31 März 2012

Von Kenitra am Atlantik nach Oued Laou ans Mittelmeer

Sehnsuch nach Europa, Heimweh. Genug von den staubigen Straßen. Genug von wahnwitzigen Fahrern in Autos, auf Mopeds und Fuhrwerken, die bar aller Vernunft und entgegen allen Regeln kutschieren. Genug vom Müll. Genug von ausgerissenen Steckdosen mit lose hängenden Drähten. Genug von triefenden Wasserhähnen. Genug von brennendem Plastikmüll. Genug von versauten Toiletten. Genug von Schlaglochstraßen. Genug gejammert!

Der geneigte Leser wird sich denken, wieso sich der ruhelos Reisende denn tausende Kilometer plagt? Wieso bleibt er nicht einfach daheim? Wieso genießt er nicht seine Ruhe,  liest morgens die Zeitung, glotzt abends TV und trinkt sein Gläschen Rotwein im Sessel? Die Antwort: Was Du im Stress Dir verdient hast, musst Du im Stress wieder ausgeben. Im Schweiße Deines Angesichts sollst Du durchs Leben reisen, schreibt schon die Heilige Schrift. Mein Freund Wolfgang aus Shangai musste gar noch nach dem Ende seine Karriere bei Mercedes, Abteilung Lastwagen, sich bei den Chinesen verdingen. Dort stemmt er - statt als ruhiger Rentner zu reifen, das chinesische Lastwagengeschäft. Wozu? Er kommt so im Abklingbecken zur Ruhe! Absurd, aber so ist es.

Zurück zum Text: Was ist das Beste in Marokko? Meine Tempel, meine Kult- und Kulturstätten sind nicht die Kasbahs, die Museen, die stickig, staubigen Souks, meine Tempel sind Marjane-Kaufhäuser!


Marjane Mohammedia: Einmal führte mich meine Pilgerreise per Fahrrad, einmal per Pedes in den Konsumtempel.



Marjane Kenitra, köstlicher Konsumtempel: Hier besorgen Reisende wie Reiche in andächtiger Stille  fast alles für den leiblichen Bestand, ohne mit Hochleistungs-Händler feilschen zu müssen.




Marjane Meknes: Gestern lagerten die französischen Freaks im langen grünen LKW mit Freundinnen, Hunden und Flöhen noch am freien Stellplatz bei Volubilis, heute konsumurien sie im Kulttempel.. 
Mittlerweile zieht mich jeder Marjane-Konsum-Tempel magisch an. An der Umgehungsstraße von Rabat Richtung Norden liegt Marjane auf der anderen Straßenseite. Macht nichts. Kehrt, marsch, marsch. Ein Hauch von Europa, Sauberkeit, Ordnung, Organisation. Diese gut-deutsche Gewöhnung genießt Marjane mehr als staubige Straßen, lehmige Paläste, verölte Strände. Bei Marjane gönnt sich der verwöhnte Tourist einen Hauch von Europa und auf den kostenpflichtigen Autobahnen. Nach Hunderten, wenn nicht Tausenden Kilometern Schlaglochstraßen, ein Stück Autobahn für 50 DH zu genießen, ist ein ganz erhabenes Erlebnis. Der Wagen gleitet so ruhig dahin mit der auf Landstraßen schon schnellen Geschwindigkeit von 70, 80 Stundenkilometer. Unglaublich! Erst als Busse und Lastwagen überholen, wird mir langsam klar, dass die Walkuh, mein VW-Crafter, im sechsten Gang ja noch schneller fährt. Langsam steigert der Gasfuß das Tempo bis auf 100 Stundenkilometer. Traumhaftes, ruhiges Schweben. Wenn der Zustand der Landstraße es erlaubt, den sechsten Gang einzulegen, bist Du schon froh. Der sechste Gang greift ab 60 km/h. Geschwindigkeitsbegrenzungen, Verkehrszeicen wie Überholverbote vor unübersichtlichen Stellen - das ist hier alles nur Zierde. Wenn die Verkehrsplaner wirklich etwas von Dir wollen, wie Tempo 25 vor einer Behelfsbrücke mit lose liegenden Brettern, dann zementieren sie auf der Fahrbahn Hemmschwellen ein, dass schon bei Tempo 30 der Wagen in die Federn kracht. Sind nur auf der Gegenfahrbahn Hemmschwellen wie vor einem Fußgängerübergang, dann fährt Dir der Gegenverkehr voll in die Spur, um sein Hindernis schneller zu umfahren. Wer aber seine schwere Bonzenschleuder aus Ingolstatt, München oder Stuttgart kaum beherrscht, zitternd am Lenkrad schwitzt, der muss sicherlich noch telefonieren beim Fahren. Was aber dem Faß den Boden ausschlägt, war bei der Entladung eines Kleinlastwagens mit Gasflaschen zu sehen und zu hören. Der Gefahrgut-Kutscher schmeisst einfach die Gasflaschen - holderdipolter - von der vergitterten Ladeflächen auf den Kies bestreuten Boden. Es waren zwar nur die kleinen Drei-Kilo-Flaschen, die dort von etwa zwei Meter Höhe knallten. Doch so wird klar, warum marokkanische Gasflaschen fast ausnahmslos verbeult sind.

