Aufschrift auf einem Wohnmobil im Camp Rio Mare an der Costa Blanca |
Wifi, ein preiswertes Camp, warmes Wetter lassen mich glücklich leben. Da Zeit und Energie reichen, entstand gestern zum heutigen Bilderblog der spanischen Wunderwelt zusätzlich der Hetzer-Blog mit Polit-Pöbelei. Doch wenn hier graue Wolken die Sonne verdecken, wenn der Supermercado mir Marzipan-Stollen und Kühne-Rotkohl verkauft, wenn Sturm den Wagen auskühlt, dann kommt Heimweh auf. Meine Sehnsucht steigt nach Schnabbel-Babbel, meinem Wisch-Wasch-Nähr-und-Plärr-Bären daheim.
Letzte Abschiedsfotos von Cambrils von meinen achtägigen, glücklichen Aufenthalt
Die gewaltigen Regenschauer mit Donner, Blitz und Hagelschlag haben laut Wetterbericht bis zu 20 Liter auf den Quadratmeter geschüttet.
Der Wind hat das Wasser aufgewühlt. Solche Wellen sind mir fremd. Beängstigende Strümungen spielen mit meinem Körper. Es war eine Erleichterung, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Eine letzte Fahrt ließ mich noch auf die gesegnete Bucht von Benicassim blicken.
Zu einer Seite das blaue Meer, zur anderen Seite das grüne Land erfreuen Wanderer und Radfahrer auf dem Wunderweg Via Verde.
Oliva
Die 172 Kilometer auf der Landstraße ermüden mich. Besonders die Fahrt durch Valencia strengt an. Trotz zweier Pausen war mittags meine Energie aufgebraucht.
Das Camp Ole in Nova Oliva nervt mich schon bei der Einfahrt. Die Dame an der Rezeption fühlt meine muffelige Laune, die noch steigt, als sie mir den Preis von 26,75 Euro pro Nacht verkündet, WiFi kostet extra.
Die Plätze mit Meerblick sind gepackt voll.
Mein Platz in einer Parkbucht liegt geschützt auf Kies, fängt mit der SAT-Antenne TV ein, bessert aber kaum mein Wohlbefinden.
Sehr selten sind Autos von Seitz Tikro (Teilintegriert Robust), wie der Aufbauer seine Auto nannte, unterwegs. Auf diesem Camp zeigt mir ein stolzer Besitzer seine Sonderanfertigung mit allen Schikanen: verlängerter Aufbau auf 6,30 Meter, spezielle Sonnenschutzgitter, Apothekenauszüge, Sitzgruppe mit Umbau zum großen Bett, Tankgasflaschen - für 100.000 Euro. Als anderntags die Damen noch mit ihren Besen abgefallenes Laub von ihren Parkbuchten fegen, reicht es mir. Doch mein erster Nachmittag erforschte das alte Städtchen Oliva. Das Camp liegt ein paar Kilometer abseits in OLIVA NOVA.
Auf meiner Fahrt durch das alte Oliva, wo Schilder auf einen historischen Stadtteil verweisen, erstaunten mich abgerockte Häuser an der Durchgangstraße. OLIVA NOVA, wie die bombastische Kugel zeigt, hat dagegen eine luxuriöse Atmosphäre.
Alles ist prächtig in Oliva Nova. Eine Wachstation kontrolliert den Zugang zu Oliva Nova. Dort vergnügen sich Sportler auf einem gigantischen Golfplatz - nicht mein Stil als einsamer Straßenhund. Der Kontrast gegenüber dem alten Oliva könnte kaum größer sein.
Der Verkehr geht durch das alte Oliva, wenn er nicht die Autobahn im Hinterland nutzt. Ob diese Bauten noch fertig werden? In der Innenstadt führt eine kleine Einbahnstraße in das Geschäftszentrum.
Die Stadt liegt wie ausgestorben. Es ist Sonntag. Zwei junge Männer räumen den Frisiersalon auf. Sie winken mich rein, Platz zu nehmen.
Meine EGO-Darstellung dokumiert den Erfolg des Friseurs.
Grüße aus Dortmund-Marten und Südamerika
Mein Bruder meint, die "Kugel sei abgedreht." Er hat eine Spezial-Sprache entwickelt. Seine meist genutzte Vokabel lautet "Acheun". Dieser Laut drück Wohlbehagen aus, denn wenn ihn etwas ärgert, sagt er nichts. Kleine Hunde nennt er "Fußhupen". Bei auf Knien arbeitenden Handwerkern bewundert er ihr "Handwerker-Dekolleté".
Wenn man seine kreative Kommunikationskunst respektiert und akzeptiert, ist er ein liebenswerter Mensch, ein begnadeter Schrauber und Fotokünstler, Maler mit psychodelisch anmutenden Werken sowie einstiger Frontmann und Sänger einer Reggae-Blues-Rock-Twist-and-Shout-Big-Band.
