Russland im Regen kann den Friedenfahrer ihre gute Laune nicht nehmen. Jeder macht sein Ding nach dem Motto: "Wie es Euch gefällt." Meine Wohlfühl-Oase im Auto gibt mir Platz, Wärme und Kraft, im Blog zu berichten.
Pskov - Unser Nachtplatz nahe dem Pskov-Kremlin und den größten Kirchen:
N 57 ° 49'13.2''
O 028°20'18.4''
Wiki schreibt zu Pskov:
Trubel, Jubel, Heiterkeit - so sehen die Nachrichten, Bilder und Menschen auf den Fotos der Friedensfahrt aus. Am Dienstag, den 9. August, hat es mir bislang in Gwardeisk am besten gefallen.
Wie schon im Blog zuvor berichtet, zogen sich die Grenzformalitäten von Kaliningrad-Russland nach Litauen quälend lang hin. Doch spätere Erfahrungen sollten diese Wartezeiten beim Eintritt von Estland nach Russland noch toppen.
Dieser Starfotograf zog sich meinen geballten Zorn zu, da er in der Schlange auf der Brücke nicht aufschloß. Er hatte wohl wichtigeres zu bereden. In Folge drängten sich etwa 20 Fahrzeuge vor, was meine ohnehin gespannten Nerven weiter belasteten. Dass auch unserer Starfotograf von der Warterei zermürbt war, bewies sein langsam losrollender schwerer Daimler-Kombi. Das gab mir die Gelegenheit, ihn fürchterlich auszuschimpfen, um sein Fahrzeug davor zu bewahren, die Zollschranke zu zertrümmern. Dann hätten wir vermutlich den Übergang nach Litauen uns gleich ganz abschminken können.
Heiterer hingegen waren die Tänzer auf der Brücke. Besonders hübsch machte sich diese junge Dame, welche im Licht der Abendsonne ihre Seifenblasen tanzen ließ.
Wahr ist aber auch: Die Strapazen sind kein leichtes Spiel. Nach fünfstündiger Abfertigung bei der Grenzüberquerung von RusslanTrubel, Jubel, Heiterkeit - dies berichten viele Bilder und Menschen von der Friedensfahrt. Die Strapazen sind kein leichtes Spiel, doch gute Laune erleichtert das Reisen. Nach fünfstündgen Abfertigung bei der Grenzüberquerung von Russland nach Litauen waren wir endlich gegen zwei Uhr nachts am Berg der Kreuze - nicht weit hinter Siauliai.
Vor der Abfahrt gegen 8.00 Uhr früh gönnt sich der Fernfahrer noch eine kurze Morgentoilette auf dem Asphalt und im nahen Gehölz. Dann ging es 538 Kilometer von Litauen nach Lettland, weiter nach Riga, kurz etwa 20 Kilometer durch Estland zur russischen Grenze. Die Grenzen zwischen Litauen, Lettland und Estland sind offen und unbewacht. Die einzigen Eindrücke von Litauen, Lettland und Estland dokumentieren zwei Bilder. Mittlerweile hat meine Frau wohl recht, wenn sie in weiblicher Dramaturgie mir die Begleitung verweigerte mit den Worten: "Ich würde sterben auf der Fahrt!"
Uns hingegen hat die Reise durch Litauen, Lettland und Estland Spass gemacht. Besonders eindrucksvoll die Silhouette von Riga, was meine Frau und mich 2012 schon begeistert hat.
Diesmal beschränken sich unsere Erlebnisse auf der 538 Kilometer Tour durch Litauen, Lettland und Estland auf eine kurze Rast an dem vorzüglichen Kaufhaus im Hintergrund neben der Mülltonne. Dort gelang es uns, Euros gegen Bierflaschen zu tauschen. So war der Abend in Pskov gerettet.