Doch zurück zur Autobahn, einer europäischen Oase der Entspannung im marokkanischen Straßennahkampf. Zwar kommen Dir auf den Autobahnen gelegentlich Fußgänger oder Radfahrer entgegen, doch die halten sich zumindest am Rand. Die Autobahnen bieten zudem ein weiteres Highlight gehobener Lebenskultur: Raststätten. Toiletten sind sauber und gratis. Die Männer beugen sich betend geschmeidig in der Moschee, wie es Tradition, Anstand, Gewohnheit und ein bekennendes Bedürfnis erfordert. Ein Tankwart prüft rundherum Luft in den Reifen mit einer Maschine, die fünf Bar laut Anzeige in die Reifen drückt.

Und wieder Marjane. Pizza Hut: Für den Genuß der gebratenen Kartoffel-Ecken stellt der Kellner eine ganze Flasche Ketchup auf den Tisch. Dafür zahlt der Hungrige doch gern 12 DH, wenn dazu noch das Fett verträglicher ist als beim Schnellimbiss an der Straße. Der liefert für vergleichbares Geld noch einen frisch gepressten Orangensaft dazu. Crepes mit Nutella und Orangensaft bei einem Imbiss, dazu die Lektüre der königstreuen Kult-Zeitung Le Matin. Hochgefühle für meine europäische Konditionierung. M 6, Kurzform für König Mohammed VI, glänzt gleich in drei Farbbildern in der Wochenendausgabe, fast immer mit dem gleichen Textbaustein im Vorspann:

"Sa Majesté Roi Mohammed VI, que Dieu L'assiste..."

hat wieder ein soziales Hilfsprojekt mit "1874 logements sociaux" eingeweiht, hat "accompli la prière du vendredi à la mosquée Ba Arrayane à Hay El Hassani à Casablanca", also vorbildlich, königlich seine Pflichten als Ersten Muselmann im Staat erfüllt. Ein Europäer mit Euro lebt hier selbst wie ein König und liebt schon deshalb den König, der für Ruhe und Sicherheit sorgt. Ein Europäer gibt hier großzügig dem Tankwart 10 DH, knapp einen Euro, dafür, dass dieser vier Reifen mit Luft füllt. Zunächst freut sich der ölgetränkte Latzhosenmann. Einen Wimpernschlag später klagt er gekonnt über Krankheiten, seine Frau, kleine Kinder, und erbittet noch ein Geschenk. "Mir gäbbn nischt mehr...", was denkt der sich?.


Wie Touris auf Kamelen so ergötzen sich die Burschen auf den Quads. Girls wonna have fun..
Der Strand von Kenitra ist meilenweit, sandig und schön. Selbst die Vermüllung ist zumutbar..
  
Im Moment bringen mich keine 10 Kamele mehr in eine Kasbah, auf einen Marktschreier-Souk  oder in eine stickige Medina., diese verwinkelten Altstädte mit Unmengen finsterer Sackgassen, aufdringlichen Händlern und Kamikaze-Fahrern auf Mopeds.

Mein Bruder mahnt mich mit gutem Recht:

"es liest sich oft etwas vergreist und vergrätzt... mach mal ein paar schöne Landschaftsaufnahmen
immer nur dat Elend, Elend haben wir selber genug"

Ja, Recht hat, der gute Mann in seinem Garten voller Frühlingsblumen, wovon hier die Gärtner nur träumen. Weiter meint er besorgt: "take care und reg dich nicht immer so auf"

Da verhilft mir doch der Zivilisationsforscher Gunnar Heinsohn zu entspannender Erkenntnis:




Was der Mann schon vor Jahren im Fernsehen sagte, gewinnt geradezu prophetische Gewißheit angesichts der Arabellion, Kriegen und Bruderkriegen im Irak, Afghanistan, Lybien, Syrien und drohend auch im Iran.


