22 Januar 2019

Verwirrende Lehre zu verwirrtem Handel waltet über die Welt

Zu diesem saftigen Stück Prosa von Daniel Matissek fällt es schwer, meinen Senf zuzugeben. Der Versuch sei gewagt! Denn immerhin darf sich der prekäre Pöbel in unserem verelendenden Land frischer Feinstaub befreiter Luft erfreuen. Sofern prekäre Penunzen reichen, darf der Discounter-Kunde seinen Großeinkauf an gesundem Grünfutter im Fahrradanhänger heim ziehen. Dazu bringt billiger Alkohol manche Menschen darüber hinweg, wie sich die Industrie- zur Agrarnation wandelt. 





In begrünten Innenstädten braucht der Grünwähler ohnehin kein Auto mehr. Der Pendler quetscht sich in überfüllte Vorortzüge, Hauptsache sein stinkendes Mobil bleibt draußen vor dem Stadttor. Wozu auch muss ein Mensch sich laufend von A nach B bewegen, um von  "freier Fahrt für freie Bürger" zu spinnen? Die wahre Freiheit findet voll fromm der ganz Grüne in stiller Versenkung, wo er bei geschlossenen Augen all das sieht, was ihm wirklich gehört: Nichts - außer seines ein- und ausströmenden Atem, seinem pochenden Herzen und vielleicht noch dem Ziehen und Zwacken seines Zipperleins im Alter. Und wenn dem wahren, voll ergrünt erwachten Menschen schon nichts mehr gehört außer seinem Odem, dann soll dies Quentchen Luft zumindest 100 Prozent rein sein wie Gold! Leuchtet das denn nicht ein?

Nein, Daniel Matissek, so schön Du auch textet, so eindrucksvoll Deine Wörtchen die Illusionen Deiner Leser umschmeicheln, Du hast die Zeichen der Zeit schlecht erkannt. Buntschland entwickelt sich unaufhaltsam fort zum Kartoffelland der Kleingärtner, der Gartenzwerg-Idylle, der Heckenrosen, Blaubeerplantagen, der Kirsch-, Apfel- und Birnbäume, der Brombeerhecken und der Maschendrahtzaun begrenzten Gartenoasen. Großfamilien erfreuen sich ihres Picknicks am grünen Rand verkehrberuhigter Autobahnen, auf denen wieder wie in aufstrebenden Drittwelt-Ländern Eselkarren ihre Feldfrüchte zum Verbraucher ziehen. Der Verbraucher kauft regional beim Erzeuger um die Ecke, sofern er nicht längst selbst seine Wintervorräte im lauschigen, stillen Herbst erzeugt: Eingelegte Gurken, Kürbisse, Äpfel und Birnen in gesammelten Altgläsern werden das festliche Sonnenwendmahl bereichern. Sollte den Einen oder andern Fleischeslust übermannen, so mag auch schon mal ein einst so reizend bellendes Zamperl im Kochtopf landen, doch das sind seltene Ausnahmen. Viel mehr Menschen decken ihren Eiweißbedarf an gut gewürzten Soja-Tofu-Burgern. Eine Avantgarde grüner Fundamentalisten züchtet Heuschrecken in ehemaligen Ölkanistern, welche gut gegart, gesotten oder gebraten einen weitaus gesünderen und umweltfreundlicheren Schmaus anbieten als Mc-Bratereien aus grauen und grausamen Zeiten der Energievergeudenden Rohstoffvernichtungsmaschinen. Deren Abgase haben ganze Landstriche und Innenstädte im grausamen Krupphusten dahingerafft und unzählige Säuglinge im plötzlichen Kindstod ersticken lassen.

Genug der Aussichten auf die schöne, neue Welt. Folgen wir Daniel Matissek, der kein gutes Haar lässt an unserer hässlichen, alten Welt.



„Verwirrende Lehre zu verwirrtem Handel waltet über die Welt“, schrieb Goethe 1832, kurz vor seinem Tod, an Humboldt. Wenn man sich die Meldungen ansieht, die die Nachrichten dominieren, scheint der Sinnspruch wie auf die Gegenwart gemünzt.





