie in Agdz freut den Reisenden. Hier hört man fast nur noch das Pfeifen der Vögel. Selten bellen Hunde in der Idylle. Noch seltener jammert ein kreischender Esel. Die Nacht zeigt viel Sterne. Der kalt-blaue Himmel kühlt die Oase auf vier Grad herunter. Doch die 500 Watt vom Heizlüfter reichen, um das Fahrzeug angenehm zu temperieren. Die Frontscheiben bleiben gegen die Kälte der Nacht und die Hitze des Tages mit Isoliermatten und Vorhängen verschlossen. Bei den Anforderungen der Natur muss man mit seiner Energie sparsam umgehen.

Prüfend schaut der halbwegs rüstige Rentner in der roten Daunenjacke in den Pool der Palmerie von Agdz. Doch bei Nachttemperaturen von vier Grad und kälter lockt das Wasser wenig, selbst wenn die Mittagssonne erbarmungslos brennt.


Die kundige Französin, welche den Besitzer der Kasbah geheiratet hat, spricht gut Deutsch. In einer ausgezeichneten Führung,die zwei Stunden dauert, zeigt sie uns die Schätze der Palmen-Oase und der bewohnten Kasbah. Sie erklärt uns, dass es männliche und weibliche Palmen gibt, die erst nach etwa 10 bis 15 Jahren voneinander zu unterscheiden sind. Um die weiblichen Palmen zu befruchten, wird ein Samenzweig von der männlichen Palme in den Fruchtstand der weiblichen Palme gesteckt. Dazu klettern die Männer in die Spitze der Palme. So lassen sich 90 bis 95 Prozent der weiblichen Palmen befruchten, um mehr Datteln zu gewinnen. Bei ausschließlicher Windbestäubung sind nur 20 bis 30 Prozent der weiblichen Palmen befruchtet. Die Palmen ziehen im Sommer bis zu 400 Litern Grundwasser. Sie wurzeln so tief, wie sie hoch wachsen. Fehlt, wie in den vergangenen Jahren das Wasser, verdorren die Bäume. Die Bäume werfen den notwendigen Schatten, um das Ackerland zu nutzen. Dort wachsen Äpfel, Granatäpfel, Trauben, Klee als Viehfutter, Hülsenfrüchte, Orangen. In guten Jahren, wenn das Wasser reicht, ernten die Menschen zweimal im Jahr. Die abgestorbenen Palmenblätter verwenden die Menschen als Brennmaterial.

Als die Karawanen noch von Timbuktu nach Marrakech und zurück durch die Straße in der Kasbah führte, wohnte die reiche Sippe dort mit 200 Menschen. Nach Enteignungen ihrer Ländereien reduzierte sich die Zahl der Einwohner auf bislang etwa 20 Menschen. Seit 25 Jahren betreibt die Sippe nun das Camp Palmerie, welches wieder die Tradition der Gastwirtschaft der vergangenen Karawanen-Jahrhunderte aufleben lässt.


Die 50 Zentimeter dicken Lehmwände temperieren die Kasbah gegen die ungeheueren Temperaturschwankungen auf das Angenehmste. Im Sommer muss man hier mit einer Hitze von 40 bis 45 Grad im Schatten rechnen. Im Winter fällt das Thermometer oft auf vier, fünf Grad unter Null. Die Gänge sind verwinkelt und versetzt. So lassen sich Frauen von Männern, Gäste von der Kasbah-Sippe trennen. Auch der Luftstrom in den Gängen klimatisiert die Räume.

Dies war ein Schlafsaal für Männer. Die Wände sind auch hier - wie überall in der Kasbah - 50 Zentimeter dick. Die Hitze in den hohen Räume steigt nach oben auf. Daher leben die Menschen in den Räumen auf Teppichen am Boden.


Diese Fenstergitter haben zwei Funktionen. Zum einen schützen sie die Augen vor dem grellen Licht der Sonne. Zum andern erlauben sie den Frauen, die Männern im Innenhof  zu betrachten. Männer bedienen Männer, Frauen die Frauen. Die Gitter sind engmaschig genug, dass niemand der Männer im Innenhof die Frauen in ihren Gemächern erblicken kann.