Die Abfertigung von Estland nach Russland hielt uns nur etwa eine Stunde auf. Die russischen Grenzbeamten arbeiten unter hoher Anspannung sich durch einen Wust von Formularen. Die Zollerklärung mit lateinischen Buchstaben mussten wir in ein Formular mit kyrillischen Buchstaben übertragen. Ein weiteres Formular mit kyrillischen Buchstaben, DIN-A-4, mit weiteren Verhaltensmaßregeln wurde mir kurz erklärt, von mir unterschrieben und ohne Durchschlag abgegeben. Pass und Zulassungsschein I liefen durch den Kopierer, um diese Dokumente vermutlich im russischen Staatsarchiv abzuheften. Pro Fahrzeug haben wir überschlägig mit einer Zeit von etwa 20 bis 30 Minuten gerechnet. Wir setzten dann mit drei Autos den Weg fort nach Pskov: Harry im DHL-WoMo, mein VW-Bus mit Frank und als Neuzugang in unserer Gruppe Peter im VW-Lupo-TDI.
Eine Kritik lässt sich leider nicht verkneifen: Zweimal trampelten die Grenz-Kontrolleure, ein gestrenger Herr, der wohl der hinteren Mongolei entstammte, und eine fesche, wohlgerundete Russin mit grünem Uniformröckchen und schwarzer Strumpfhose, doch beide trampelten durch meine Wohnstube. Kleine Steinchen von der Grenze knirschten noch nach meinem dritten Aufwischen auf dem Gang, den wir sonst nur ohne Schuhe betreten. Kleinigkeiten, klar.
Von der russischen Grenze waren es noch etwa 50 Kilometer nach Pskov. Peter (63 Jahre) im Lupo-Diesel schloss sich Harry in seinem zum WoMo umgebauten DHL-Transporter an. Allerdings gab uns das Navi nur Koordinaten zum Zentrum von Pskov. Einen Campingplatz suchten wir dort vergebens. Dies erfuhr unser Chef-Kommunikator Frank von einer reizvollen, jungen Empfangsdame mit guten Englisch-Kenntnissen in einem Hotel. Dieses Hotel mit einer Pracht von Marmor und Messing kontrastiert auffällig mit den Plattenbauten der Vororte und noch auffälliger mit den windschiefen Katen am Weg. Als weitere Mitfahrer der Friedensfahrer trafen wir an der Grenze drei martialische Biker und das 7,5 Tonnen WoMo auf Iveco-Basis mit vier Personen in der Größe eines mittleren Fernreisebusses. Größe wird bei der Einfahrt in enge Zollstationen mit hervorstehenden Markisen zum Mangel, wenn das Gefährt anstößt.
Die Nacht in Pskov mit Blick auf orthodoxe Kirchen versprach recht romantisch zu werden und war sicherlich von frommen Verrichtungen der Gläubigen gesegnet. Good vibrations eben.
Die Nacht in Pskov mit Blick auf den Platz vor einer orthodoxen Kirche kann ja recht romantisch werden. Ansonsten gilt es nur, Geduld, Vorsicht und Umsicht zu bewahren, um im Verkehrsgewühl nicht anzustoßen, keine Geschwindigkeit zu übertreten - das Übliche eben wie allüberall.
In Pskov haben wir eine gute Nacht verbracht. In der Nähe von Kirchen und dem Pskov-Kremlin. Regen klatscht in der Nacht auf die Dachluken, bei Regen aufgewacht. Im WoMo vergleichbar angenehm, andere haben härtere Nächte im Auto hinter sich, beispielsweise im VW-Lupo.
Der 16 Jahre alte VW-Lupo hat Peter schon 250.000 Kilometer kreuz und quer durch Europa geschaukelt - jetzt durch Russland. Die Treibstoffkosten halten sich in Grenzen bei drei Liter Verbrauch auf 100 Kilometer. In Russland kostet Diesel etwa 50 Cent pro Liter, 34,5 Rubel genau. Harry steigt aus seinem DHL-Transporter, den er zu einem knuffigen WoMo umgebaut hat. Er lebt darin schon zehn Jahre, meistens in Portugal, zur Abwechselung nun in Pskov. Mein Fahrrad auf dem Träger kommt in Pskov erst auf die Straße, wenn der Regen aufhört.
