Ruhelos rastlos sucht der Reisende einen Platz, an dem er sich heimisch fühlt. Jetzt steht seine rollende Klaus am Bauernhof. Sein Bauernboss gab ihm als vierundzwanzigjährigem Almhirte mit erster Ehefrau 1972 für drei Monate Heimat, bevor das Paar im geschenkten Heinkel-Roller nach Marokko brauste. Ein weiteres Mal erholte sich mein Körper 1976 in diesem Alm-Asyl nach achtmonatiger Indien- und Asienreise. Nach Navis und auf die Alm zieht es mich immer wieder hin.
Der Sommer nimmt Abschied mit erstaunlich warmen Sonnentagen. Noch ist unklar, ob sich vom Sommer auch wieder ein Abschied von der kalten Heimat abzeichnet.
Partenkirchen feiert im vorletzten Septemberwochenende ein Straßenkunstfestival. Viel Klamauk, viel Musik, viele Menschen tummeln sich einen fröhlichen Tag lang in den engen Straßen.
Meine Frau hat dort viel Spass und schickt per Whatsapp Bilder von beeindruckenden Kunststücken der Musiker, Clowns und Gaukler. Mir wäre das schnell zuviel.
Der Artist demonstriert, dass er solange fest im Sattel sitzt, wie sein Kollege es erträgt. Ist das nicht ein Symbol für Eliten in Politik, Medien, Kirche und Kultur?
Mir fällt es mehr als schwer, einen Tag unter so vielen Menschen zu verbringen. Mich zieht es in die Einsamkeit, um wie Don Quijotte auf seinem Ross Rosinante in die Einsamkeit zu reiten auf der Suche nach Abenteuern. Dabei sind die wahren Abenteuer in deinem Kopf, wie André Heller singt, "und sind sie nicht in deinem Kopf, dann sind sie nirgendwo." Ähneln Künstler, die uns Liedchen trällern, nicht Politikern, die mit ihren Lügen ein besseres Morgen versprechen?
… Mit sechsundsechzig Jahren, da fängt das Leben an
Mit sechsundsechzig Jahren, da hat man Spaß daran
Mit sechsundsechzig Jahren, da kommt man erst in Schuss
Mit sechsundsechzig ist noch lange nicht Schluss
Nach einer Woche in Garmisch-Partenkirchen, kurz GAP, zieht es micht nach Ehrwald, der erste Ski- und Erholungsort in Österreich hinter der Grenze.
Als meine Frau am Abend so begeistert und fröhlich von dem Straßenfestival berichtet, will sich Don Quijotte dieses Abenteuer nicht entgehen lassen.
Die Banda Storta Band begeistert mich. Fast hätten die Künstler mir zehn Euro für eine CD aus der Tasche gelockt. Doch daheim liegen noch Stapel von CDs, die noch nicht einmal alphabetisch sortiert und archiviert sind. Diese Wachsfiguren der vier Affen wären es wert gewesen, meine museale Beute daheim zu bereichern, weil es nicht wie üblich drei, sondern vier Affen sind. Doch die wahren Abenteuer sind im Kopf. Der Kopf, das Herz, die Sinne verdauen Eindrücke im Blog. Das reicht.
Wie mich Eindrücke bereichern, macht das alte Frauchen am Straßenfestival in Partenkirchen reiche Beute. Sie hat ihren Rollwagen vollgepackt mit Pfandflaschen, die im Getränkemarkt ihre Rente aufbessern.
Der Gaukler verdient sein Geld auf der Straße, indem er einen Stock gleichsam schwerelos schweben lässt. Gaukler auf Bühnen von Politik, Kanzel, Kino, Theater oder Sportstadien verdienen ein Vielfaches.
Der Herr begeistert sein Publikum mit feurigen Kunststücken. Feurig platzende Sprengkörper an vielen Fronten lassen uns daheim im Sessel vor dem Fernseher schaurig grausen.
Die fesche Dame im roten Kostüm hat auf den Hochradkünstler ihren Pfeil geschossen, der sich auf dem Ziel festsaugt. Das Ziel ist ein Toilettendeckel, der Pfeil trägt einen Saugnapf zur Toilettenreinigung. Wie in allem liegt auch darin tiefe Symbolik. Amors Pfeil trifft ins Herz wie der Saugnapf des Toilettenreinigers den Klodeckel.