In diesem Innenhof der Kasbah arbeiteten die Frauen. Nutztiere wie Ziegen und Schafe wurden im ersten Stockwerk gehalten. Weil sie dort wenig Bewegung und viel Schatten hatten, brauchten sie weniger Futter und Wasser und setzten schneller Fett an. Das Viehfutter, wie den Klee unter den Palmen, wurde zu den Tieren gebracht. Das hatte den weiteren Vorteil, dass die Tiere die Wurzeln der Pflanzen nicht zerstören konnten. Wenn eine Karawane einlief, wurde ein Tier geschlachtet. Am ersten Tag erholten sich die Reisenden. Am zweiten Tag machten sie ihre Geschäfte. Am dritten Tag reisten sie weiter.


Diese Tür hat im unteren Teil eine weitere Tür. So konnten Menschen im Schlafsaal den Raum durch die kleine Tür verlassen, ohne größeren Lärm und ohne viel Wind zu machen. Dass man durch diese kleineren Türen nur in gebeugter Halten ein- und ausgehen kann, sollte den Respekt vor den Gastgebern fördern.


Der Blick zur Decke zeigt die Lichtschächte. Durch diese fiel früher das Sonnenlicht bis in die unteren Räume. Heute sind die Schächte mit durchsichtigen Dachluken geschlossen. Denn überall beleuchtet elektrisches Licht die Räume, winkligen Gänge und engen, steilen Treppen.


Diese Trockentoilette gab durch das mit dem Holzdeckel verschlossene Loch Raum zur Entsorgung menschlicher Exkremente. Da die Luftfeuchtigkeit bei etwa fünf Prozent liegt, halten sich Geruchsbelästigungen in Grenzen. Auch als Reisender in dieser Gegend trägt man unbesorgt sein Hemd drei bis vier Wochen, ohne nach Schweiß zu riechen. Doch aus guter Gewohnheit wäscht man es dann doch schon nach ein, zwei Wochen, hängt es kurz in den Sonnenwind, und hat wieder frische Wäsche.


Blick aus dem Frauengemach auf den Innenhof, wo die Männer ihren Geschäften und Vergnügungen nachgingen und ihre Mahlzeiten einnahmen. Ob die Steine dazu dienten, mißliebige Persone mit gezielten Würfen abzustrafen, wurde nicht thematisiert. Die Frauen erhielten Räume passend zur Anzahl ihrer Kinder.


In diesem Prachtgemach im obersten Stockwerk thronte der Kasbah-König. Auch hier wurden wieder die kostbaren Kacheln aus Spanien importiert. Beim Gang durch die verwinkelten Gänge der Kasbah im steten Wechsel von Hell zu Dunkel verlor der Besucher schnell die Orientierung. Zum andern zollte er dann in staunender Ehrfurcht dem Kasbah-König in seinem Prachtgemach mehr Respekt.


Der Blick von den Zinnen der Kasbah reicht bis zu 20 Kilometer über das Land. Feindliche Invasoren waren so frühzeitig auszumachen, um die Vorräte der Kasbah vor ihnen zu verteidigen.


Wie nun genau die Sippen-Verhältnisse in der Kasbah verteilt waren, hat sich mir trotz der Erklärungen nicht genau erschlossen. Auf jeden Fall wurden mit enormen Anstrengungen und mit Hilfe der Universität Weimar und dortigen Studenten große Teile der Kasbah vor dem Verfall gerettet. Die deutschen Studenten erlernen hier in praktikischer Anschauung die Kunst des traditionellen Lehmburgenbaus.


Beim Zauber des sinkenden Sonnenlichtes lässt sich die ungeheure Macht ermessen, die der König der Kasbah in seiner Region des reichen Handels und der fruchtbaren Oasen-Landwirtschaft gehabt haben muss. Heute ziehen die Karawanen der Touristen auf das wunderreiche Gelände und ruhen von den Strapazen ihrer Reise und der ungeheuren Eindrucksflut aus.



Auch wenn der Berg zum Greifen nahe liegt, die Idee das Steinmassiv zu besteigen, kommt kaum einem.


Soviel von den Geschichten der französischen Ehefrau des jetzigen Kasbah-Königs. Nach zweistündiger Führung stellten wir beim Tee noch weitere Fragen zu Land und Leuten in dieser zauberhaften Oase der Ruhe und des Reichtums.

