Einsame Fahrten durch weite Wüsten machen mir Lust auf meine Mima, meine Frau daheim. Entweder sie lässt sich zum Geburtstag einen Flug hierher und eine 14tägige Fahrt mit mir schenken oder sie kriegt eben nichts.
Telepolis berichtet aus Tripolis. Hallo! Ein Link. Mohammedaner fundamentaler Richtung begreifen Presse- und Meinungsfreiheit anders als Ungläubige. Für dies anregende Titelblatt, erstmals übrigens im dekadenten Deutschland veröffentlicht, soll der Verleger hinter schwedische Gardinen, wie viele Gesichter von Frauen hier hinter Schleider-Gardinen verschwinden.
Zahllose Muselmänner bevölkern die Kaffeehäuser. Keine Zeitung liegt aus. Man sieht auch selten jemanden, der Zeitung liest. Neben fünfmal täglicher rituelle religiöser Übung scheint Fernseh-Fußball im Kaffeehaus den Männern Halt und Unterhaltung zu geben. Religiöse Rituale beherrschen den Alltag. Religiöse Mantren konditionieren die Kinder von Geburt bis zum Grab. Mittels Druckkammer-Lautsprecher von tausenden Türmen mahnen Muezzins den Mohammedaner an seinen unverbrüchlichen Bund mit dem Propheten. Lesenwert dessen vierte Sure über die Weiber. Die fromme Tradition ist allgegenwärtig. Es bescheicht mich ein Gefühl, als bewege man sich in und durch ein Netz zäh klebriger mittelalterlicher Wertvorstellungen. Dämpfend und dumpf, immer unter Männern zu sitzen.
Der Muezzin als staatliches stabilisierendes Seditativ hält die Massen ruhig, solange Staat und Klerus sich einig sind. Sind klerikale und staatliche Macht sich einig, befrieden diese Kräfte die Massen selbst dann, wenn die Mangelwirtschaft nicht genug Nahrung, Wasser, Gesundheitsfürsorge, Bildung und Energie vorhält. Doch die Einigkeit zwischen Sakraler und Säkularer Macht bleibt brüchig. Fundamental-Klerikale zündeln mit Brandreden. Wenn die Massen weiter verelenden, rebellieren die Hungernden gegen Prunk- und Prass-Sucht ihrer verantwortungslosen Eliten. Klassenfragen wie immer nach Kassenlage.
Fussball in Zagora: Kleine Jungen spielen selbst. Ältere sehen Fernseh-Fussball im Kaffeehaus.
Die Moschee in Zagora unter einigen weißen Wolken: Zwischen 2003 und 2011 - berichtet "Le Matin Samedi/Dimanche 18-19 Fevrier" - seien "62 Moscheen für 370 MDH restauriert, 39 Moscheen für 270 MDH neu gebaut und eröffnet und 35 Moscheen für 294 MDH geplant".
Beim Strassenbau keine Schippe liegen. Ohne die enormen Investitionen in die Infrastruktur wäre ein Weg an den Rand der Sahara wie von Zagora nach M'Hamid noch Piste und für Wohnmobile kaum befahrbar. Auf dem Asphalt-Band rollt das Geld der Touristen - immerhin in der Saison von Oktober mit Mai.
"Produits Oasis de Zagora": Da bekommt der Vegetarier direkt neben dem Stand des Metzgers alles, was das Herz begehrt.
Eine Nebenstraße entfernt vom Luxus-Camping schiebt der Junge die Karre mit Sand zum Haus- oder Wegebau.
In einer Strasse wie dieser in Zagora hämmert ein Schmied an offenem Feuer sein Eisen.
Das Nachtleben in Zagora lockt mit bunt beleuchtetem Springbrunnen. Sogar zwei junge Frauen zeigten sich auf den Straßen, wenngleich die Kaffeehäuser den Fußball schauenden Herren vorbehalten bleiben.
M'Hamid for my Mimamai from her Macho-Man
Am Skype-Telefon hat meine liebe Frau es schon gehört: Entweder Du nimmst mein Geschenk zum Flug zu mir für einen Kurztripp von etwa 14 Tagen an oder Du bekommst fast nichts zum Geburtstag. Als "Frau von Welt", die Du mit mir nun schon so viele wunderbare Reisen unternommen hast, wirst Du es schaffen, einen Flug hin und zurück nach Marokko zu buchen, bei mir einzusteigen und mitzufahren. Die Wunder des Landes sind doch nicht mit dürren Wörtern und bunten Bildchen zu begreifen. Man muss es sehen und erleben.