Hier warnt ein Schild vor der Frau im Haus. Erstaunlich, dass sie dies erlaubt hat!
Mancher merkt nach der Wahl, was er sich eingebrockt hat.
Es ist traurig, aber wahr, dass man sich in trickreichen Stricken verfängt und fällt.
Selbst wenn eine Kumpanei nach der Machtergreifung von Notfallplänen fabuliert, solche Kumpane finden ihre Fans! Traurig, aber wahr. Die Brecht bringt es auf den Punkt:
Der Mensch lebt durch den Kopf
der Kopf reicht ihm nicht aus
versuch es nur; von deinem Kopf
lebt höchstens eine Laus.
Denn für dieses Leben
ist der Mensch nicht schlau genug
niemals merkt er eben
allen Lug und Trug.
Ja; mach nur einen Plan
sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch´nen zweiten Plan
gehn tun sie beide nicht.
Denn für dieses Leben
ist der Mensch nicht schlecht genug:
doch sein höh´res Streben
ist ein schöner Zug.
Dem "fotzn'spangler" geht die Arbeit nicht aus. Der deutsche Steuerzahler muass Nichtabschiebungsberechtigten nach 18 Monaten Duldung unter anderem ihr renoviertes Gebiss bezahlen.
Ja; renn nur nach dem Glück
doch renne nicht zu sehr!
Denn alle rennen nach dem Glück
Das Glück rennt hinterher.
Denn für dieses Leben
ist der Mensch nicht anspruchslos genug
drum ist all sein Streben
nur ein Selbstbetrug.
Ehrwald
Als meine Frau vom Morgenspaziergang kommt, sieht sie, wie ihr Don Quijotte auf E-Bike Rosinante in die Ferne flieht.
Körper und Geist müssen am grau kalten Sonntag 60 Kilometer auf E-Bike Rosinante durch die schöne Welt toben, in weiten Strecken am rauschenden Bergbach Loisach über Schotterwege rumpeln, bis vor Ehrwald der Radweg endet. Dann müssen sich Radler die Straße mit den Autos teilen.
Wie vertraut mir Ehrwald ist, wo meine alten Eltern immer wieder im Ehrwalder Hof luxuriös Urlaub verbrachten.
Heute reicht mir eine Parkbank am Ehrwalder Hof, um wie ein streunender Straßenhund aus dem Rucksack meine Brotzeit zu verzehren - Hauptsache allein, fernab aller Menschen.
Dass mich in jungen Jahren meine Füße bis auf die Sonnenspitze in Ehrwald getragen hatten, ist mir heute unvorstellbar.
Mit 75 Jahren erinnert man sich daran wie an Besteigungen der Zugspitze von der deutschen wie der österreichischen Seite. Doch jetzt wäre Training vor solchen Touren nötig, wenn sie überhaupt noch möglich wären.
Es ist kalt nach dem Essen auf der Parkbank. Selten nur kommt die Sonne durch. Bei elf Grad Celsius muss man sich auf dem Rad warm strampeln, Winterjacke und Weste schließen und den Nierengürtel von meiner Motorradfahrerei anlegen.
Die Kirche mit dem Denkmal der trauernden Witwe vor der bunt bemalten Fassade zieht kurz an mir vorbei.
Dann geht es wieder auf der Straße zurück nach Garmisch, die jetzt angenehm abfällt und eine schnelle Rückfahrt erlaubt. Kaffee und Kuchen gibt es zu röhrender Motorenmusik der Geländemaschinen abseits aller Häuser.
Noch durchpflügen die Stollenreifen der Rennmaschinen die Erde, springen im gewaltigen Bogen über die Kuppen der Hügel. Bis zur Verleihung der Pokale hält es mich nicht bei den mutigen Männern auf ihren Maschinen.
E-Bike Rosinante fährt vorbei an anderen Menschen, die ihre Boote schultern, um auf der Loisach mit Helm und wasserdichter Kleidung in Richtung Garmisch zu rutschen. Auch eine Dame ist unter den Sportlern.
Am Sonntag morgen hat eine schwere Maschine Bahngleise an Betonschwellen geschraubt. Die alten Eisenbahnschwellen warten auf die Altmetallverwertung.
Am Campingplatz Grainau verrät mir die Empfangsdame die Preise für eine Nacht: 63 Euro der Standard- , 78 Euro der Komfortplatz. Der Stellplatz stadtnah in GAP an der Wankbahn kostet 23 Euro plus drei Euro Kurtaxe pro Person. Vor Jahren fing es dort mit 10 Euro pro Nacht an.
