11 Mai 2018

Beysehir - Konya - Sultanhani - less politicks

Vor der Einfahrt in die 1,3 Millionen Stadt Konya graust es mir. Wieso nicht mich mit meinen dreitausend Büchern auf dem PC vergnügen, wieso nicht daheim ein wenig Klavier klimpern, wieso immer wieder weiter, weiter, weiter? Dann stellt sich alles in Wirklichkeit leichter dar und lässt mich beglückt bloggen. Wenn es so  einfach doch auch mit Politicks wäre!


Vor dem Mevlana-Museum in Konya morgens um 8.00.  Meine Nerven entspannen sich,  Fahrt und Millionen-Stadt Konya sind einfach, erträglich und schön.

Zuerst ein Blick auf die Wegstrecke: Mehr als die Hälfte der Strecke ist jetzt in der Karawanserei Sultanhani geschafft.



Ein kleines Sechs-Euro-Camp direkt an der Karawanserei von Sultanhani lässt mich bei guter Internetverbindung bloggen und abends wieder mit meiner Liebsten daheim per Skype sprechen.

Es sind 170 Kilometer von Kizilot am Mittelmeer zu der Stadt Beysehir am gleichnamigen, großen See. Es ist eine wunderschöne Strecke über die Berge, deren Pässe 1400 Meter hoch liegen. Die Straßen sind frei und in gutem Zustand. 



Auf der ersten Berghöhe versorgt mich ein Straßenhändler mit Obst: Erdbeeren, Bananen, Orangen und Äpfel. Der Teeofen dampft. Die Fahrt wird wunderbar.



Die nächste Trucker-Tankstelle mit Ladenzeile und Restaurant versorgt mich mit Schokolade und einer türkischen Version des Gleit- und Schmieröls W3C. Langsam fühlt es sich an, als verlasse man westliche Regionen. Es gibt kaum mehr Frauen und Mädchen, die ihre Haare offen tragen.



Quellwasser von der Paßhöhe füllt meinen Flaschenvorrat für die Teeküche. 



Bemerkenswert an der Tankstelle ist das kleine Minarett im linken Hintergrund. Der fromme Reisende muss auch unterwegs nicht auf sein  Gebet verzichten. Der freundliche Tankwart spendiert mir einen Tee, den ersten von vier noch folgenden heute.

Nach dem Tanken und einem dritten Einkauf von Brot, Olivenpaste und irgendeinem türkischen Pesto verwandelt sich mein Fahrzeug schon gegen 11.00 Uhr wieder in eine Wohnung am Strom. Glücklich ist der Wagen rückwärts in die Einfahrt unter einer starken Weinrebe eingeparkt. Irgendwie hat nach langem Suchen die Antenne den Hotbird-Satelliten aufgespürt. Im Hintergrund blinkt blau der See, der wohl nicht zum Bade lockt. Doch balzender Froschquaken mischt sich mit Vogelgesang zu einer schönen Sinfonie.



Der Wirt lässt Fisch für mich kochen, ein köstliches Essen nach den letzten beiden Spaghetti Tagen mit Pesto. Obgleich die Gläser aus Griechenland verschlossen waren, begannen sie schon einzutrocknen von der Hitze.



Mein erster Eindruck beim Einkauf in Beysehir ist, dass Europa langsam endet. Bislang huschten fast nur Kopftuchtanten über meinen Weg. Auch bei meinem Radausflug quer durch die Stadt verstärkt sich der Eindruck. Am See stehen viele Hütten mit gemauertem Grillkamin. Zahlreiche Familien haben sich dort ausgebreitet. Viele Öfen rauchen. Zahlreiche Kinder vergnügen sich in der Parklandschaft.



Bei dieser Grillfete fehlen die Männer, die vielleicht arbeiten.



Am morastigen Ufer liegen Fischerboote, doch kein Kahn ist auf dem See.



Die Mütter beaufsichtigen Kinder, welche an zahlreichen Spielgeräten nach Lust und Laune sich austoben.



Wie in deutschen Fußgängerzonen zieht auch hier der Kleiderladen die Damen magisch an. Es fällt auf, wenn ein junges Mädchen ohne Kopftuch unterwegs ist. Die junge Dame hat Mut!



Neben Teppichen, Beistelltischchen, Schränken und einem Sofa bietet dieses Fachgeschäft auch noch Kühlschränke und Waschmaschinen an.



Im Zentrum glänzen im Stil der alten Zeit Moscheen und ein Standbild des "Vaters der Türkei" zu erwarten. Im Stil der neuen Zeit sieht man gelegentlich einen tiefer gelegten BMW.



Irgendwo streunt auch immer irgend ein Futter suchender Köter, der zwischen den beiden Autos schleicht.



Das Schaufenster dieses Radiogeschäfts zieht mich lange in seinen Bann. Wer durch den in der Scheibe gespiegelten Wagen blickt, entdeckt alte Teekannen, einen alten Kocher und verschiedene Generationen von Radios, die ein würdigeren Platz im Museum verdienen.