Etwas so Einleuchtendes und Entspannendes, um  unsere gleichsam festlich feiernde Festung Europa zu verstehen, wurde mir schon lange nicht mehr geboten. Unbedingt sollte sich der Leser diesen Film von Gunnar Heinsohn gönnen:




Sollen sie sich im Maghreb, in Afrika, in Asien Waffen verschaffen, soviel sie kaufen oder stehlen können. Sie erledigen sich selbst damit. Todsicher. Nur wenn sie die Versorgungswege unserer Rohstoffe stören, dann müssen unsere jungen Menschen darum kämpfen. Gibt nur nicht soviele mehr, die Lust auf den Heldentod haben. Gegner gibt es genug, neue wachsen täglich nach. Mit Hightech-Joysticks feuertrunken steuern die Computer-Nerds tödliche Drohnen vom bequemen Sessel ins Ziel. Die smarten Krieger sehen am Bildschirm, in der Hand ihren Lustgriffel, kein Blut, keinen Schweiß, keine Tränen. Völlig verspannt im Hier+Hetz steuert der gegelte Gutmensch die tödlich brummende Bombe gegen den bärtigen Bösen.

Nur die Heimat-Front im assymetrischen Krieg macht mir Sorge. Völlig Verrückte versprechen sich einen paradiesischen Premium-Platz zum Poppen, wenn sie sich für die "Gute Sache" opfern. Man muss schon Zivilisationsforscher sein, um das sinnvoll zu erklären. Klasse erklärt er die krause Kriegs-Kakaphonie.


Philosophisches Quartett mit Sloterdijk und Heinsohn von 2006 bei YouTube - aktueller denn je!

http://www.youtube.com/watch?v=IDUS-7BuCJc
Für hiesige Verhältnisse war der Samstag diesig. Es hat sogar geregnet. Wenige Tropfen fielen für zwei, drei Minuten. Gerade genug, um die Scheibe mit staubigen Wasserkreisen zu zieren, die sogleich antrockneten. Die Fahrt vom Meer in Mohammedia ans Meer bei Kenitra ist dank eingestreuter Autobahnabschnitte ein Kinderspiel. Dazwischen wieder mal ein Gaswerk , das keine Flaschen füllt. Der Service für ein Individuum erscheint mir auch nachgerade absurd, wenn Lastwagen voll beladen mit verbeulter Marokkanischen Flaschen auf Abfertigung warten. Dass überhaupt diese voll gestapelten rollenden Himmelfahrtskommandos auf den Schlaglochstrecken unbeschadet fahren, ist wohl auch nur der Güte Allahs zu verdanken. Dass die Technik allein Hunderte solcher maroden Blechbehälter dicht halten soll, ist schlichtwegs unvorstellbar.



Im diesigen Abendlicht fahren viele Männer auf dem klapprigen Schiff gegen die Wellen zum Fang hinaus.




Die Rover-Fahrer im Dachzelt sind in vier Wochen schon einmal rum um Marokko. Als nächsten Kitzel brauchen sie das Visum für Mauretanien aus Rabat. Der CP Mehdiya Plage bei Kenitra braucht eine grundlegende Renovierung. 

Die schwüle, drückende Luft am Atlantik, wo zu baden mir zu schwierig ist, lässt mich den Ort wechseln: Bei Moulay Idriss Zerhoun hat mir schon anfangs der Platz Belle Vue gefallen. Diese 120 Kilometer von Kenitra stehen also an, was bei den Straßen recht gut geht. Den einzig brauchbaren Pausenplatz zur Mittagszeit im Schatten von Bäumen verderben mir bettelnde, aufdringliche Kinder.




Der Platz wäre prima zur schattigen Pause unter den Bäumen. Doch die Kinder kommen wie eine der sieben Plagen des Herrn und jagen mich weiter. Im Hintergrund fährt der Marrakech-Express - oder ein anderer Zug.

 Gaskauf in Meknes

Gut erholt vom ruhigen Abendspaziergang in der herrlichen Landschaft rund um den ruhigen CP Belle Vue startet der Tag.