Meine Herzensdame und beste, weil einzige aller Ehefrauen ist nach drei Nächten schon wieder mit dem Zug abgereist. Sie hat es nervlich nicht ausgehalten. Schlagende Türen auf dem Stellplatz haben ihr die Nachtruhe geraubt, während mich Bluetooth-Kopfhörer in die TV-Welt von Tatort und Anne Wills Talkshow entführt hatten.
Navis
So geht leider meine Fahrt den kurzen Weg von GAP nach Navis allein weiter. Die alte Brennerstraße von Innsbruck nach Matrei am Brenner ist mir wohl vertraut. Hier brachte mich 1972 ein geschenkter Heinkel-Roller mit meiner ersten Ehefrau auf die Alm, wo mir Monate als Almhirte unvergesslich sind.
Anschließend fuhr uns der Heinkel Motorroller nach Marokko, wo 50 Jahre später im Jahr 2012 meine dritte Ehefrau in Marrakesch einflog.
Doch das ist wieder eine andere, alte Geschichte, die sich wie wahre Abenteuer im Kopf alter Leute abspielen. Hier und jetzt ist die Damentoilette im Auto ausgespült, allein geht es die alte Brennerstraße in das vertraute Naviser Bergtal.
Hier gibt es noch Landwirtschaft, von der man träumen kann: Urlaub auf dem Bauernhof. Waren wir nicht alle einmal kleine, hilflose Geschöpfe, die Mütter mit Milch und mehr auf die Beine stellten?
Mensch und Tier leben gewinnbringend in Gemeinschaft zusammen.
Resi ist nun glückliche Rentnerin, die mit meinem Bauernboss Hans schwer auf der Alm, dem Hof und in der Landwirtschaft gearbeiet hat.
Nur der geschützte Wolf passt nicht in das Tal und in die kultivierte Landschaft. Das blutrünstige Wolfstier reißt aus Mordlust mehr Schafe, als es fressen kann, treibt panische Rinder in den Abgrund, hat ein Pferd schwer verletzt. In Südtirol hat ein Bär einen Jogger getötet. Als der Wolf in den Bergen sein Unwesen trieb, haben die Besitzer ihre Esel zum Haus ins Tal geholt.
Gleichgültig ob ein Schaf schwarz oder weiß ist, der Wolf hat beide zum Fressen gern. Vom Kampf der Kulturen wie im Buch von Samuel P. Huntington in diesem Zusammenhang zu schreiben, ist politisch nicht korrekt.
Was kann man machen, wenn bei dem Titelbild des WELT-Artikels Assoziationen aufsteigen wie...
was nun "black or white lives matter?"
Krieg scheint nah und näher zu kommen. Leben auf dem Land bleibt froh und friedlich. Wir sind älter geworden in 51 Jhren seit meinem Job als Almhirte in den Sommern 1972 und 1976, doch vieles ist unverändert geblieben.
Der Garten am Haus versorgt die große Gemeinschaft mit Salat, Erdbeeren, Kartoffeln. Die Gemeinschaft hat mit ihr fünf Töchter, Schwiegersöhne, elf Enkel und ein Urenkelkind.
Wie bei meinem Bruder in Dortmund versogen Hühner die Menschen mit Eiern. Hier picken sie Stengel und Blätter von roten Rüben.
Blumen warten geduldig, dass Bienen sie bestäuben. Die Blume lockt mit süßem Duft und wartet: "METOO"!
Ein Dach mit Holzschindeln ist selten geworden, Solarpanel breiten sich auf den Dächern aus.
Kaum angekommen und Tee getrunken zieht es mich zu meinem alten Arbeitsplatz auf die Vöstn-Alm.
Der Forstweg ist steil und steinig. Doch E-Bike Rosinante schafft die Strecke in 45 Minuten, auf der Wanderer zweieinhalb Stunden schwitzen.
Auf den gegenüberliegenden Berg Serles haben mich vor Jahren meine Füße getragen.
Doch damals gab es mein Web-Archiv noch nicht, so ist mir das Jahr dieser Bergbesteigung entfallen.
Langsam kommt die Erinnerung an den einst so vertrauten Weg zur Alm zurück.
Dort oben ist es, wie es immer war.