Der Fahrer dieses Lastendreirads kauft sich beim Metzger gerade ein gute Wurst.



Der freundliche 75jährige Herr hat von 1970 bis 1998 in Norwegen und Deutschland gearbeitet. Jetzt lebt er hier von 685 Euro Rente, besitzt ein dreistöckiges Haus, das er mir auf dem Smartphone zeigt. Zwei der Wohnungen darin hat er vermietet. Seine vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter, haben sich gute Positionen erarbeitet. Sein Smartphone zeigt das Wetter für Beysehir: Regen heute und den nächsten beiden Tagen. Außer einem kurzen Donner, nach dem drei, vier Regentropfen kamen, war davon nichts zu merken. Doch am Abend kam mehr Donner, der viel Regen brachte.



Versonnen blicken die beiden Kopftuchschönen auf den Fluß, der den See Beysehir verlässt. Das Mauergewölbe erklärt ein Tafel.



Die steinerne Brücke der "Anatolian Ottoman railway" von 1908 bis 1914 war wohl das erste Wasserregulierungsprojekt des Ottomanischen Reiches. Leider bekommt der Camp-Manager sein Internet nicht auf die Reihe, um weiteres Wissen aus Wiki zu saugen.



Neben dem Getümmel in der Innenstadt schaffen See und Fluß Oasen der Ruhe.



Im Hintergrund schimmert Schnee auf den Gipfeln. Das Boot kehrt von seiner Rundfahrt zurück in den Hafen an der Brücke.



Die jungen Leute feiern den erfolgreichen Abschluss ihrer Studien. Dazu sind sie zu mir auf den Beobachtungsturm am See gestiegen.





Gegenüber dem warmen Meer in Kizilot muss sich mein Körper auf die Kälte in Beysehir umstellen. Das Städtchen liegt in 1200 Meter Höhe, die Temperatur fällt auf 11 Grad Celsius.


Beysehir - Konya - Sultanhani


Anderntags geht es 200 Kilometer weiter über Konya zur Karawanserei Sultanhani. Sie liegt am Rande eines Salzsees. Die mir zum Glück geschenkte FALK-Karte markiert diese Seen mit grauer Textur. An solchen Orten schöpften Kamele und Menschen auf der langen Reise von Persien bis Konya neue Kraft. 



An kalten, regnerischen Samstag morgen begrüßt mich Konya. Diese Fußgängerbrücke über die Einfallstraße gewährt einen ersten Blick über die Stadt in 1100 Meter Höhe mit 1,3 Millionen Menschen.



Aus dem Meer von Straßen und Beton ragen Minarette wie Spargelspitzen heraus.


Das Mevlana Museum öffnet um 9.00 Uhr, 20 Minuten bleiben mir noch Pause nach der Fahrt.



Mit erstaunlicher Disziplin strömen andächtig die Menschen in das Heiligtum. Fast alle dämpfen ihre Stimmen oder schweigen.







Wie Pirincci immer lästert, dass die Muslime keine Bücher hätten und nicht lesen, widerlegt das Mevlana Museum. Dort sind mehrere Bücher hinter Glas ausgestellt, die mit äußerster Sorgfalt und Genauigkeit Schrift und Grafik heraus arbeiten.





Um sich nicht abzulenken, beten die Frauen in einem eigenen Raum, der sie hinter Holzbalustraden verbirgt.



Wo früher die Mönche ihren frommen Übungen huldigten und Betrachtungen nachhingen, stellen heute Puppen in den Zellen das damalige Leben nach.


 Wie der regnerische Maientag zeigt, kann es ungemütlich kalt werden in Konya. Also wärmte den Meister ein Kohlebecken - und immer wieder heißer Tee.

Den Mönch zur Linken, verrät eine Inschrift, hat sich zum Einkaufen fertig gemacht.



Die Herren mit den hohen Hüten bitten zu Tisch.




Der Grabstein bildet noch die Kopfbedeckung der Derwische nach.



Gegenüber dem Mevlana-Museum liegt ein großes Friedhofsgelände. Es liegt ein ruhige Stimmung über all dem - geradezu "heilig".


 
Der heiligen Pilgerstätte schießt sich der Basar an. Die Mädchenschuhe fallen auf. Schon dies bunte Schuhwerk mit Bommeln und Fransen legen die jungen Damen auf ihre Rolle als spätere Hüterin des Hauses fest, scheint mir zumindest.




Hülsenfrüchte und Datteln gibt es in reicher Auswahl. Die dicksten und teuersten Datteln kostet 45 TL das Kilo.



Dies altehrwürdige Gemäuer wird noch "bespielt". Nur ein Schild weist an, die Teppiche nicht mit Schuhen zu betreten. Ansonsten sind Ungläubige nicht, wie in Marokko, vom Besuch der Kultstätte ausgeschlossen.