Mein Bruder wünscht sich schönere Landschaftsbilder: Mein Blick fällt beim Abendspaziergang vom Hügel hinter dem CP Belle Vue auf ein kuscheliges Bergdorf.


Zwei junge Männer sind tagein, tagaus damit beschäftigt, ihre Herde aus Schafen und Ziegen abends heil heim zu bringen. Tausende, Männlein wie Weiblein, zwischen acht und achtzig  jobben als Hirten.

Vom Paradiesplatz Belle Vue bei Moulay Idriss zeigt das Navi nur noch 25 Kilometer bis zum Gaswerk in Meknes. Das Werk verkauft wirklich Gas, Propan sogar, dass aus den Lüftungsgittern des Kühlschranks nun nicht mehr diesen beunruhigenden Gasgeruch verbreitet. Gern zahlt der reiche Reisende 140 DH für die Füllung. Die letzte Füllung vom 14.02. in Erg Chebbi mit Butan-Gas kostete hingegen nur 40 DH - knapp vier Euro.


Mit solchen Zäunen von Kakteen schützen sich vor 40 Jahren fast alle Dörfer, an denen mein Weg vorbei führte.

Moulay Idriss Zerhoun: Wie am Beginn der Marokko-Rundfahrt zieht es mich zu der Heiligen Stadt, ohne das für Ungläubige verriegelte Heiligtum einer  weiterer Wallfahrt zur würdigen.

Aus dieser Gras und Baum bewachsenen Hügel führt mein Weg am Rif-Gebirge in Richtung Norden, Richtung Mittelmeer. Die Ruhe, bunte Blumen neben stacheligen Kakteen, der Schatten eines Baumes, der die Temperatur im Auto bei allen geöffneten Luken und Fenstern unter 30 Grad drückt, der Platz Belle Vue hat durch diese Reize sich schon vier Urlaubsnächte verdient. Auf nach Norden: Die gefüllte Gasflasche heizt bei kalten Nächten in den Bergen. Jetzt, wo wieder genug Gas da ist, ist selbst am Morgen keine Heizung nötig. Am Nachmittag kann man von Glück sprechen, wenn die Temperatur im Wagen unter 30 Grad bleibt.

26. März: Endlich Gas - sogar Propan - bei Meknes für 140 DH, Rechnung neben dem Zeitungs-Bild von M6 aus meinem favorisierten Königs-Kult-Blatt "Le Matin"
Von Moulay-Idriss nach Ouazzane: Der Blick über den Kakteenzaun schweift über grünes Land. 100 Kilometer Landstraße in Marokko reichen mir - mehr als genug.


 Oued Ouargha: Wer genau hinsieht, bemerkt rechts blaues Wasser im Bild. Über eine Brücke zu fahren, unter welcher Wasser fließt oder steht, ist hier selten. Endlich mehr Wasser, mehr Grün, mehr Vieh.
 Beim Rif-Motel vor Ourazzane liegt ein an seiner Kif-Pfeife saugender selig im Schatten eines Orangenbaumes. Nachdem mir die Ruhe zuviel wird, der Teer von der Hitze aufweicht, zieht es mich zum Shopping und Sightseeing fünf Kilometer weiter nach Ourazzane. Das Büchlein "Mit dem Wohnmobil nach Marokko" von Riel-Takada schwärmt von den günstigen Wollwaren dort. Das Städtchen liegt malerisch am Berg in der Nachmittagssonne.


Die Mittagshitze liegt noch in den Gassen von Ourazzane. Deswegen sind noch viele Shops geschlossen.


Die Haustür vom Haus Nummer 59 schmückt sich mit eindrucksvollen Ornamenten.


In farbigen Gewänder bringen die Damen einen Lichtblick in die Landschaft.


Wasser ist kostbar, so wertvoll wie der Brunnen.

Auch meine Kauflust konnten die feinen und gerühmten Stoffe von Ouarzzane befriedigen. Die füllige, freundliche Verkäuferin verkaufte mir eine Jacke für 150 DH. Der Preis schien mir so korrekt, dass keine Lust zum Handeln kam. Geschäftstüchtig bot mir die Dame hölzerne Kugeln an, um die Bänder der Jacke leichter zu schließen. 20 DH. Während ihr Mann die Holzknöpfe befestigte, lud mich der Plastikstuhl zum Verweilen. Mein Blick fiel auf eine weitere Jacke für meine Frau daheim. Diesmal sollte sie 20 DH billiger sein, weil es ja schon mein zweiter Kauf war. Nachdem auch an dieser Jacke für 20 DH die Knöpfe angebracht waren, war der Rabatt allerdings irgendwie wieder vergessen. Also bescherte ich den freundlichen Verkäufern einen Umsatz von 340 DH, genau gerechnet 32 Euro. Die Jacke duftet noch nach Schaf im Auto. Die alte Strickjacke blieb beim Manager des Campingplatz Rif Motel zur freien Verwendung.