Frank, mein Mitfahrer und Chef-Kommunikator, stürmt geschwinden Schrittes zur Bushaltestelle zur Friedensfahrer-Veranstaltung im Hotel der Stadt. Harry macht sich mit ihm auf den Weg voller Tatendrang. Wenn auch die Sonne fehlt, kann man im Hintergrund eine vergoldete Kirchenkuppel erkennen. Der Anblick wärmt bei einer Außentemperatur von etwa 12 Grad Celsius morgens um sieben. Es kann also nur wärmer und trockner werden. Beim ersten Spaziergang stehen tiefe Pfützen auf den Straßen. Man weicht den Wasserfontänen aus, die die Fahrzeuge auf die Gehsteige spritzen.
Die Erwachsenen erfreut das Pskov-Kremlin mit der monumentalen Lenin-Statue vor einem Gebäude, das entfernt der Akropolis gleicht. Die Kleinen ergötzen sich an dieser Betonumrahumg um die Tanne, welche Gartenzwergen zieren.
Mein erster Morgenspaziergang endet an dem großen Fluß Welikaja in Pskov. Zu den verschiedenen Grautöne von Asphalt, Wasser und Himmel bildet der Papierkorb einen bunten Farbklecks. Die Menschen in Pskov halten ihre Stadt sehr sauber. Die Stadtverwaltung beschäftigt anscheinend ausreichend Arbeitskräfte, um Mülltonnen und Papierkörbe zu leeren.
Nach einem kurzen Gruß an Herrn Lenin vor dem monumentalen Bauwerk zieht es mich wieder in meine rollende Schreib- und Studierstube. Das Beste für mich ist die Telephon-Karte, welche bislang mit hervorragender Geschwindigkeit micht mit dem Internet verbindet. Auch Telefonate mit der Frau daheim klappen bestens. Wie lange der Vorrat von 30 Euro auf der Karte reicht, ist mir allerdings unklar. Ein Thorsten berichtet bei Facebook in der öffentlichen Gruppe "Friedensfahrt Berlin":
Wir haben an der Grenze mehr Glück gehabt, weil wir früher da waren, zudem nur mit zwei Fahrzeugen. Der Kühlschrank ist gefüllt, die Wasserreserven reichen. Diesel gab es an der Grenze satt. Der Motor läuft im Stand, um die Bordbatterien bei Laune zu halten. Denn etwa 500 Watt-Stunden braucht der Haushalt in 24 Stunden. Ohne Sonne bringt das Solarmodul nichts.
Wir überholen Fahrzeuge, die trotz ihres Alters unverdrossen ihrer Wege ziehen.
Trotz des Dauerregen ist mir an der Abzweigung nach Utgorosh dies Gebäude einen kurzen Stop wert, um es wenigstens als Erinnerungsfoto mitzunehmen.
Die Presse interviewt einen Asphalt-Cowboy, der trotz der widrigen Witterung den weiten Weg nicht scheut. Die harten Burschen werden froh sein, dass die Schule für sie ein Massenlager einrichtet.
Blutige Partisanenkämpfe forderten im Krieg viele Opfer, deren das Denkmal wie ein privates Museum gedenkt.
Das verrottete Kriegsmaterial haben die Einwohner im Boden gefunden, gesammelt und ausgestellt.
Fotos erinnern an den blutigen Krieg, der rund um die Birkenwälder von Utgorosh tobte.
Dass bei dem Dauerregen nur einmal das Licht im Museum ausfiel, zeigt wie solide die Stromzufuhr verdrahtet ist.
Die windschiefen Holzhütten müssen noch einige Winter überstehen. Doch irgendwann ist ihre Zeit abgelaufen und sie krachen zusammen. Das Dach zeigt schon erste Einbuchtungen.
