23 Februar 2012

Ruhetage in Zagora und Agdz

Seit fünf Wochen schaukelt, schiebt und schüttelt mich meine "Walkuh" willig und wohlig schon 6000 Kilometer durch diese Wunder-Welt. Es wird Zeit, zur Ruhe zu kommen. Wieder - wie schon vor dem Wüstenort M'Hamid - geben mir die Palmen von Les Jardins de Zagora Schatten. Die WiFi-Verbindung zum Router lässt mich ruhig lesen und schaffen.

Doch auf dem zauberhaften, stadtnahen Platz Jardins des Zagora gibt es neben Internet-Neuigkeiten auch bemerkenswerte Begegnungen. So dröhnt morgens ein gewaltiger Motor, dessen Fahrer mir viel über sein Auto und seine Reisen erzählt.



Mercedes 1735: 17 Tonnen, 350 PS, permanenter Allrad-Antrieb, 30 Liter/100 km, acht Zylinder, 15 Liter Hubraum, 32 Gänge, 3,75 Meter hoch - ein Sound wie von einem schweren Schiffsdiesel.

Wolle erzählt aber auch, dass er keine Lust habe, seine letzte Reise nach Indien über Iran, Pakistan zu wiederholen. Früher waren Deutsche im Iran immer wohl gelitten. Doch seit dem Einsatz der Deutschen in Afghanistan habe sich das geändert. In Pakistan habe ihn dauernd Sicherheitsfahrzeuge von Armee und Polizei begleitet. Nachts war er angewiesen, in den Hinterhöfen von Hotels zu übernachten. Deren Eingäng sind, wie mir das von meinen Tehran-Aufenthalten bekannt, durch schwere Scherengittern vor den Türen gesichert. Auf dem Rückweg von Pakistan hat Wolle nur ein Transitvisum durch den Iran von sieben Tagen bekommen. Ein anderer Deutscher mit langem Bart erhielt dagegen ein Touristenvisum für einen Monat. Doch solange S.M. M 6 in Marokko Macht und Herrschaft behauptet, bleibt Marokko ein angenehmes Reiseland.


Der Kontrast zur Reparatur eines Radlagers an einem Eselkarren könnte größer kaum sein: Immerhin hat das Gefährt schon Gummireifen.

Inspiriert von den Eindrücken reizt weiterhin das Internet. Frau Sybille, eine begnadete Kolumnistin bei SPON, beschreibt gekonnt und humorvoll mein Gefühl in einer mohammendanischen Männerwelt wie in Marokko: "Religion ist, wenn Männer unterdrücken." Es ist zu hoffen, dass der Link lange diesen wunderbaren Beitrag speichert.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,815724,00.html Einfach nur klicken! Ist das kein Leser-Service?

Doch auch aus Tokyo erreicht mich eine liebe E-Mail mit zwei bemerkenswerten Links. Für beide Links wirbt mein Blog mit Bildern dieser Web-Seiten.



Das Kreuz mit diesen Schriften und Büchern ist, dass die Adressierten diese Lektüre vermeiden wie der Teufel das Weihwasser.



Vermutlich lockert sich die verpanzerte Konditionierung von Religioten aller Regionen nur durch Lachen: Hier schnuppert Bush an der Achsel des Bösen.

Dieser Link ist meine zweite Empfehlung aus dem ruhig, friedlichen, blühenden Jardin de Zagora:

http://www.keine-macht-den-doofen.de/ Klick ....

Um die Inhalte vom nächsten Link zu laden und zu lesen, braucht man eine schnelle Internetverbindung und Zeit. Denn die Site bietet PDF-Bücher von drei MByte. Die Daten öffnen eine 394 Seiten starke Streitschrift.



Wer sich auf die Site klickt, kommt auf die Downloads der PDFs. Diese stammen zwar schon von 2007 und dem Karikaturen-Streit. Doch bei den fundamentalen Umwälzungen in Tunesien, Lybien, Ägypten, Bahrein und Syrien gewinnt professionelle Expertise an Interesse und Wert.

Der Link http://www.ex-muslime.de/ öffnet sich per Klick.

Die Sonne endet ihren glühenden Tageslauf gegen 18.00 Uhr. Meine Wege in das etwa 300 Meter entfernte Stadt- und Geschäftszentrum erleichert mir mein Klapprad. Die aufgehende Sonne wärmt mich in einem Straßenrestaurant, wo mich ein Omelett in einer Tajine-Form aus Alu lange sättigt. Dass mittlerweile neben einer Fliege auch schon eine Ameise in meinen Plastik-Palast eingedrungen ist, ist die einzige Störung.