Motel Rif in Ouazzane: Ruhige Nacht nach kürzer Anreise


Fahrt ins und durch das Grüne: Von Ouarzzane nach Chefchaouen

Chefchouaen - die Blaue Stadt in den Bergen






Chefchaouen - blau, blau, blau
Campingplatz Chefchaouen: Abenteurer aus Frankreich


Blick vom Campingplatz auf Chefchaouen


Burg Chefchaouen


Center für Frauen in Chefchaouen


Selten zu sehen: Eine Schaufensterpuppe in der Medina von Chefchaouen


Prachtbau in Chefchaouen mit Teppich



"Blaulicht" in Chefchaouen



Anstrich in Blau in Chefchaouen

Kerker im Kashbah-Museum Chefchaouen

Blick vom Turm im Kasbash-Museum Chefchaouen



http://www.youtube.com/watch?v=IDUS-7BuCJc

Stundenlange Vorträge von YouTube auf dem CP Azilil in Chefchaouen


 

Blaue Treppe in Chefchaouen


 


 

Unimog mit Bimobil-Aufbau


 


Fahrt durchs Rif-Gebirge nach Oued Laou


Das Meer kommt näher



Das Meer ist da in Oued Laou - das stille Mittelmeer ohne viel Wellen


 


 

Im dampfenden Tontopf gibt's "Kleine Fische"


 

Die FPÖ geht in Tirol auf Stimmenfang.
Marokko klagt gegen/wegen Volksverhetzung.


Zurück zu meiner lieben Frau daheim


23 März 2012

El-Jadida - Casablanca - Mohammedia

Ein bedrückender Tag. Selbst bei strahlender Sonne. Unter Palmen. Am Meer. Ein bedrückender Tag. Der verlotterte Campingplatz gibt Ruhe und Sicherheit. Strom. Wasser. Sanitär - sehr saumäßig. Einige Franzosen überwintern hier wohl letztmalig vor dem Alten- und Pflegeheim. Einer mit Höhrgerät, ein anderer zittert so, dass er nicht den Stecker in die Dose bekommt. Seine Frau hilft. Die jüngeren Grau- und Glatzköpfe spielen mit schweren Eisenkugeln. Der zottelhaarige Freak im verrotteten Kleinbus transportiert sich, zwei große Hunde und ein altes Motorrad. Der MAN-Allrad-LKW hingegen ist etwa zwei-, dreihundertausend Euro wert.



Der MAN-Allrad-LKW ist nicht unter einer sechsstelligen Summe zu bekommen.

In der Stadt stört mich Schmutz, Gedränge, Lärm. Die Pommes Frites sind zwar frisch aus Kartoffeln geschnitzt, aber das Fett ist schwer verdaulich. Bei 15 DH mit frisch gepresstem Orangensaft isst man preisgünstig, wenn es denn bekommt. Wir essen mit den Fingern. Es sitzen im Imbiss an der Straße die Reicheren, Jüngeren, die noch alle Zähne haben. Verknitterte Gesichter mit zerrissenen Kleidern und Schuhen schieben sich durch die Gassen und grinsen aus zahnlosen Mäulern. Katzen schweifen hungrig umher. Ganze Mäusefresser-Familien sonnen sich an stilleren Plätzen. Mütter schieben ihre Kinder in den Schutz ihrer dunklen Behausungen durch den staubigen Schmutz. Eine verliert das Rad vom Kinderwagen, steckt es ein, und balanciert das Gefährt auf der Hinterachse. Meine miese Laune wird durch die Kriegsberichterstattung bei SPON schlechter und schlechter.



SPIEGEL titelt unerträgliche Kriegshetze.

In El-Jadida läuft mir die Galle über. Diese Drecksjournaille bei SPON ist nicht mehr auszuhalten!



Die Drecksjournaille dämonisiert mit pervertierten Lügen den Iran.