Der Blick ins weite Tal öffnet Sinne und Herzen.
Der Akku mit 500 Amperestunden hat 57 Prozent seiner Leistung auf den sieben Kilometern vom Tal geliefert.
Dafür grinst der alte, ehemalige Almhirte glücklich in 1881 Metern Höhe.
Mehr als das EGO, was solche Fotos braucht, hilft mir das Archiv, was, wo, wie, wann war.
Die Alm ist mit eigenem Wasserkraftwerk gegenüber 1972 hoch technisiert. Der Bauer versorgt dort im Sommer 13 Milchkühe, deren gekühlte Milch er alle zwei Tage ins Tal fährt. Die Milch verkaufen die meisten Naviser nach Sterzing, weil sie in Italien mehr für ihre Milch bekommen als in Österreich.
Viel Brennholz gab es damals nicht vor der Hütte. Der Wald ringsum versorgte mich mit Totholz. Dicke Äste lagen genug herum. Lange Nächte gab es an offener Feuerstelle.
Es ist immer wieder ein beglückendes Gefühl, ins Tal und auf die Serles zu blicken.
Gerade hat E-Bike Rosinante bei 19200 Kilometern hinten eine neue Bremsscheibe, neue Bremsklötze, neue Kette und neues Antriebsritzel bekommen. Um das Material zu schonen, schiebt man das Rad besser den steinigen Weg hinab, wobei die Bremsen weniger leisten müssen. Trotzdem erhitzen sich die Bremsscheiben.
In der Landwirtschaft ist dies Snowmobil ein Arbeitsgerät wie nahezu alle Geräte und Maschinen.
Klammalm
Morgens 7.46 Uhr: Die Kühe verlassen langsam den Stall. An der drehenden Bürste säubern sie genussvoll ihr Fell. So sehen glückliche Kühe aus!
Leicht radelt E-Bike Rosinante die sanft ansteigende Dorfstraße nach Navis. Erinnerungen an viele Ferien in diesem lauschigen Erholungsdorf überschwemmen mich.
Dies war der Gasthof Widum. Im Jahrhunderte alten Haus, bemalt mit Engelgestalten in Wolken, wohnte Pfarrer Laimer mit seinen beiden Haushälterinnen Hanni und Frieda. Der Pfarrer war der Letzte in Österreich, der neben der Pfarrei auch den Gasthof führte. Manchmal nahm er mich mit nach Innsbruck, wo er Waren für die Gastwirtschaft in der Markthalle einkaufte. Hanni stand in der Küche hinter einem Herd, der einen großen Teil des Raumes ausmachte. Am Küchentisch saß der Pfarrer, dem Hanni Punkt 12.00 Uhr sein Essen vorsetzte. Der Pfarrer hörte beim Essen die Nachrichten.
Der Herr Pfarrer war die Autorität im Dorf, unterrichtete Schulkinder, war Gastwirt und Jäger dazu. Mit seinem Jagdhund stapfte er mit festen Stiefeln, einem soliden Haselnussstecken mit Eisenspitze und Rucksack mit geschultertem Gewehr zur Jagd.
Im mittleren Fenster oben logierte der Herr Pfarrer, der mich Werke aus seiner Bibliothek lesen ließ wie von Pierre Teilhard de Chardin.
Die Volksschule gegenüber dem Haus Widum ist runderneuert. Der gegenüber liegende Dorfladen Gratl ist geschlossen. Wer Brot braucht, muss in Matrei einkaufen. Die Töchter des Lehrers Luise und Vronli faszinierten mich. Als 185 Zentimeter langer, 60 Kilo dünner Schlaks mit Brille waren mir diese unglaublichen weiblichen Wesen weit, weit fremd, die meine Hormone Achterbahn fahren ließen. Der alte Hörnagel deckte mich einmal mit Ohrfeigen ein, weil er bemerkte, dass seine Tochter mich von meiner Scheu vor der Weiblichkeit befreien wollte. Das schien mir höchst ungerecht.
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Der steile Anstieg zum Oberweg liegt zwischen Steinbruch und Navisbach. Der steile Weg mit scharfen Kurven erinnert mich an ein Schlittenrennen im kalten Schneetreiben, das mich und mein Väterchen selig faszinierte. Er konnte mich nicht heim ins Warme bringen. Meine Lungenentzündung danach heilte der Arzt aus Matrei wieder aus.