Die Nacht auf dem letzten Hügel vor der Wüste in MHammid war wunderbar. Doch eine Nacht reichte. Auf dem Rückweg nach Zagora gibt es ein frohes Wiedersehen mit Johannes, Reiner und Sylvia. Der Verkäufer meines nächsten Maroc-Telecom USB-Modem hat mir 100 DH zuviel abgeknüpft. Der Aufschlag strafte mein gieriges Begehren.



Zahlreiche Schilder auf der Wüstenstrecke von Zagora nach MHamid sollen die Menschen dazu anhalten, die Natur zu schonen. Die Ermahnungen ändern wenig daran, dass die Sahara-Winde genug Plastikfahnen über Sand und Steine blasen.



Die einspurige Straße von MHamid nach Zagora und umgekehrt beeindruckt mit landschaftlichen Höhepunkten. Auf der Bergspitze ragen Ruinen einer Festung.



Hier freut sich der Großstadtmensch aus München, dass in Zagora nach der Wüstenfahrt bis MHamid nun wieder ein staatliches Verwaltungsgebäude strahlt.



Der rote Rangerover im Abendrot ist einfach zu schön, um nicht seinen Weg ins Web zu machen.



Nach 6000 Kilometer bis hier nach Zagora faszinieren Autos: Die JAC-LKW bieten vom Fahrgestell, über Pritsche, Kastenwagen und Muldenkipper ein großes Programm. Fahrgestell und Führerhaus kommen aus China, der Motor aus Japan. Auf einem Fahrgestell mit Führerhaus könnte man sich hier vermutlich preiswert ein WoMo schneidern lassen.

Ruhen vom Reisen fördert eine asiatisch-arabische angenehme Ausgeglichenheit. Benachbarte WoMo-Kapitäne logieren hier im Stadt nahen Garten drei Wochen und länger. Neben PC und Kaffeetasse in meiner guten Stube steht nun vor der Tür mein Fahrrad, Stuhl und Tisch. Zagora bietet zudem auf UKW mehrere Sender. Diese unterhalten mich mit sehnsüchtig schwebenden Stimmen mit Orchester samt sanften Streichern. Die französisch sprachige Zeitung "Le Matin" kommt aus Ouarzazate. Das Blatt zu drei DH bedient nicht nur den billigen Boulevard. Merkwürdig: andere Tageszeitung für 15 DH sind schon morgens vorrätig. "Le Matin" gibt es allerdings erst am Abend am Kiosk.


Dank an Wolf. Mein gleichaltriger Freund, wirklich ein Mann von Welt, schreibt wieder mit an diesem Blog:

Hi Erhard,

Du schreibst Shanghai bereits, wie die Franzosen es aussprechen....hi hi...

Was Du da erlebt hast, dass muslimische Welten, Maennerwelten sind, ist wohl nichts unbedingt Neues.....wobei Du ja noch in einem etwas liberaleren Land bist.... Wenn ich durch das Land toure und habe Madame mit mir, als Marokkanerin und ebenfalls Muslima und wir trinken ein Bier zusammen, oder mal einen Wein, dann laeuft das Volk zumindest nicht zusammen und Steine fliegen auch nicht....noch noch nicht....was aber bei einer "Volksbefreiung" durch (von Saudi Arabien) gesponserte Wahlen, schnell passieren koennte....

Niemand nennt es beim Namen, dass diese Halunken, aus dem terrorunterstuetzenden Land, ihre schmutzigen, mit Blut besudelten Haende ueberall mit drin haben.... Ach entschuldige, ich vergass, das sind ja Freunde....zumindest der Amerikaner und gute Kunden noch dazu....wer kauft schon bei Uncle Sam und Michel Waffen in Milliardenhoehe....

"Erst kommt der Deal, dann die Moral"...frei nach Schnautze.

Entschuldige, dass ich Dir wiedersprechen muss, was die Baertigen angeht, von denen Du behauptest, dass sie die westliche Dekadenz ablehnen....



Danke Wolf für Deinen Einwand. Hier muss meine Schrift doch deutlicher die Ironie ausarbeiten, wenn Spitzen Dekadenz als westlich deklarieren.