Dazu konträr schreibt Qualitätsjournalismus zeitgleich:

http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/maerz/daemon-iran

Der Tag vergeht, diesen unbekömmlichen SPON-Artikel mit meinen Leserbriefen im Forum zu fluten. Anderntags schneidet ein anderer Zensor meine Meinung rigoros raus.



Und immer so weiter, mit Fehlern, getippt, gesendet.





Bevor die drohende Kriegskontroverse unseren Ölpreis durch die Decken schießen lässt, betrachten wir lieber wehmütig die spritsaufenden Dinosaurier der Wüstenwege.











Derweil die Militär- und Mordexperten im Sandkasten den Erfolg ihrer Bomben-, Panzer- und Drohnenangriffe berechnen, morden "Einsame Wölfe" wie in gerade in Toulouse. Wer noch das Fahren zahlen kann, fährt weit, weit weg.


















Es bringt nichts, meine Fingerübungen von der Willkür des Zensors bei SPON vernichten zu lassen. El-Jadida liegt hinter mir. Die Küstenstraße bringt neue Eindrücke. Das Land wird grüner und grüner. Kühe grasen sogar, diese großen Tiere, welche mehr Futter brauchen als die überaus genügsamen Schafe und Ziegen. Bei der Pause am Meer liegt Casa in Sichtweise. Das Minarett der Mega-Moschee zeichnet sich in mehr als 30 Kilometer Entfernung klar ab. Abgehärtete junge Männer stürzen sich sogar kurz in die braun-grauen Wellen. Mein Körper ist zu schlaff für diese Übung.



Meeresblick aus meiner Aufbautür in Dar Bouazze vor Casa: Mein Körper ist zu schlaff, sich wie die jungen Männer in die nahen Fluten zu stürzen.



Von Dar Bouazze bis zur Moschee sind es noch über 30 Kilometer. Doch das Minarett ist schon deutlich zu erkennen - selbst noch auf dem Foto.

Es reicht mir, mich auf den geräumigen Campingplatz Oasis Dar-Bouazza zu verziehen. Immerhin stehen auf dem großen Gelände nur zwei Plastikbomber. Es herrscht Ruhe im Land. Endlich gibt es auch wieder einmal - gegen Aufpreis - eine warme Dusche. Nach einer Nacht am Flughafen Marrakech, zwei Nächten in Safi, einer weiteren in Oualidia und dann nochmal zwei in El-Jadida sehnt sich der Körper danach, den angesammlten - auch psychischen - Dreck abzuspülen. Die ländliche Gegend in Dar-Bouazza lässt mich auch noch nicht das Slum-Elend von Casa spüren, welches dort ein gefährliche Gemengelage braut.



Die Vogelscheuche im Minzfeld flattert mit dem Plastiktüten-Kopf. Das Feld duftet stark nach frischer Minze. 30 Kilometer vor Casa erzeugen die Bauern viel für die Millionenstadt.





Zwischen Minz- und Getreidefeld darf sich der angebundene Esel am Grasrand satt fressen.



Vor dem roten Haus dürfen die Dienstboten im gelben Haus wohnen, im hinteren Blechschuppen hausieren die Tiere.






Der Iran liegt jetzt im Fadenkreuz der Kreuzritter. Jahrlang fallen Bomben in Afghanistan, ohne dass die Aussicht steigt, dort Bodenschätze auszubeuten. Die Infrastruktur in Lybien, dem Irak liegt zerbombt am Boden. Blut fließt im Bruderkrieg in Syrien. In Pakistan sind Attentate alltäglich. Die Straßenreinigung kommt kaum nach, Plätze und Straßen vom Blut der zerrissener Opfer zu säubern. Staats- und Geheimpolizei auch mit westlichen Waffen knechten und knebeln die aufständige Opposition in Bahrein. Die Schergen des Saudi-Arabischen Sklaverhaltersystems stehen mit Rat und Tat zur Seite, gut vernetzt mit CIA-Experten. Keiner kann mit Schaufeln und Hacken gegen Leopard-Panzer anrennen. Panzer planieren wie Straßenraupen die Barrikaden. Ohne unser Öl unter deren Sand sind westliche Sozial-, Renten- und Gesundheitssysteme nicht mehr zu finanzieren. Kultur schon garnicht. Also ist Krieg unausweichlich, wenn unbotmäßige Politiker unserer Rohstofflieferanten aus dem Diktat westlichen Wirtschaftens ausbrechen. Blut für Öl ist das Kern- und Kriegsgeschäft.