Die Bäuerin berichtet, dass ein Bauer, der sein störrisches Rindvieh mit Schlägen auf Trab bringt,, von Tierschützern angezeigt und vor Gericht gestellt würde. Doch der Wolf, welcher sechs, sieben Schafe reißt, steht unter Schutz.
In diesem Bauernhaus wohnte "Jager Luis". Der Herr an der Tür erinnert sich an ihn, als er erfährt, dass dies schon 50 Jahre her sei. Mein Bruder Ulrich bekam gelegentlich ein Geweih vom Jager Luis, der Ulrich ins Herz geschossen hatte.
Die Peeralm auf der sonnigen Südseite bewirtet Wanderer.
Von der Peeralm überblickt man die Berge auf der anderen Talseite.
An der Klammalm endet der Forstweg.
Der höchste Berg, der das Navistal abschließt ist mit 2886 Metern der Reckner. Einmal gelang mein Aufstieg auf diesen Berg, wobei sich auf dem Rückweg die Schuhsohle vom Bergschuh löste.
Mehr als einen Blick durch das Teleobjektiv der Kamera ist bei dieser Radtour zur Klammalm nicht zu schaffen.
Die großartige Bergwelt begeistert den Betrachter.
"KLAMM ALM 1948" steht auf dem Schild, wahrscheinlich ist die Höhe über Normalnull gemeint und nicht das Baujahr.
Diese traumhaften Wanderwege sind mir zu weit, zu hoch, zu anstrengend.
Lizumer Sonnenspitze 3 h
Klammjoch - Lizumer Hütte 2,5 h
Raubtiere wie Wolf und Bär vertragen sich weder mit Kühen, Ziegen, Schafen und Pferden und auch nicht mit Wanderern.
Mein Körper verträgt die Höllen- und Höhensonne auf der schattenlose Südseite des Navistals schlecht.
Das Teleobjektiv zoomt die andere Talseite mit der Vöstn-Alm heran. Der Aufstieg dort ist den meisten Wanderern zu steil. Der Aufstieg zur Klammalm ist mir zu sonnig.
Schwach kann man noch das Gipfelkreuz auf dem Bendelstein erkennen. Von diesem Gipfel oberhalb der Vöstnalm überblickt man das Wipptal mit dem Verkehr auf der Europabrücke.
Auf dem Oberweg radelt man bequem zurück zum Ausserweg. Das Pfarrhaus Widum, Kirche und Gemeindeamt bilden mit der Schule das Dorfzentrum von Navis.
Schon seit Jahrhunderten ist das Tal besiedelt. Vor Jahrzehnten spannten Bauern Ochsen vor schwere Schlitten, um Heu aus den Holzhütten für das Vieh zu holen.
Nach langen, zu langen Sonnenstunden wieder daheim im Auto schützt mich am Nachmittag Schatten im Garten vor dem Bauernhaus. Doch es war mal wieder zu viel Sonne für meinen Kopf, zu anstrengende Sonnenstunden für meinen Körper.
Ausflug ins Padastertal
Zum Brenner führen durch das Wipptal die alte Römerstraße, der Bach, die Bahngleise, die alte Brennerstraße und die Autobahn.
Im gleißenden Licht der Morgensonne geht es auf der alten Römerstraße Richtung Süden, Richtung Brenner.
Kirche und Bahnhof von Steinach liegen bald hinter mir.
Am rechten Bildrand verschwindet gerade noch die Lokomotive. Die Güterzüge werden von zwei Lokomotiven über den Brenner gebracht.
In diesen Tälern kann man Wochen lang wandern, ohne einen Weg auch nur zweimal zu gehen.
Das Padastertal füllen die Experten mit dem Abraum, den die Maschinen aus dem Berg kratzen, um dem Brennerbasistunnel Platz zu schaffen. Die Förderbände für das Berggestein sind 25 Kilometer lang.
In vielleicht zehn Jahren sollen Züge durch die ewig langen Röhren fahren können.
Für die Menschen im Tal wäre es ein Segen, wenn der LKW-Verkehr auf Zügen von Innsbruck nach Franzensfeste und zurück rollt.
Hinter diesen Bergen liegt auf der anderen Seite die Vöstn-Alm.
Vom Bendelstein und der Schafseitenspitze aus hat mich das einsame Padastertal fasziniert.