 Man braucht einige Wochen, wenn nicht Monate, um sich vom ungewohnten Zauber des orientalisch-nordafrikanisch-islamischen Lebens einfangen zu lassen. Doch wenn man dort sich einmal heimisch zu fühlen gelernt hat, dann bricht man kaum mehr aus dem Bann dieses Zaubers aus. All Widrigkeiten wie unzureichende Sanitäranlagen, ausfallender Strom, salziges Wasser, Straßen mit üblen Löchern und schlüpfrigen Flüssigkeiten wie Öl, eine Flut von Plastikmüll, dicht drängende Fahrzeuge, verschleierte Frauen und grimmig blickende Bärtige - all das hakt man ab als nebensächliche Kleinigkeit. Doch zuvor muss der Wanderer durch enge Pforten in gebückter Demut in die Eigenarten von Land und Leuten sich einfinden. Nur an eines kann sich mein Befindlichkeit schwerlich gewöhnen: Stürmende Sandfontänen durch die eine erbarmungslose Sonne strahlt, das Fahrzeug aufheizt, wobei kaum eine Chance bleibt, irgendwelche Luken zu öffnen, ohne dass Sanddünen durch das Fahrzeug rieseln.

Doch der heutige Sonnentag ist windstill und frühlingshaft. Mit Genuß lässt sich Agdz erforschen, das geschäftige Treiben der Menschen beobachten. Ob für den morgigen Feiertag, den Freitag, Menschen beim Metzger Vorräte kaufen, oder ob dort der Preis günstig ist, lässt sich schwerlich feststellen.

Mein Nerv-Hasi daheim fragt per Skype, ob mir denn ihr gut gekochtes Essen fehle. Allerdings kocht das Restaurant am zentralen Stadtplatz auch eine vorzügliche vegetarische Tajine. Doch meine Mima kocht, das muss man ihr lassen, immer noch am besten.


Der Antiquitäten-Händler Hassan lädt mich nach meinem Mahl zum Tee ein. Es reizt mich schon, ihm eine Obstschale aus leichtem Palmholz abzukaufen, welche mit kunstvollem Silberschmuck verziert ist und vermutlich mehr Jahre zählt als meine 66 Jahre.

Doch es reicht mir, mich beim jungen Obsthändler mit einem Pfund Bananen und einem Pfund Äpfel zu versorgen, bevor es mich nach Stadtbummel, Tajine, grünem Tee und Lektionen des Antiquitäten-Händlers in mein schattiges Domizil zum Mittagschlaf zieht. Nach meinem gestrigen gnadenlos Kampf gegen gefühlt 20 bis 30 Fliegen im Auto halten heute die Fliegengitter diese Plagegeister draußen.

Auf meinem Weg in die luxuriöse Oase Kasbah Palmerie fällt mir noch dies alte Kasbah-Gemäuer am Weg auf. Trotz reicher Verzierungen scheint dies architekonische Meisterstück dem Verfall preisgegeben, wenn denn kein Wunder geschieht. Doch Wunder sind teuer.

Ein erholsamer Spaziergang durch die Oase bringt meinen Körper immer weiter in Richtung Gesundheit. Einige Hunde kreuzen meinen Weg. Ein Mopedfahrer zieht mit einer Staubfahne an mir vorbei. Sonst herrscht Ruhe.

Es ist unschwer vorzustellen, wie vor Jahrzehnten noch die Karawanen aus Timbuktu über Erg Chebbi hier mit schwer beladen durchliefen. Das Lehmhaus am Wegrand verfällt. Einige Palmen zeigen wegen dem drückenden Wassermangel schon absterbende Palmwedel. Doch das Grün unter den schattigen gesunden Palmen überwiegt.

Bis Erg Chebbi sind es von Agdz noch 300 Kilometer. Von dort brauchten die Kamele-Karawanen 50 Tage, um nach Timbuktu zu gelangen. Heute führen Straßen an der Küste entlang


Doch der Weg ist mit beinahe 5000 Kilometern noch länger als der, welcher mich mittlerweile seit dem 8. Januar beschäftigt hat. Der Weg nach Mhamid hingegen, wo sich Rainer und Beate mit einigen anderen Allrad-Fahrzeugen am 10. März treffen, ist von Agdz nur noch 190 Kilometer entfernt. Doch vermutlich zieht es mich eher zuvor ....


als noch weiter auf den Straßen zur Sahara. Obgleich mir nach einem Monat in Marokko Land und Leute doch wieder vertraut geworden sind, scheint es mir doch am schönsten daheim zu sein.

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