von Daniel Matissek


Die „Deutsche Umwelthilfe“ unter ihrem Vorsitzenden Jürgen Resch, der noch vor einigen Wochen die Gemeinnützigkeit entzogen werden sollte, nachdem sie mit Unterstützung asiatischer Automobilkonzerne Dieselfahrverbote erklagt hatte, ist plötzlich wieder in aller Munde – als scheinbar ernstzunehmender Debattenteilnehmer. Diesmal hat sie sich an den von einer „Expertenkommission“ des Verkehrsministerium zusammengestellten Maßnahmen angehängt, in dem von Professoren und Ökolobbyisten neben einem weiteren Abbau von Steuervorteilen eine Dieselverteuerung um mindestens 52 Cent pro Liter gefordert wird; vor allem wird die flächendeckende Einführung von Tempolimits (80 bzw. 120 Kilometer außerorts) verlangt - wieder einmal. Es sind dieselben uralten, grünen Bevormundungsträume, denen zum Glück in der BRD-Geschichte noch nie Erfolg beschieden war, solange die politische Mehrheit stets Außenmaß und Verstand bewahrte: Ein Staat, in dem von der Automobilindustrie indirekt jeder fünfte Arbeitsplatz abhängt und das seinen Wohlstand zu einem Gutteil dem Individualverkehr verdankt, braucht nämlich keine sinnlosen Verbote und Beschränkungen, deren Nachteile die behaupteten Vorteile bei weitem überwiegen. Schon heute, ohne Limit auf den wenigen verbliebenen „freien“ Strecken, kollidiert die digitale Verkehrsüberwachung tagtäglich mit Datenschutzbestimmungen - und es ist allseits bekannt, dass die Verhängung von Bußgeldern für „Raser“ - und von diesen gäbe es bei einem gesetzlichen Tempolimit exponentiell mehr - keinem Ordnungsprinzip, sondern allein einem fiskalischen Zweck dient; es ist bloße Geldschneiderei, nur darum geht es.


Bis vor einigen Jahren war die Tempolimit-Diskussion deshalb das reinste Umfragegift und nicht mehrheitsfähig. Dies ändert sich seit einigen Jahren; und wo es sinnfreie Fahrverbote gibt, folgen bald auch die Limits - auch wenn sich der zuständige Minister Andreas Scheuer noch wacker querstellt. Doch in einem Land, wo fast ein Viertel „grün“ wählt und wo Grausamkeiten gegenüber Wirtschaft und Verbraucher, von der EEG-Ökostromumlage über duales System bis eben hin zu Fahrverboten willfährig, mit geradezu lustvollem Eifer hingenommen werden, schluckt der feelgood-gegreenwashte Volkskörper irgendwann alles. Die Folterwerkzeuge sind schon ausgerollt und gezeigt, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie zum Einsatz kommen: Verbot von Plastiktüten, um ozeanische Müllstrudel zu reduzieren (zu denen Mitteleuropa allenfalls marginal, im Promillebereich beiträgt). Verbot der Braunkohle (auch wenn dies noch mehr Flächenversiegelung und Naturschäden durch Solarparks und Windräder bedeutet). Verbot von Fracking (obwohl oberirdischer Abbau längst zur Neige kommt und die Abhängigkeit von Energieimporten bedrohliche Ausmaße annimmt). 

Gewaltsame Implementierung von Elektrofahrzeugen (auch wenn die Akkumularorenproduktion zu den umweltzerstörerischsten Schwerindustrien zählt und die heutigen Modelle eine CO2-Bilanz aufweisen, die nicht einmal von den meisten Verbrennungsmotoren erreicht wird). Dazu grotesk abgesenkte, willkürliche „Feinstaub“-Grenzwerte, gemessen am Straßenrand, während erlaubte Grenzwerte in Räumen und an Arbeitsplätzen weit darüberliegen. Wieso also nicht auch Tempolimits? Für die Fahrt zum nächsten Biosupermarkt genügt im Prinzip doch Schrittempo – hindurch unter Grünbrücken, über die sich wie Karnickel vermehrende Wolfsrudel streunen, von denen eine zunehmendes Sicherheitsrisiko für Nutzvieh und Mensch ausgeht, in einem der dichtbesiedeltsten Kulturländer der Welt. Der grüne Irrsinn hat uns fest im Griff.

Man fragt sich: Wo ist die Faust, die in diesem Land auf den Tisch haut? Welche hypothetische Macht könnte das Gebirge von ideologischem Unrat abtragen, unter dem wir zu ersticken drohen? Wer weist die erwiesenen Amateure in die Schranken, die den Politikbetrieb von einem Ort unpopulärer, verantwortlicher, notwendiger, langfristiger Entscheidungen in eine Bühne für Selbstdarsteller verwandelt haben, die nichts zustandebringen als kurzlebige, faule Kompromisse und eine unterkomplexe Symbolpolitik, die in Sachverstand wie beschränkter Weltsicht bestenfalls dem Niveau eines Schülerparlaments genügt?