Dann bringst Du das Beispiel mit Iran und dem Schah....

Nun, wenn die armen Iraner gewusst haetten, dass sie mit Chomeini, den Magnum-Beelzebub zum Austreiben von Luzifer willkommen geheissen haetten, dann haetten sie sich das sicherlich anders ueberlegt. Diese Klerikalfaschisten-Clique foltert und killt noch mehr als die SAVAC vorher und die Revolutionswaechter bereichern sich noch mehr als der Schah vorher....sie haben ihre Finger in fast allen Unternehmen.

Das Gleiche gilt fuer Libyen, Tunesien, Aegypten, Irak und andere bereits "befreite" Staaten...und irgendwann dann auch fuer Syrien und Afghanistan.....



Die Umwälzungen im Iran, Libyen, Tunesien, Ägypten, Irak, Syrien, Bahrain beschleunigen Prozesse, wie vergleichbare Kämpfe Menschen in Europa seit der Aufklärung, der Trennung von Säkularen und Sakralem, sowie dem Sturm auf die Bastille durchgemacht haben. Der Kampf dauert an.


Der Westen blickt einfach nicht durch und meint immer, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen und ihre "Werte" heiligen muessten. (die sie aber je nach Laune selbst missachten, biegen, oder kurzfristig "den Gegebenheiten" anpassen).

Dabei wird immer vergessen, dass diese Laender keine Ahnung/Erfahrung haben, wie Demokratie funktioniert und sie wollen auch garnicht die lupenreinen Demokraten sein, weil ihnen ihre Religion andere Verhaltensweisen vorschreibt, die nicht immer im Einklang damit zu bringen sind.

Im Zweifelsfall ist fuer den Muslim der Koran das Mass der Dinge und ihm ist alles unterzuordnen.... selbst in Deutschland.... GG, Verfassung, STGB etc. sind fuer einen Glaeubigen nachrangig....



Der Westen heiligt seit Jahrhunderten Macht und Profit. Waffen-, Sklave-, Drogen-Handel, alles ist "gut", was Profit macht. Zumindest seit Entdeckung Amerikas sind die Menschen im Okzident damit erfolgreicher als die im Orient. Revoltierende Massen im mohammedanischen Raum haben ihre erfolgreichen Eliten satt, die diese westlichen Werte wollen. Doch weil auch fundamentale Klerikalfaschisten zwar den eigenen doch den Wohlstand ihrer Glaubensbrüder nicht steigern, lassen sich retardierte Religioten mit spirituellem Schmuh abspeisen. Der materielle Mangel bleibt und verfestigt sich mit der Ideologie, der Theorie und Praxis des Kinderreichtums. Ohne Außenhandel, ohne Devisen verlieren die Menschen im Land immer mehr. Kommt es zu Hungerrevolten, massakrieren sich retardierte Religioten gegenseitig in blutigen Bürgerkriegen. Waffen gegen Bodenschätze, biz like usual. Am Bedarf dieser Mordwaffen verdienen Lieferanten weltweit.


Was die Kluft zwischen den Reichen und den Armen angeht, so ist das sicherlich nicht nur eine marokkanische Spezialitaet, sondern das gibt es ueberall. Selbst in den Laendern, die sich sozialistisch/kommunistisch nennen, unter der Patina aber als "Rote Kapitalisten" erscheinen..... Im "Land der unbegrenzten Moeglichkeiten", gibt es jetzt sogar die Moeglichkeit der "unbegrenzen Armut"...und zwar fuer Millionen....


Wenn die Beherrschten die Gier, Gewalt, Genuss- und Geltungssucht der Herrschenden nicht mehr ertragen, ändern Revolten die Verhältnisse. Hat die Staatsgewalt abgewirtschaftet, warnt das auswärtige Amt vor Reisen in Krisengebiete. Keine Bank gibt dort mehr Kredit. Warlords profitieren von Mord, Terror, Entführung. Auf verminten Wegen in einem von Banden- und Bruderkrieg verwüsteten "Failed State" kommen selbst gepanzerte Fahrzeuge schlecht voran.


Dann mal gute Weiterreise, schoene Eindruecke und Bilder und hoffentlich laesst Deine liebe Frau die Ticketofferte nicht verstreichen.....