Neben den Holzhütten und -Häusern leisten sich einige Häuser aus Stein. Die Sat-Antenne verbindet die Menschen mit der weiten Welt.
Im Schulgebäude gibt es ein Essen für uns, einen Schlafplatz für die Biker und andere, welche nicht mehr nach Pskov zurück fahren. Schließlich haben wir schon ein Drittel des Wegs nach St. Petersburg geschafft. Vermutlich handelt es sich bei den Fotos auf der Tafel um Held*Innen der Klassenarbeiten.
Das Lager strahlt den ursprünglichen Charme einer Jugendfreizeit aus.
Die Schulbänke sind frisch gestrichen und dünsten einen betörenden Geruch aus.
Die Sanitäranlage werden uns Campern auch am Morgen gute Dienste leisten.
Die Ruine ist dem Verfall preisgegeben. Doch es gibt genug Platz ringsum, dass der Abriss wohl dem Zahn der Zeit überlassen bleiben wird.
Dies schmucke Häuschen ist gut gepflegt. Auf der anderen Seite glänzt eindrucksvoll ein Blumengarten. Da der Boden sehr morastig ist, gedeiht kaum Getreide, kaum Gemüse. Selten sieht man, dass ein Bauer sein Rind am Strick heim führt.
Hier holt sich die Dame einen Eimer Wasser aus dem Ziehbrunnen. Fließendes Wasser gibt es wohl nicht in den Holzhütten. Es scheint auch kein Trinkwasser unter dem Boden zu geben. Jedenfalls gibt es große Plastikkanister mit mehr als 20 Litern, aus denen sich Menschen ihre Trinkbecher füllen. Das ist etwas umständlich, doch es geht.
Der dünne Schrankenbalgen hält kein Fahrzeug auf. Doch die aufgeklappten Eisenbarriere sind nicht zu überwinden.
Die beiden schweren Dieselloks schnaufen mit unzähligen Güterwagen ab. Die Schornsteine blasen keinen Feinstaub in die Luft sondern Flocken.
Das olivgrüne Führerhaus und die rotbraune Ladefläche bilden einen hübschen Kontrast.
Dies war die merkwürdigste und mich anrührende Begegnung in Utorgosh. Wie mich mein Weg von Bild zu Bild durch das regennasse Dorf führte, zieht der Beamte plötzlich und unvermittelt sich die Uhr vom Handgelenk, sieht sich noch versonnen das Armband an und schenkt sie mir. Das überrascht mich vollkommen.
Aus dem Auto hole ich eine Uhr mit vielen elektronischen Funktionen wie Höhenmesser, die man auf diesem platten Land nicht braucht, einem dicken Handbuch in mehreren Sprachen - außer in Kyrillisch - und gebe ihm diese Uhr. Doch damit war unsere Begegnung noch nicht zu Ende. Denn mein Wagen kommt aus der nasse Wiese nicht ohne Hilfe heraus. Der Beamte kommt unverzüglich mit seinem Lada 4x4, das Rad muss vom Träger, der Träger vom Fahrzeug, das Abschleppseil aus dem Kasten und er zieht mir mein Haus auf festen Boden zurück. Er erlaubt mir ein Erinnerungsfoto und wir schütteln uns die Hand. Ein willkürlich anrührendes Erlebnis, was mir im ganzen Leben bislang und noch nirgendwo auf der Welt wiederfahren ist.
Nachdem mein Auto wieder festen Boden unter den Rädern hat, stärkt mich das schmackhafte Abendmahl.
Als krönender Tagesabschluß zeigt sich endlich einmal wieder ein wenig Sonnenschein. Der Mond steht halb prall am Himmel. Und auf der abendlichen Veranstaltung im Kulturhaus singen und tanzen die jungen Schönen aus Utorgosh. In die Betrachtung solch blühender Geschöpfe mischt sich ein Tropfen Schwermut: Mein Alter.