Die Schafe am Strick haben auf der dürren Weide nur einen sehr begrenzten Bewegungsraum. Der Strick ist an einem schweren Stein angebunden, das Schaf am Fuß.



Ein Netzwerk befreiender Gedanken verbindet Gleichgesinnte.Die Mail aus Shangai bringt mehr Licht ins Dunkle.




Hi Erhard,

wenn man diesen Wikipedia-Bericht liest, hat man das Gefuehl, dass er gerade weitergeschrieben wird und zwar mit dem selben Realitaetsverlust wie die US- Kriege vorher....und dieses Manoever.

http://de.wikipedia.org/wiki/Millennium_Challenge_2002

Ob Vietnam, Irak, Afghanistan....alle Kriege wurden verloren....und nachher in Hollywood wieder gewonnen....die Grenzen zwischen realem Sterben und Leiden und ordinaeren Ballerspielen haben sich in Amerika beizeiten verwischt/vermischt. Die USA bilden heute mehr "Realballerer" aus als Kampfpiloten. Die Jungs sitzen irgendwo in Amerika und steuern Drohnen mit ihren "Joy"-Sticks ("Joy"=Freude, Entzueckung...) und werden Herr ueber Leben und Tod, ganz ohne direkte Skrupel und Kontakt....
Es gab aber auch Gewinner bei diesen o.g. Kriegen,... der militaerisch-industrielle Komplex machte den Riesenreibach und der Verdacht liegt nahe, dass er auch jetzt wieder die Finger gaaanz tief drin hat. Natuerlich nuuuuuuuuur, um das Boese in der Welt auszurotten.....als Welt-Bully MUSS man das einfach. Bemerkenswert an der Sache ist nur, dass es sich immer (vordergruendig) auch um was Lohnendes handeln muss. Oel, Resourcen etc. (ja, auch in Vietnam und Afghanistan. VN hat "Seltene Erden, hat Oel...Afgh. hat riesige Erzvorkommen, Lapislazuli etc. an die die Chinesen gerade herankommen, hi hi....Die Einen schiessen, die Anderen machen die Geschaefte...)

 "Well, they're working on it, to find a smoking gun" gegebenenfalls raucht die eigene Gun, es soll ja nur "a"=eine, rauchende Waffe gefunden werden, oddr?

Ich sehe diesem Treiben der Kriegshetzer mit Abscheu zu und kann mich nur noch wundern, wie der "Israelische Schwanz mit dem amerikanischen Hund wedelt"...eine bizarre, einmalige Situation. Nethanjahu ist fuer mich derjenige, der alle Register zieht, damit es knallt, wohlwissend, dass die juedische Phalanx in Amerika voll hinter ihm steht....ein Staat im Staate, (wenn man sowas in Deutschland sagt ist man antisemitisch, weil alles gegen Israel antisemitisch ist.) Israel und in Deutschland der Zentralrat, definieren die Inhalte und Deutschland kuscht...wie immer.

Keine Waffen in Kriegs- und Krisengebiete? Ja...aber...U-Boote an Israel bilden die Ausnahme, dort ist ja keine Krise....oder sieht da jemand eine????

Wir, die Koeter, bellen wieder...noch ganz ohne Maulkorb. Oder sitzen wir bereits in der ganz grossen Gummizelle, bei der man den Insassen ihr Gebrabbel laesst, weil es eh irrelevant ist und man sowieso macht was man will....

Wie heisst es beim Psychiater: "Ist ja gut, wir haben ja drueber gesprochen"

Mach's weiterhin gut und melde Dich wieder.

Viele Gruesse







Eine 22köpfige Touristentruppe hat die 28 Tage Tour durch Marokko für 2000 Euro gebucht. Ein dreiköpfige Mannschaft von www.hotelbus-reisen.de versorgt die Reisenden - hier auf dem CP Oasis International von Dar-Bouazze.






Es ist ja nur ein Katzensprung von Dar Bouazze zum Parkplatz an der Moschee Hassan II. Auf die Kohlbach-Koordinaten ist Verlaß. Allerdings ist es wohl keine so gute Idee, in der morgentlichen Rush-Hour durch Casablanca City zu fahren. Der Höhepunkt im dicken Verkehrsbrei erreicht mich, als ein Mopedfahrer mit seinem Integralhelm meinen Beifahrerspiegel nach vorn kickt. Der Knallkopp - im wahrsten Sinn des Wortes - kann nicht schnell genug zwischen den eng stehenden Autos entlang schrammen. Aber nach schweißstreibenden Stunden ist es doch geschafft. Das Werk des Königs und seiner Steuerzahler im Missionauftrag von Allah steht stein-gewaltig am Meeresufer.