Der Stausee in Ouarzazate speist den Fluss im Dra-Tal. Dessen letzten Tropfen versickern im Sand der Sahara in M'Hamid. Dass das Wasser einmal sogar den Atlantik erreicht haben soll, scheint mir unvorstellbar.
Es dreht sich doch alles um die Liebe. Um lieben zu lernen, sind wir getrieben, uns mit dem anderen Geschlecht zu verbinden. Frauen und Männer sehen oftmals die Welt, das Leben mit ganz anderen Augen an. Es ist ja nicht immer leicht mit unseren Liebsten, aber geteiltes Glück zählt doppelt, geteiltes Leid nur halb.
Auf der Passhöhe vor M'Hamid wandert mein Blick über die Wüste und entdeckt am Horizont die Palmenoase Tagounite.
Es geht ganz gut allein - ohne meine liebe Frau. Nach einem Monat im Land ist es für mich auch zu schaffen, was sie wie alltäglich als Wisch-&-Wasch-Bär mit leichter Hand erledigt: Der Wagen ist ausgekehrt, Wäsche hängt auf der Leine, mein Essen war köstlich. Meine Laune ausgezeichnet. wie zum Hohn aller Mühen kommt ein Wüstenwind und bläst Sand- und Staubwolken auf. Schnell sind alle Klappen geschlossen. Doch dabei beißen meine Zähne schon auf Sand. Der Boden im Wagen ist auch wieder sandig. Der Himmel bewölkt. In den Weiten der Sahara stauben Sandfahnen hunderte von Metern in die Höhe.
Endstation: Ab hier geht es nur noch mit 4x4-Antrieb oder Dromedar weiter. In alten Zeiten stand hier der Wegweiser: "50 Tage bis Tombuktu". Von meiner Aufbautür wandert mein Blick über die Wüste zu der Kamelkarawane.
Die knapp 100 Kilometer von Zagora bis nach M'Hamid mit Pause am Fluss war so recht nach meinem Geschmack. In zweieinhalb Stunden war diese Strecke leicht zu fahren. Zwar lässt das teilweise löchrige Asphalt-Band nur Platz für ein Auto, weswegen mich der Gegenverkehr meist ins Kiesbett zwängte. Aber wenn mein Weg mich nun schon das erste Mal und vielleicht nie wieder hierher führt, bleibt mir Geduld genug, den Gegenverkehr passieren zu lassen.
Wolfgang aus Shangai hat mir einen wichtigen Brief geschrieben:
Ja, Marokko hat einen Koenig (der Ferrari faehrt), der all die Dinge durchzieht, von denen Du gesprochen hast....jedoch haette ich der Fairness halber erwartet, dass eine Wertung erfolgt, dass dieses Land ins Verhaeltnis zu anderen islamischen Staaten gesetzt wird.
Dass die Leute arm sind, dass sie arbeitslos sind, dass die Kids wenig Perspektiven haben, ist nicht unbedingt Mohammed VI anzukreiden.
Marokko lebt, wie auch andere Staaten mit gleicher Religion, mit seinem bemerkenswerten Bevoelkerungszuwachs, der als Funktion eben Arbeitslosigkeit etc. kreiert. Mit dem Tourismus, Rohstoffexport, Fischfang, Landwirtschaft und Textilien, ist kein grosser Staat zu machen. Da hilft auch kein stetiges, gesundes Wachstum, niedrige Inflation und ein Freihandelsabkommen mit den USA (das Einzige in Afrika). Die Hartwaehrungseinkuenfte gehen weitgehend fuer Energieimporte drauf....
Um noch einmal auf Mohammed VI zurueckzukommen.
Er hat, im Gegensatz zu fast allen afrikanischen Staaten, eine Menge fuer das Volk getan, u.a. fuer die Rechte der Frauen und arbeitet auf die Eindaemmung der Korruption hin. (bloss....wenn der oeffentliche Dienst unterbezahlt ist...auch wegen Mangel an Mitteln....dann faellt Korruption fast zwangslaeufig an)
Es wurden Marktreformen eingeleitet, die vom IMF begleitet werden, die Infrastruktur wird ausgebaut und eine Freihandelszone und ein neuer Hafen in der Naehe von Tanger auf die Beine gestellt.