Doch beim Gedenken an langjährige Kämpfe mit solch zauberhaften Wesen, beruhigt sich mein Sinn und denkt voller Liebe und Sehnsucht an mein holdes Weiblein daheim.
In diesem Gebäude kann sich der durstige Wanderer mit den notwendigen Elexiren versorgen, um auch ohne Kino und Großstadtleben sich in den Schlaf zu träumen.
Leider verbirgt dieser Zweiradschlepper seinen leistungsfähiges Antriebsaggregat unter einer Zinkwanne. Doch besser kann man den Motor kaum vor dem Dauerregen schützen.
Mit der schmelzenden Stimme der Sängerin beginnt ein abwechselungsreicher Abend. Links im Hintergrund steht ein Friedensfahrer, der mit seiner russischen Frau Schland verlässt. Er hat für uns diesen wundervollen Abstecher und Abend arrangiert. Mit einer geringen Summe hat er sich seine Frau hier 27 Hektar mit einem kleinen Weiher gekauft. Das Paar zieht nach Utorgosh, weil Schland Sche**e sei.
Pskov - Unser Nachtplatz nahe dem Pskov-Kremlin und den größten Kirchen:
N 57 ° 49'13.2''
O 028°20'18.4''
Wiki schreibt zu Pskov:
Pskow liegt an der Mündung des Flüsschens Pskowa in die Welikaja in der Nähe des Pskower Sees, eines Nebengewässers des Peipussees. Die Welikaja ist zugleich der Hauptfluss der Oblast Pskow (etwa 55.300 km²). Bei Pskow befindet sich der westlichste Punkt des als russisches Kernland betrachteten Gebietes (also ohne die Oblast Kaliningrad).
Trubel, Jubel, Heiterkeit - so sehen die Nachrichten, Bilder und Menschen auf den Fotos der Friedensfahrt aus. Am Dienstag, den 9. August, hat es mir bislang in Gwardeisk am besten gefallen.
Wie schon im Blog zuvor berichtet, zogen sich die Grenzformalitäten von Kaliningrad-Russland nach Litauen quälend lang hin. Doch spätere Erfahrungen sollten diese Wartezeiten beim Eintritt von Estland nach Russland noch toppen.
Dieser Starfotograf zog sich meinen geballten Zorn zu, da er in der Schlange auf der Brücke nicht aufschloß. Er hatte wohl wichtigeres zu bereden. In Folge drängten sich etwa 20 Fahrzeuge vor, was meine ohnehin gespannten Nerven weiter belasteten. Dass auch unserer Starfotograf von der Warterei zermürbt war, bewies sein langsam losrollender schwerer Daimler-Kombi. Das gab mir die Gelegenheit, ihn fürchterlich auszuschimpfen, um sein Fahrzeug davor zu bewahren, die Zollschranke zu zertrümmern. Dann hätten wir vermutlich den Übergang nach Litauen uns gleich ganz abschminken können.
Wahr ist aber auch: Die Strapazen sind kein leichtes Spiel. Nach fünfstündiger Abfertigung bei der Grenzüberquerung von RusslanTrubel, Jubel, Heiterkeit - dies berichten viele Bilder und Menschen von der Friedensfahrt. Die Strapazen sind kein leichtes Spiel, doch gute Laune erleichtert das Reisen. Nach fünfstündgen Abfertigung bei der Grenzüberquerung von Russland nach Litauen waren wir endlich gegen zwei Uhr nachts am Berg der Kreuze - nicht weit hinter Siauliai.
Vor der Abfahrt gegen 8.00 Uhr früh gönnt sich der Fernfahrer noch eine kurze Morgentoilette auf dem Asphalt und im nahen Gehölz. Dann ging es 538 Kilometer von Litauen nach Lettland, weiter nach Riga, kurz etwa 20 Kilometer durch Estland zur russischen Grenze. Die Grenzen zwischen Litauen, Lettland und Estland sind offen und unbewacht. Die einzigen Eindrücke von Litauen, Lettland und Estland dokumentieren zwei Bilder. Mittlerweile hat meine Frau wohl recht, wenn sie in weiblicher Dramaturgie mir die Begleitung verweigerte mit den Worten: "Ich würde sterben auf der Fahrt!"