Hinunter auf die Alm dort im Padastertal zieht es mich nicht mehr. Es geht zurück mit dem faszinierenden Blick auf die Bergkette, welche sich südlich der Serles anschließt.
Der sanft gerundete Berg bei Steinach war im Winter einmal unser Skiparadies.
In St. Jodok endet mein kleiner Ausflug. Vom SPAR-Laden dort erzählt nur noch ein Schild.
Bergab auf der alten Brennerstraße rollt Rosinante schnell nach Matrei, wo man einkaufen kann.
Die steile Abfahrt von der Navisstraße nach Matrei hat mich auf 73,5 km/h beschleunigt. Der steile Aufstieg am Rückweg saugt den Akku vollkommen leer, wie das rote Ausrufungszeichen zeigt. Doch für die letzten Meter in mein rollendes Heim ist es nicht nötig, den Akku zu wechseln.
Mondnacht in Navis - unvergessliche Zeit, immer wieder bezaubernd.
Sterzing
Gut ausgeschlafen und erholt bringt mich die alte Brennerstraße nach Sterzing.
Die historische Altstadt von Sterzing ist bei dem Septembersonnenschein ein Gedicht.
Um 10.22 Uhr ist die Welt in Sterzing noch in Ordnung und bleibt es wohl auch bis zum Abend.
Das Bild geht an meinen alten Freund in Fürstenfeldbruck, den Klavierstimmer Fuchs.
Die frühe Sonne bringt die Pastellfarben gut zur Geltung.
Gitter und schwere Türen sicherten in alten Zeiten Hab und Gut der Hausbewohner.
Mein Bruder erinnert sich an eine Ausflug mit den Eltern von unserem Urlaubsort Navis nach Sterzing. Vielleicht war das auch in Meran im Jahr 1964 oder 1965. Mit Genuß schlecken die Brüder Ulrich und Erhard ihr Eis im Sterzing,.
Der Bauernmarkt Sterzing wäre anderntags, doch für mich geht die ruhige Reise weiter auf und über den...
....Jaufenpass
Von Sterzing aus muss man sich über zahlreiche Serpentinen etwa 1000 Meter höher schrauben, um die Jaufenpasshöhe in 2094 Meter zu erreichen.
Die Strecke strengt Fahrer und Fahrzeug an. Dauernd muss man im Getriebe zwischen dem zweiten und dritten Gang rumrühren, selten schafft man es in den vierten Gang.
Für den Winterbetrieb ist die Passhöhe mit Parkplätzen für etwa 100 bis 150 Autos eingerichtet.
Einmal brachte mich ein entgegenkommender LKW zum Stehen, sonst geht es flüssig über den Pass hinauf und hinunter. Eine Gruppe von Porschefahrern konnte in einer Kehre an meinem Fahrzeug vorbeiziehen, weil es dort kurz stoppte. Die Fahrer in ihren Luxuskarossen dankten winkend aus ihren offenen Cabrios.
Sankt Leonhard in Passeier - Meran
Nach etwa 80 Kilometer Kurverei lädt in Sankt Leonhard im Passeier das erste Camp zur Pause. Bis die Rezeption um 15.00 Uhr öffnet sind beinahe zwei Stunden Zeit zum Duschen, Essen und zur Mittagsruhe. Die Fahrt von Navis über Matrei am Brenner mit Aufenthalt in Sterzing und über den Jaufenpass haben den Vormittag ausgefüllt und meine Kraft ausgeleert.
Meran liegt 20 Kilometer weiter südlich von Sankt Leonhard, die das E-Bike schafft.
Der Radweg von Sankt Leonard führt bis nach Meran 20 Kilometer an dem rauschenden Passer Bergfluß entlang.
Es geht ständig bergab. Für 20 Kilometer bis Meran zieht der Akku nur fünf Prozent Energie ab.
Die Apfelernte ist voll im Gange.
Sportler fahren talwärts.
Auf halbem Weg zwischen Sankt Leonhard und Meran liegt ein weiterer Campingplatz - unerträglich voll. Man kann froh sein, wenn man ohne Reservierung einen Platz bekommt.
Den Tandem-Flug kann man für 78 Euro buchen.
Jeder Sport ist riskant. Radfahrer leben im Straßenverkehr gefährlich.
Tonnen von Äpfeln pflücken Menschen von den Bäumen.
Meran ist zauberhaft, um ein Vielfaches spannender als Sterzing, welches auch schon sehr schön ist.