Man darf sich von den Dimensionen auf dem Foto nicht täuschen lassen. Die Walkuh im Vordergrund ist drei Meter, das Minarett 200 Meter hoch - das Höchste weltweit.



Es muss ein heilig-erhebendes Gefühl sein, aus den Lehmhütten, den Slums der Vorstadt in diese gigantische Halle zu pilgern, um mit Tausenden seine rituellen Gebete zu teilen.



Der Mensch fühlt sich - und soll sich - klein fühlen angesichts dieser überwältigenden Sakralarchitektur, gebaut im Namen und Auftrag des Königs - 1987 bis 1993.



Zu Ehren Allahs darf nichts zu teuer, zu kostbar sein - und der König ist Allahs oberster Diener.



Um sich die gigantischen Ausmaße dieser Pforte vorstellen zu können, vergleiche man sie mit der Größe der Gestalt im Vordergrund.



Wenn in Europa heute noch Kathedralen wie im Mittelalter gebaut würden, wären diese mit der Moschee Hassan II vielleicht vergleichbar. Doch der mohammedanische Sakralbau ist noch keine 20 Jahre alt.



Gleich mit der ersten Führung um 9.00 Uhr morgens strömen verschiedene Gruppenführungen in deutsch, englisch, französisch und italienisch in die Heilige Halle.



Das tonnenschwere Deckengewölbe lässt sich hydraulisch in vier Minuten öffnen.



Zum Erstaunen aller öffnet sich die Decke. Der Blick gleitet über das Minarett gen Himmel. Eine Schar in der Moschee gefangener Tauben fliegt in die Freiheit.



Das Morgenlicht bestrahlt die kostbaren Materialen, Marmor, Lüster aus Muranokristall - und im Hintergrund zeichnen sich schemenhaft die Besucher ab.



Kristalleuchter wie Deckengewölbe sind von ausgesuchter Handwerkskunst und edelsten Materialien.



Diesem Torgewölbe dürften kaum kommende Jahrzehnte einen Zacken aus der Krone brechen.



Dass dieser Multimillionen-Moschee starker Polizeischutz gebührt, versteht sich von selbst. Sakral, säkular, sicher.



Zurück zur Straße: Dekra und BMW-Geländewagen sind auch in Casablanca zu finden.



Nach einigen Irrfahrten auf der Autobahn, die entstehen, wenn ein verträumter Fahrer das Navi mit falschen Koordinaten füttert, endlich wieder in Mohammedia auf dem kuscheligen Platz Said. So trifft man sich wieder: der Bremach stand schon in Immourane am Meer, als mir Wind und Hitze dort zu schaffen machten. Der Fünf-Tonner fährt in der Klasse ab 150.000 Euro.

Die beeindruckenden Daten und weitere Webseiten mit wunderschönen Bildern hier:

http://web.me.com/canbabuda/WELTWEITunterwegs/Willkommen.html





Der Radausflug vom gepflegten CP Said nach Mohammedia endet im Einkaufszentrum Marjane. Europäischer Luxus macht den Nordafrika-Urlaub angenehm, um nicht zu sagen: erträglich. Daheim ist Frühling, weniger staubig, weniger laut, weniger Gedränge.



Genz hartgesottene Rentner schrauben sich ein Dachzelt auf ihren Allrad-SUV. Am Abend sitzen wir drei Rentner beim Fußballfernsehen Bayr. München gegen Gladbach im Bremach - Bayern gewinnen nach 11-Meter-Schießen. Mich langweilt es so, dass es mich nur bis zur Ende der ersten Halbzeit in der lauschigen Rentner-Runde hält.





Schöner wohnen bei Mohammedia am Meer - nur fehlen noch die Bewohner.



Der Rastaman wohnt schon schöner in einem Verschlag am Strand seit 28 Jahren. Er beschallt den Strand mit Bob Marley. Den Strom schenkt ihm der Nachbar, ein Portugiese.



Endlich mal wieder ein Bad im Meer. Der berühmte, verrentete DPA-Pressefotograf holt das Beste aus seinem etwas dicklichen Modell heraus - aus mir :-) .








Zurück zu meiner lieben Frau daheim:

http://www.n0by.de/2/rst/mima/2012.html