Uns hingegen hat die Reise durch Litauen, Lettland und Estland Spass gemacht. Besonders eindrucksvoll die Silhouette von Riga, was meine Frau und mich 2012 schon begeistert hat.
Für meinen Geschmack, der sich im Laufe der letzten Reisejahre wohl immer mehr dem eines Truckers anpasst, hätte diese Grenzstation in Estland vor Russland mir alles gebot, was mein Herz begehrt: WiFi, Sanitäranlagen, warmes Restaurant mit moderaten Preisen, sogar Duschen! Doch wir wollten nach Pskov. Die russischen Grenzer und Grenzer*Innen standen uns noch bevor, obgleich diese tüchtigen Beamt*Innen ohne Fehl und Tadel arbeiten.
Die Abfertigung von Estland nach Russland hielt uns nur etwa eine Stunde auf. Die russischen Grenzbeamten arbeiten unter hoher Anspannung sich durch einen Wust von Formularen. Die Zollerklärung mit lateinischen Buchstaben mussten wir in ein Formular mit kyrillischen Buchstaben übertragen. Ein weiteres Formular mit kyrillischen Buchstaben, DIN-A-4, mit weiteren Verhaltensmaßregeln wurde mir kurz erklärt, von mir unterschrieben und ohne Durchschlag abgegeben. Pass und Zulassungsschein I liefen durch den Kopierer, um diese Dokumente vermutlich im russischen Staatsarchiv abzuheften. Pro Fahrzeug haben wir überschlägig mit einer Zeit von etwa 20 bis 30 Minuten gerechnet. Wir setzten dann mit drei Autos den Weg fort nach Pskov: Harry im DHL-WoMo, mein VW-Bus mit Frank und als Neuzugang in unserer Gruppe Peter im VW-Lupo-TDI.
Eine Kritik lässt sich leider nicht verkneifen: Zweimal trampelten die Grenz-Kontrolleure, ein gestrenger Herr, der wohl der hinteren Mongolei entstammte, und eine fesche, wohlgerundete Russin mit grünem Uniformröckchen und schwarzer Strumpfhose, doch beide trampelten durch meine Wohnstube. Kleine Steinchen von der Grenze knirschten noch nach meinem dritten Aufwischen auf dem Gang, den wir sonst nur ohne Schuhe betreten. Kleinigkeiten, klar.
Die Nacht in Pskov mit Blick auf orthodoxe Kirchen versprach recht romantisch zu werden und war sicherlich von frommen Verrichtungen der Gläubigen gesegnet. Good vibrations eben.
Die Nacht in Pskov mit Blick auf den Platz vor einer orthodoxen Kirche kann ja recht romantisch werden. Ansonsten gilt es nur, Geduld, Vorsicht und Umsicht zu bewahren, um im Verkehrsgewühl nicht anzustoßen, keine Geschwindigkeit zu übertreten - das Übliche eben wie allüberall.
Mein erster Morgenspaziergang endet an dem großen Fluß Welikaja in Pskov. Zu den verschiedenen Grautöne von Asphalt, Wasser und Himmel bildet der Papierkorb einen bunten Farbklecks. Die Menschen in Pskov halten ihre Stadt sehr sauber. Die Stadtverwaltung beschäftigt anscheinend ausreichend Arbeitskräfte, um Mülltonnen und Papierkörbe zu leeren.