Ein Werk hat er mir verehrt, was meine heimische Klause ziert. Dieses Gemälde nennt er " Gadafis Zelt". Dieses oder ein ähnliches Opus hatte er, wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht, schon mal bei eBay in einer Aktion für ein Mindestgebot ab 10.000 Euro eingestellt. Oder waren es 1000 Euro? Keiner wollte es kaufen. Seine Arbeiten sind in etwa so erfolgreich wie meine Blogs.
Wenn seine Frau mein liebes Brüderchen Gassi führt, schickt sie manchmal eindrucksvolle Bilder von der schönen Wohngegend, wo sich ihr Clan in zwei Häusern mit Söhnen, Schwiegertöchtern und sechs Enkel ausgebreitet hat.
Klaus in Südamerika
Während mich in meinem kleinen Auto schon Strecken von hundert, zweihundert Kilometern erschöpfen, hat Klaus sich mit seinem Rundhauben-Daimler schon über tausend Kilometer mitten nach Paraguay durchgekämpft.
Solche Fahrten und Strecken übersteigen bei weitem meine Fähigkeiten. Fahrten mit dem E-Bike und virtuellen Reisen im Internet am Schreibtisch sind mir lieber.
Zurück nach Oliva
Abseits der Durchgangsstraße gibt es Bauwerke höherer Qualität.
Neben den prächtigen Bürgerhäuser in der Innenstadt stößt man auf historische Gebäude und Stadtteile.
Der Klerikal-Kommerz bewirbt mit Heiligenbildern im Tordurchgang sein Geschäft.
Das Camp Rio Mar gewährt ab dem achten Tag 30 Prozent Rabattt. Es ist genug Zeit, das alte Oliva und andere Orte in der Gegend zu erforschen.
Schlüpfriges Kopfsteinpflaster auf Hügelstraßen fordern alle Aufmerksamkeit. Bei Regen möchte man dort nicht Rad fahren. Doch es regnet selten bislang, einmal ein paar Tropfen im Morgengrauen.
Der erste Kurzbesuch in Oliva am Sonntag war hektisch. Schnell geht es wieder auf der Ausfallstraße zum Camp nach Oliva Nova. Die Ausfall- oder Einfallstraße von oder nach Oliva teilt sich an diesem schmalen Hochhaus.
Da es meine Zeit mir erlaubt, diese liebenswerten, kleinen Orten mehrmals zu besuchen, findet man beim zweiten, dritten Mal immer wieder Neues. Welche Früchte hängen über dem Zaun?
Wie Denia wacht auch über Oliva ein altes Burggemäuer. Eine Einsiedelei übernahm in späterer Zeit das Gelände.
Doch wer kann und will sich noch auf seiner Reise an all diese Tafeln, Orten, Museen, Kirchen erinnern, die längst das Gedächtnis kurze Zeit später gelöscht hat?
Denia
Meine Radwege gehen meistens am Meer entlang. Das Camp Rio Mar liegt vor einem Fluß .
Das Restaurant am Camp bietet Speis' und Trank mit Blick auf das Meer.
Die Straße endet am Camp. Über den Fluß geht nur eine kleine Brücke für Fußgänger und Radfahrer.
Das Camp Rio Mar liegt also versteckt am Ende der Sackgasse. An der Straße zwischen Oliva und Denia liegt ein weitaus größeres Camp. Dort haben viel mehr Wohnmobilisten ihr Quartier aufgeschlagen.
Der Holzhändler an der Straße verkauft Brennholz.
"Bäckerei" steht in Deutsch über dem Eingang. In Großbuchstaben lockt das Angebot:
DEUTSCHES BROT BRÖTCHEN BELEGTE BRÖTCHEN FISCHBRÖTCHEN KUCHEN TORTEN - GEBÄCK
Das "deutsche Brot" für 3,50 Euro schmeckt gut.
Am liebsten sind mir einsame Plätze am Weg. Dort stärkt mich meine Brotzeit aus der Satteltasche, die meinen Einkauf wie Brot und Apfelsinen transportiert.
Denia ist ein liebenswertes Städtchen. Die Fußgängerzone zieht mich gleich in ihren Bann.
Hinter dem Rathaus erhebt sich ein Hügel mit der Burg.
Irgendwie führen Wege zur Burg, die man nur finden muss.
Vor der Fahrt auf den Burgberg steht eine kleine Stadtrundfahrt mit Hafenbesichtigung an.
Es gehört Mut dazu, sein Leben einer Rennmaschine anzuvertrauen. Dafür hat der Held sein Standbild verdient.
Mein Rad steht winzig vor dem riesigen Mast des großen Katamarans. Der Motoryacht dahinter kann man sich nicht weiter nähern, weil der Zugang zum Hafen durch einen Zaun versperrt ist.
Nach der Stadtbesichtigung ist der Zugang zur Burg gefunden.
Das Fahrrad erleichtert mir die Fahrt auf den steilen Burgberg.
Burgen sind auch nicht mehr als Dokumente vergangener Kriegszeiten. Mir geht ein Vers durch den Kopf:
Burgen und Mädchen müssen sich geben
so will es der Krieger, so will es das Leben.