Nach all der Kilometerfresserei, dem Verarbeiten der Eindrücke bleibt mir Ruhe, mich mit dem Kult zu beschäftigen.

es ist gerade mal 10.00 Uhr in der Früh. Noch hat sich das Leben in der Basarstraße noch nicht voll entfaltet. Im Hintergrund sticht der Spargelturm der nächsten Moschee in die Höhe.



Das Bild bunter Plastikblumen im Sonnenschein ist in angespanntem Reisefieber gut verträglich. Das Schaufenster voller blutender Rinderherzen zu fotografieren, fehlten mir die Nerven.


Noch eine Ampel bleibt zu überqueren, dann führt mich der ruhige Gang über den Friedhof zu meinem Auto für die nächsten 100 Kilometer nach Sultanhani. Der rote Ford Mustang gewinnt mit röhrendem Auspuff das Rennen der anfahrenden Fahrzeuge, was nicht anders zu erwarten war. Mit fünf Türkischen Lira Parkgebühren geht es dann aus dem Stadtgewühl durch vernachlässigte Vorstädte auf die schnurrgerade Karawanenstraße Richtung Nordost, mehr Ost als Nord.

Sultanhani





Mit einer Tank- und Essenspause waren dann gerade rechtzeitig zum Aufruf des Mittagsgebet Sultanhani erreicht.


Wer meint, Religion hätte mit Politik nichts zu tun, oder Politik hätte mit Religion nichts zu tun, sollte mal in aller Ruhe diese Bilder auf sich wirken lassen. Kleine Denkhilfe: Man stelle sich in Deutschland Kirchtürme vor, an denen dauernd die Nationalflagge flattert.


Um meinen Obulus zur Besichtigung der Karawanserei einzufordern, unterbrach der Torwächter sogar seinen Mittagsschlaf.


Da gerade keine Busladung Chinesen durch das denkwürdige Monument spaziert, schrecken mich mehr Tauben in den dunklen und angenehm kühlen Kammern auf als Menschen.


Die lange Belichtungszeit lässt die Kammer viel hell erscheinen, als sie ist. Der Chronist ist fertig: Klimaumstellung vom warmen Mittelmeer auf die kühle, regnerische Hochebene, Konya und 200 Kilometer, dazu ein vegetarisches Essen in der "Autobahnraststätte", was scharf gewürzt meine Geschmacksnerven beinahe überfordert, doch dann gleich neben der Karawanserei das Camp mit WiFi, um mich zu erholen.


Vermutlich füllten aus der steinernen Rinne die Kamele ihren Wasservorrat wieder auf



Wer mehr von der Karawanserei wissen will, informiert diese Tafel.


Bild- oder Figurendarstellungen sucht man in diesem Kult vergebens. Dafür finden sich Ornamente in schönsten Farben und Formen. Nachdem für Personen aus diesem Kult Deutschland mittlerweile in Kantinen und bei Schul-, Altersheim- und Krankenhausessen die Kost auf halal umstellen musste, wirde es wohl nicht mehr lange dauern, bis auch Bilder aus Schulbüchern und Anleitungen durch ornamentale Grafiken ersetzt werden müssen, selbst wenn dadurch das Verständnis leidet.

Abschließend muss ein Kommentar zu einer mir übel aufstoßenden Geschichte heraus: Dass Stürzensbergers Seiten hier wie Wikipedia gesperrt sind, das ist und bleibt ja Sache der Türken.



http://www.pi-news.net/2018/05/islamkritischer-youtube-kanal-mit-knapp-23-millionen-zugriffen-geloescht/

Dass aber YouTube den gesammten Filmkanal von Stürzenberger in die Tonne tritt, ist für mich ein weiteren Schritt in den Überwachungs- und Nannystaat.



Man mag und kann zu Stürzenberger stehen, wie man will, aber wer heute Stürzenberger die Meinungsfreiheit unwidersprochen nehmen lässt, der hat nächstens selber keine Freie Meinung mehr zu haben.




Wer noch lieber länger am Meer geblieben wäre, von Alanya noch hätte etwas sehen wollen, findet in diesem Blog davon mehr. Die Bilder sind von 2004, sehr, sehr viel wird sich geändert haben.


Doch mit der miesen Stimmung aus Buntschland soll der Abend in der Kervan Saray nicht enden.


Es gibt noch aufgebackene Käsebrote und für 40 Cents, zwei TL, fünf leckere Kekse.


Ein Blick noch auf die Karawanserei, die das mächtigste Bauwerk in Sultanhani ist.



Zwei freche Kopftuchgören sitzen rechts auf der Mauer und flachsen mir zu. Beispielhaft für die Häuser hier ist dieses rosarote Schmuckstück mit der rostigen Feuerwehrleiter von den Balkons. Das letzte Stück über dem Müll besäten Boden muss dann Allah den Springern helfen.





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