Als gäbe es kein Morgen, als seien Konjunktur und Haushaltsüberschüsse ewige Grundkonstanten, wird eine Politik der Zukunftsvergessenheit betrieben, die sich trotzdem „Zukunft“ auf die Fahnen schreibt. Der dahintersteckende Größenwahn tut so, als ließe sich alles in silico planen, Während unbekümmert Fakten unter den Teppich gekehrt werden. So wie Themen nationaler Relevanz - etwa Gesundheit, Altersversorgung und Rente - die demographische Entwicklung konsequent ignoriert wird, so wird bei umwelt- und klimapolitischen Themen die unumstößliche Gewissheit einer weiteren ungebremsten globalen Bevölkerungsexplosion schlicht ausgeblendet und von Referenzwerten ausgegangen, die schon in wenigen Jahren wieder komplett veraltet sein werden. Doch unbeirrt wird die Hybris gepredigt, es ließen sich Zeitbomben wie Migration, Bildungsabbau, zerbröselnde Infrastruktur und Wohlstandsabbau durch Grenzwerte, durch „verantwortungsvolles Handeln jedes Einzelnen“, durch Verbote und Tempolimits lösen – und als könne, quasi nebenher, auch noch das Weltklima über 80 Jahre im Voraus auf 0,5 Grad genau modelliert und politisch justiert werden. Dieser Stuss ist in Deutschland Common Sense, Unterrichtsstoff, mediale Überzeugung.

Kein Wunder deshalb, das sich Deutschland, was seine Umwelt- und Energiepolitik betrifft, unter dem zunehmend totalitären Einfluß grüner Phantasmen nach und nach zu einer Art Nordkorea entwickelt: zu einem System, das den Dogmen „Energiewende“ und „Klimaschutz“ alles unterordnet, sich als eine Insel der erlösenden Glückseligkeit betrachtet und den eigenen Alleingang – besser: Geisterfahrt - als Pioniertat feiert; immer in dem Irrglauben, alle übrigen Ahnungslosen des Erdenrunds würden dem eigenen leuchtenden Beispiel früher oder später begeistert nachfolgen. Denn dieses Deutschland, das rund 0,0075 der Erdoberfläche ausmacht und knapp 1 Prozent der Weltbevölkerung stellt, muss den Planeten retten, ganz klar. „Save the planet, en miniature“ ist die Devise.

Die bereits jetzt eingeleiteten Maßnahmen kosten die Deutschen – einschließlich aller klimapolitischen Maßnahmen wie Haftungsumlagen, Netzreserve und Netzausbaukosten – bis 2025 mindestens 520 Milliarden Euro. Ein Wahnwitz, dessen globaler Nutzen selbst im Idealfall praktisch Null ist – doch noch lange ist das Ende der finanziellen Fahnenstange nicht erreicht. Die hierfür aufgewandten Mittel werden – wie auch die Kosten einer in jeder Hinsicht selbstzerstörerischen Migrationspolitik – schon bald in genau den Kernbereichen fehlen, für die ein Staat eigentlich zuständig ist: Schulen, Gesundheitssystem, Verkehrsinfrastruktur, Sozialsystem und vielem mehr. So wird unsere Gesellschaft Substanz verfrühstückt. Was bleibt, wird Heulen und Zähneklappern sein – während die selbstbeweihräuchernden Narren, die uns all das eingebrockt haben, vermutlich schon die Radieschen von unten ansehen. Die Dekadenz der Ideologen, die uns zugrunderichten, werden wir teuer bezahlen.




Genug, Daniel Matissek, von Deiner apokalyptisches Aufzählung grün-bunt verfehlter Industriepolitik. Wie schön und aufgeräumt werden unsere Wälder wieder werden, wenn emsige Sammler jedes Stöckchen und Hölzchen heim schleppen, um sich am Ofen aus geschmolzenem Alteisen die klammen Finger zu wärmen. Wie sinnvoll werden Grün- und Gartenflächen wieder genutzt, um Kartoffeln, Rüben, gesunde Knollen zu pflanzen und zu ernten. Wie glücklich werden sich wieder Hase und Igel gute Nacht wünschen, wenn am Abend bis auf eine spärliche Notbeleuchtung die Städte in Stille und Dunkelheit versinken. Hühner und Meerschweinchen werden den Speiseplan bereichern, die fröhliche Kinder in häuslichen Zugewinngemeinschaften pfleglich auf ihr Schlachtfest vorbereiten. Was Daniel als "teuer bezahlen" fürchtet, wird Menschen von der Diktatur des schnöden Mammons  befreien. Als paradiesische Blumenmädchen werden Hippieträume von Woodstock wahr. Wütende, alte weiße Männer werden entspannt im Schaukelstuhl zuschauen, wie sich fröhlich Völker und Scharen mischen. Menschen dieser Neuen Zeit verabschieden sich aus der Natur, Mensch und Tier zerstörerischer Gewalt der hetzend industriealsierten Maschinenwelt und finden fröhlichen Frieden im begrünten Buntschland, jetzt und immerdar.


   

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