Nach einem kurzen Gruß an Herrn Lenin vor dem monumentalen Bauwerk zieht es mich wieder in meine rollende Schreib- und Studierstube. Das Beste für mich ist die Telephon-Karte, welche bislang mit hervorragender Geschwindigkeit micht mit dem Internet verbindet. Auch Telefonate mit der Frau daheim klappen bestens. Wie lange der Vorrat von 30 Euro auf der Karte reicht, ist mir allerdings unklar. Ein Thorsten berichtet bei Facebook in der öffentlichen Gruppe "Friedensfahrt Berlin":
Ich habe gerade erfahren, dass die letzten Fahrzeuge wohl um 5 Uhr durchgekommen sind. Der Bus müßte also inzwischen ebenfalls angekommen sein.
Wir haben an der Grenze mehr Glück gehabt, weil wir früher da waren, zudem nur mit zwei Fahrzeugen. Der Kühlschrank ist gefüllt, die Wasserreserven reichen. Diesel gab es an der Grenze satt. Der Motor läuft im Stand, um die Bordbatterien bei Laune zu halten. Denn etwa 500 Watt-Stunden braucht der Haushalt in 24 Stunden. Ohne Sonne bringt das Solarmodul nichts.
Utorgosh
Wir überholen Fahrzeuge, die trotz ihres Alters unverdrossen ihrer Wege ziehen.
Trotz des Dauerregen ist mir an der Abzweigung nach Utgorosh dies Gebäude einen kurzen Stop wert, um es wenigstens als Erinnerungsfoto mitzunehmen.
Die Presse interviewt einen Asphalt-Cowboy, der trotz der widrigen Witterung den weiten Weg nicht scheut. Die harten Burschen werden froh sein, dass die Schule für sie ein Massenlager einrichtet.
Blutige Partisanenkämpfe forderten im Krieg viele Opfer, deren das Denkmal wie ein privates Museum gedenkt.
Das verrottete Kriegsmaterial haben die Einwohner im Boden gefunden, gesammelt und ausgestellt.
Fotos erinnern an den blutigen Krieg, der rund um die Birkenwälder von Utgorosh tobte.
Dass bei dem Dauerregen nur einmal das Licht im Museum ausfiel, zeigt wie solide die Stromzufuhr verdrahtet ist.
Die windschiefen Holzhütten müssen noch einige Winter überstehen. Doch irgendwann ist ihre Zeit abgelaufen und sie krachen zusammen. Das Dach zeigt schon erste Einbuchtungen.
Neben den Holzhütten und -Häusern leisten sich einige Häuser aus Stein. Die Sat-Antenne verbindet die Menschen mit der weiten Welt.
Im Schulgebäude gibt es ein Essen für uns, einen Schlafplatz für die Biker und andere, welche nicht mehr nach Pskov zurück fahren. Schließlich haben wir schon ein Drittel des Wegs nach St. Petersburg geschafft. Vermutlich handelt es sich bei den Fotos auf der Tafel um Held*Innen der Klassenarbeiten.
Das Lager strahlt den ursprünglichen Charme einer Jugendfreizeit aus.
Die Schulbänke sind frisch gestrichen und dünsten einen betörenden Geruch aus.
Die Sanitäranlage werden uns Campern auch am Morgen gute Dienste leisten.
Die Ruine ist dem Verfall preisgegeben. Doch es gibt genug Platz ringsum, dass der Abriss wohl dem Zahn der Zeit überlassen bleiben wird.
Dies schmucke Häuschen ist gut gepflegt. Auf der anderen Seite glänzt eindrucksvoll ein Blumengarten. Da der Boden sehr morastig ist, gedeiht kaum Getreide, kaum Gemüse. Selten sieht man, dass ein Bauer sein Rind am Strick heim führt.
Hier holt sich die Dame einen Eimer Wasser aus dem Ziehbrunnen. Fließendes Wasser gibt es wohl nicht in den Holzhütten. Es scheint auch kein Trinkwasser unter dem Boden zu geben. Jedenfalls gibt es große Plastikkanister mit mehr als 20 Litern, aus denen sich Menschen ihre Trinkbecher füllen. Das ist etwas umständlich, doch es geht.
Der dünne Schrankenbalgen hält kein Fahrzeug auf. Doch die aufgeklappten Eisenbarriere sind nicht zu überwinden.