Das fuer mich weitgehend laecherliche Begehren westlicher "Blauaugenkranker", dass die Menschen dort doch endlich "Frei" sein sollten, dass "freie" Wahlen durchgefuehrt werden sollten, hat mit totaler Unwissenheit und mangelnder Akzeptanz von Realitaeten zu tun. Die tollen Freiheiten in Tunesien, Libyen, Aegypten, Irak etc. sollten eigentlich zu denken geben. Wenn man noch mehr fundamentalistische Staaten haben will, sollte man noch mehr auf diese verkannte "Freiheitspauke" hauen.
Damit jeder weiss, auf welcher Seite ich da stehe>>> Mir ist ein Ferrari fahrender Koenig 100x lieber, als ein "demokratisch" (und von saudi-arabischen Potentaten und Terrorismusunterstuetzern finanzierter) gewaehlter Fundamentalismus, der nur eines kennt...."zurueck marsch, marsch".... Wenn die Baertigen regieren hat Logik und Prosperitaet keine Chance mehr.
Wer meint, dass dann (nach freien Wahlen) Pressefreiheit und das ganze Programm an "Freiheiten" ablaeuft, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten...
Ich kann auch Deinen etwas latenten "Masochismus" nicht nachvollziehen, bei dem Du Dich als "well up Pensioner" bezeichnest, der im armen Marokko quasi "raeubert" und die Leute ausnutzt.... (entschuldige bitte, diese etwas harte und ueberspitzte Formulierung, aber das ist auch irgendwie alles sehr deutsch....das mit dem Masochismus), aber wie sonst meinst Du diese Bemerkung?>>"Als touristische Herrenklasse nutzen wir eine passende Infrastruktur, niedrige Löhne der Dienstleister sowie die starke Staats- und Schutzmacht, die das Hungerproletariat in seine Schranken verweist."
Ich wuensche mir, das Marokko weiter den Entwicklungspfad beschreitet, die Geburtenrate weiter zurueckgeht und sich in diesem "Low Cost Country" weitere Industrien ansiedeln, die die Arbeitslosigkeit daempft. Desweiteren wuensche ich mir Augenmass bei weiteren Reformen, hin zu einer "Balanced Society", wo sich jeder irgendwie wiederfinden kann....
Desweiteren wuensche ich mir Augenmass bei weiteren Reformen, hin zu einer "Balanced Society", wo sich jeder irgendwie wiederfinden kann....
Was ich mir nicht wuensche ist, dass Marokko ebenfalls in den Fundamentalismus abgleitet...das hat dieses schoene Land nicht verdient....
Das mal als kleine Bemerkung am Rande...
Weiterhin gute Reise und etwas dickere Nerven (sonst verordne ich Dir mal Nigeria,
Senegal, Bukina Faso etc....Nach solchen Laendern findest Du alles wieder prima...)
"Man muss mal ganz unten gewesen sein, um zu beurteilen und eine Perspektive zu bekommen, wie es ein paar Etagen weiter oben aussieht"
Weiterhin gute Reise und etwas dickere Nerven (sonst verordne ich Dir mal Nigeria,
Senegal, Bukina Faso etc....
Alles Gute et bon voyage...
Wolf
Diesem bemerkenswerten Brief, kann man als reisender Europäer, eben als "touristische Herrenklasse" nur zustimmen. Man muss dem zustimmen - im eigenen Interesse. Auch ist dem König und den herrschenden Eliten nur zu wünschen, dass sie die Reformen voran bringen.
Allerdings erinnert mich die Fahrt durch das Land und vor allem die krasse Kluft zwischen Arm und Reich an meine Persien-Fahrten 1976, 77 und 78. Damals waren wir als weltfremde, unerfahrene Studenten in lautem Protest gegen den als Operettenpotentaten geschmähten Kaiser von Persien im Widerstand vereint. Die Demo, bei der Benno Ohnsorg erschossen wurde, war gegen den Schah.
Auch der Schah versuchte, die Mittelschicht zu stärken, das Land zu reformieren. Wie dies ausging, wissen wir. Wie die Herrschaft von M6 weitergeht, weiß kein Mensch. Es ist - nach meinem Gefühl - wie damals in Persien ein Wettlauf gegen die Zeit. Was sich der angeblich reichste Mann, S.M. M 6 leistet, das verübeln ihm die Bärtigen "westliche Dekadenz". Wenn 20 Prozent im Land, laut dem Bericht bei Heise zur Wahl vom November 2011, von einem Dollar pro Tag leben müssen, sammelt sich sozialer Sprengstoff. M 6 und seine herrschenden Elite sind wie wir, die Touristische Herrenklasse, reich genug, ohne Gott gut zu leben. Die Bärtigen haben nicht viel mehr als ihren Gottglauben. Das ist ihr Fundament, ihr Fundamentalismus.
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