Salut et encore....Bon Voyage

Le Loup





Danke Wolf, in der Tat: Es zieht mich wieder weiter. Drei ruhige Tage sind genug. Märkte, Lehmburgen und über allem die reizvolle Landschaft locken. Abfahrt nach der Mittagspause. Das Ziel, eine Kasbah Palmerie in Agdz, liegt keine 97 Kilometer weiter. Als Erinnerung an Zagora freut mich ein Schild mit der Adresse einer meiner Web-Seiten. Nachdem es mir hier in Zagora mühsam gelungen ist, das komplizierte Java-Script von www.nobydick.de um das Jahr 2012 zu erweitern, wirbt das Schild für meine Web-Site.



Dies Schild, das mit Saugnäpfen an Scheiben klebt, verweist auf meine hier in Zagora um das Jahr 2012 erweiterte Web-Site.

Nach einer ruhigen Fahrt durch das Oasen-Tal Dra steht mit den letzten Sonnenstrahlen mein Haus wieder an einem wundervollen Platz. Kein schreiender Esel, kein Autolärm, nichts stört. Vögel zwitschern zwischen den Palmen, die mir anderntags Schatten gewähren. Das Schwimmbecken lockt zwar noch nicht, weil die Mittagstemperatur nicht über angenehme 18 Grad im Schatten steigt. Die Stadt Agdz richtet heute zudem ihren Wochenmarkt aus, der mich mit frischem Gemüse, Gewürzen, Obst und Eindrücken versorgt.



Der Campingplatz auf dem Gelände der Kasbah Asslim verwöhnt mich mit luxuriösen, sanitären Anlagen sowie himmlischer Ruhe.



Ein Forist mit dem Pseudo Saharasepp im Saharaforum von E. Kohlbach berichtet von Müll sammelnden Kindern in Casa. Meine Frage, wer die Kinderarbeit bezahle, stößt dort übel auf. Bei meinen Reisen durch die III. Welt haben Kinder, wie in Indien, z. B. Dosen-Müll gesammelt. Andere in der Familie der Müllsammler klopfen das Blech platt. Das gebündelte und verkaufte Altmetall ernährt diese Familien.



Dies entzückende Gespann, Ente-2CV mit Wohnanhänger, erinnert mich an mein erstes Auto mit der Geburt meiner Tochter 1978. Man beachte die beiden Tankeinfüllstutzen im hinteren Kotflügel, vermutlich eine Sahara-Ausführung. Drahtgitter schützen die Scheinwerfern.



Egal ob im 17-Tonner-Allrad, auf dem Fahrrad, ob mit Ente oder Esel - jeder will irgendwie voran.



Nur weil der Touri ein Foto macht, bekommt der Esel von seinem Treiber einen klatschenden Hieb. Der Eseltreiber will ja angeben damit, wie schnell sein Grauvieh laufen kann.



Die Ziege meckert lauthals, weil es ihr fern von der Herde auf diesem Viehtransporter zu einsam ist.



Auf dem Souk, dem Markt also, in Agdz und anderswo findet auch ein Vegetarier genug Lebensmittel. Ein Hin- und Rückflug nach Marrakech kostet 350 Euro, hat sich meine Frau daheim schon erkundigt. Bei bezahltem Flug, freier Verpflegung und Unterkunft hat sie einen guten Lohn, wenn sie täglich ein, zwei Stunden als Wisch-&-Waschbär mir hier hilft. Nach soviel Bild und Bericht noch selbst sich den Salat zu machen, fällt schon schwer!



Kreuzkümmel, Tajine-Gewürz sowie Anis aus Marokko bereichern schon meine Küche. Senf und Essig verkaufte mir ein Händler in irgendeiner schattigen Hütte.



Die schwarzen Oliven, die mir der Händler für 50 Cent verkauft, reichen mir wieder etwa eine Woche.



In ihrem früheren Leben dienten diese Bottiche als Gasflaschen. Im jetzigen Leben mit dem angeschweißten verschließbaren Ausgießer können sie - außer Gas - fast alles aufnehmen.



Staunend bewundert der Besucher, mit welchem Geschick der Metzger mit seinem Beil das Fleisch zerteilt. Esel und Ziegen in der Nähe sehen gleichgültig über das traurige Schicksal ihrer Artgenossen als Menschenfutter hinweg.



Auf dem Souk verkaufen auch Viehhändler ihre Ware. Dieser Kunde hat genug gekauft und fährt ab. Der Junge hinten will das Foto verbieten - vergeblich.

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