Die beiden schweren Dieselloks schnaufen mit unzähligen Güterwagen ab. Die Schornsteine blasen keinen Feinstaub in die Luft sondern Flocken.
Das olivgrüne Führerhaus und die rotbraune Ladefläche bilden einen hübschen Kontrast.
Dies war die merkwürdigste und mich anrührende Begegnung in Utorgosh. Wie mich mein Weg von Bild zu Bild durch das regennasse Dorf führte, zieht der Beamte plötzlich und unvermittelt sich die Uhr vom Handgelenk, sieht sich noch versonnen das Armband an und schenkt sie mir. Das überrascht mich vollkommen.
Aus dem Auto hole ich eine Uhr mit vielen elektronischen Funktionen wie Höhenmesser, die man auf diesem platten Land nicht braucht, einem dicken Handbuch in mehreren Sprachen - außer in Kyrillisch - und gebe ihm diese Uhr. Doch damit war unsere Begegnung noch nicht zu Ende. Denn mein Wagen kommt aus der nasse Wiese nicht ohne Hilfe heraus. Der Beamte kommt unverzüglich mit seinem Lada 4x4, das Rad muss vom Träger, der Träger vom Fahrzeug, das Abschleppseil aus dem Kasten und er zieht mir mein Haus auf festen Boden zurück. Er erlaubt mir ein Erinnerungsfoto und wir schütteln uns die Hand. Ein willkürlich anrührendes Erlebnis, was mir im ganzen Leben bislang und noch nirgendwo auf der Welt wiederfahren ist.
Nachdem mein Auto wieder festen Boden unter den Rädern hat, stärkt mich das schmackhafte Abendmahl.
Als krönender Tagesabschluß zeigt sich endlich einmal wieder ein wenig Sonnenschein. Der Mond steht halb prall am Himmel. Und auf der abendlichen Veranstaltung im Kulturhaus singen und tanzen die jungen Schönen aus Utorgosh. In die Betrachtung solch blühender Geschöpfe mischt sich ein Tropfen Schwermut: Mein Alter.
Doch beim Gedenken an langjährige Kämpfe mit solch zauberhaften Wesen, beruhigt sich mein Sinn und denkt voller Liebe und Sehnsucht an mein holdes Weiblein daheim.
In diesem Gebäude kann sich der durstige Wanderer mit den notwendigen Elexiren versorgen, um auch ohne Kino und Großstadtleben sich in den Schlaf zu träumen.
Leider verbirgt dieser Zweiradschlepper seinen leistungsfähiges Antriebsaggregat unter einer Zinkwanne. Doch besser kann man den Motor kaum vor dem Dauerregen schützen.
Mit der schmelzenden Stimme der Sängerin beginnt ein abwechselungsreicher Abend. Links im Hintergrund steht ein Friedensfahrer, der mit seiner russischen Frau Schland verlässt. Er hat für uns diesen wundervollen Abstecher und Abend arrangiert. Mit einer geringen Summe hat er sich seine Frau hier 27 Hektar mit einem kleinen Weiher gekauft. Das Paar zieht nach Utorgosh, weil Schland Sche**e sei.
3 Kommentare:
Vielen, vielen DAnk für den ausführlichen Bericht und die schönen Fotos. So konnte ich einen guten Eindruck gewinnen.
Hallo n0by,
ich lese immer wieder gern Deine Berichte, wenn ich im Gelben darüber stolpere, und freue mich darauf, irgendwann selbst das Reisen in Ruhe genießen zu können.
Wünsche Dir noch eine schöne Zeit, bei dieser tollen und wertvollen Reise!
LG
Andrej
Servus nOby, eindrucksvoller Bericht. Bist Du aus dem Münchner Raum? Solltest Du in mal Richtung Landshut kommen, würde mich auf einen Gedankenaustausch freuen.
Robert der Waldfreund aus Kumhausen
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