Großer Reichtum schafft großartige Gebäude in besten Lagen.
Über den prächtigen, reichen Häusern thront der Burgherr im dicken Gemäuer.
Für Autofahrer gibt es in diesen schmalen Gassen keine Durchfahrt.
Das Kirchenschiff liegt im Schatten der tief stehenden Sonne.
Die Nachmittag Sonne um 16.50 Uhr heizt die Stadt noch gut auf.
Durch das Bozener Tor fährt der Bratwurstwagen in die Fußgängerzone.
Mediterranes Flair lädt Besucher zum Flanieren unter Palmen auf sonnigem Stadtplatz.
Mein Kurzbesuch gewinnt erste Eindrücke, denn der 20 Kilometer Rückweg bergauf liegt vor mir.
E-Bike Rosinante wird mit Leichtigkeit den Weg zurück schaffen.
Worauf deutet die Zahl 1774 an der Wand? Weitere Recherche folgen.
Da steht es, dass 1774 die letzte Katastrophe Meran überschwemmte.
Mit nichts als Steinen haben findige Konstrukteure und fleißige Maurer diese schöne Brücke gebaut.
Noch scheint letzte Sonne im Apfelland, danach liegt der Schotterweg am Fluß im Schatten.
Das Reptil wärmt sich am aufgeheizten Stein. Mich halten Jacken für die letzte Strecke warm.
Sankt Leonhard im Passeier ist erreicht. Der Abend kommt.
Am 28.09.2023 scheint um 22:24 Uhr der Mond duch meine Dachluke. Mein unvergleichlicher Freund haha schickt zum Bild das Gedicht.
[22:04, 28.9.2023] Harald Hartmann:
Der Mond geht auf
Nun eilt zuhauf
Schaut her das alte Wunder
Und hat er seine Pflicht getan
Dann geht er wieder unter[22:21, 28.9.2023] Harald Hartmann: ---
Wie schön gebläht
Der Mond dort steht
Die Schärpe frisch gewaschen
Und wird sie euch zum Strick gedreht
Dann jammert nicht ihr Flaschen
Herbert und Harald verstehen sich gut. Harald berichtet, er sei auf alkoholfreie Getränke umgestiegen und habe nach Jahrzehnten die Seiten gewechselt.
Frauen wechseln, Freunde bleiben,möchte man meinen.
Doch mein bester und treuester Freund neben E-Bike Rosinante, dem Wohnmobil namens Walkuh ist dieser Computer, dem man fast alles anvertrauen kann und der virtuelle Verbindungen mit Gesichtslosen Identitäten knüpft. Der freie Korrespondent Hannes Stein erzählt hinter der Bezahlschranke der WELT von seinen Leiden an der Laberei:
Um zu verstehen, ob man zu den introvertierten Menschen gehört, muss man sich nur folgende Frage vorlegen: Gibt es mir Kraft, mit anderen Menschen umzugehen, oder nimmt es mir Kraft? Bei mir ist es so: Ich brauche ungefähr so viel Zeit, um mich von gesellschaftlichem Verkehr zu erholen, wie der gesellschaftliche Verkehr gedauert hat.
Was zu beweisen war: "Unterträglich ...."
Rentnerruhe in Sankt Leonhard
In Sankt Leonhard im Passeier treffen sich die Jaufenpass- und Timmelsdorfjoch-straße. Die Reisee hat mich erschöpft.
Selbst die schönste Landschaft im herrlichen Sonnenschein kann manchmal bedrückende Gedanken kaum aufhellen. Dabei geht das Leben seinen Gang - im Mairhof ab dem Jahr 1504, wie die Zahl im Wappen ausweist.
Wasserfontänen auf den Wiesen zaubern einen Regenbogen. Sankt Leonhard liegt still und verträumt im Tal.
Der kleine Ausflug zur Jausenburg über Sankt Leonhard reicht nach dieser anstrengenden Woche.
Der Baum hängt voller Eßkastanien. Ein, zwei Palmen drücken sich in Sankt Leonhard an geschützte Südstellen von Häusern.
Mein altes Tantchen ruht nach 100 Jahren aus von Müh, Plag und all ihren Freuden und Freunden.
Ob das AfD-Plakat Fake oder Fakt ist, bleibt mir gleich. Hauptsache ist doch, es gibt mal etwas zu....