Zynische Tatsache: Krieg vernichtet Natur, Infrastruktur, Bauten und "Humankapital". Sind die Kriegsteilnehmer erschöpft, beginnt der Wiederaufbau. Reproduktion ersetzt das "verlorene Humankapital". Es geht weiter wie zuvor. Es erinnert an einen Spruch der Fußballer: "Nach dem Krieg ist vor dem Krieg."
Macht brauchte in alten Zeiten Mauern und den Blick vom Berg, heute braucht Macht Kommunikationseinrichtungen und Sendemasten.
Man blickt auf Schiffe, Straßen und Häuser. Die ältere Dame doziert gestikulierend vor ihrer Begleiterin.
Auf dem Meer verkehrt kein Schiff. Alle Boote liegen im Hafen.
Bis in weite Ferne ist die Küste bebaut.
Nach langer, erholsamer Zeit auf dem Burgberg geht meine Radreise entspannt zurück heim ins Camp.
Adieu, alte Burg!
Ein Engländer ist seiner nebligen, nassen Heimat entkommen. Auf diesem Platz darf er nicht übernachten. Für viele Camps an der Küste ist das Gefährt zu groß.
Der Seemann am Steuer mit Paddel lässt mich noch mal halten, fotografieren, dann ab ins traute Heim.
Torre del Gerro
Zum Torre del Gerro war es mal wieder ein weiterer Weg, der zudem das letzte Stück steil bergan ging.
Doch es ist gut, tags sich auszutoben, um sich dann im langen, dunklen, warmen Herbstabend auszuruhen und zu entspannen.
Die Aussicht lohnt den steilen Weg auf den Hügel.
Auf dem Bergkamm geht es auf der anderen Seite in eine tiefe Schlucht hinab, die dann wieder aufsteigt zum nächsten Bergkamm. Das Dorf auf der anderen Seite scheint verlassen.
Der holprige Weg zum Turm führt an einer malerisches Bucht entlang. Vorne beugt sich der Baum über den Pfad, den das nächste Bild von der anderen Seite zeigt.
Dahinter liegt das gemauerte Flußbett. Das führt nur Wasser, wenn es regnet.
Wer wandern will, wandert. Wer Rad fahren will, fährt Rad. Wer schwimmen will, schwimmt.
Wer surfen will, surft.
Wer Natur sehen will, sieht Natur.
Wer Kunst sehen will, sieht Kunst.
Wer Fahrzeuge sehen will, sieht sie hier.
Wer alte Bauten sehen will, sieht alte Bauten.Wer seine Rente im Warmen ausgeben will, gibt sie hier aus. Aber das weiß der liebe Leser ja schon beim ersten Bild.
Nun ist schon wieder eine Woche vergangen in der Ruhe des Camps bei Oliva. Nach einem wolkigen Freitag strahlt wieder blauer Himmel am Samstag. Ein starker Herbstwind weht mich die Küstenstraße nach Denia. Es wird Zeit, in den Anorak wieder die Filzjacke einzuziehen.
Die Palmwedel schmiegen sich mit dem Wind zur Seite.
Ohne passende Winterjacke macht die Fahrt in dem Sturm keinen Spass. An einer windgeschützten Ecke stärkt mich ein so große Portion gebratener Sardinen, dass ein Teil zurück geht.
Noch ein paar Einkäufe im Consum, dem riesigen Supermercado, der zehn Kilometer vom Camp Rio Mare entfernt ist. Dann gibt mir das Auto wieder Ruhe vor dem Sturm. Trotz des Sonnenscheins ist es kalt im Wagen, nur 20 Grad Celsius.
Bei der Kälte muss man morgens und abends schon die Heizung laufen lassen.
Wenn der Wind pfeift, fühlt sich die Temperatur einige Grad kälter an. Auch darf man bei dem Wind darf weder die Dachluke noch die Seitenfenster nicht einmal einen Spalt mehr auf lassen. Im Wagen sollte es mindestens 23 Grad warm sein, um mich wohl zu fühlen. Diese "stürmische Kälte bei strahlendem Sonnenschein" ist abenteuerlich!
Grüße von der Frau daheim
Meine Frau hat mit ihrer Freundin eine Ferienwohnng in Erfurt gemietet. In der Nacht waren es in Erfurt vier Grad unter Null. Morgens lag Schnee.
Solche Bilder aus der kalten Heimat wünscht sich einsame Blogger in Spanien!
Großes Abenteuer für kleines Frauchen: Zugfahrt von Sonneberg mit Umsteigen in Grimmelthal nach Erfurt
Durch kleine Gassen gemeinsam laufen...
... und mir ein gelungenes, glückliches Selfie schicken, Danke!
So sitzen die beiden Frauen abends vor dem Kamin, schauen in die Flammen und wärmen sich auf. Auch wir haben einen Ofen daheim, in dem man das flackernde Feuer sieht. Auch das wäre ein starkes Argument für die Fahrt.....
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