Neue Plätze, neue Bilder. Weite Wege bringen mir reiche Bilderbeute. Das strengt Autor wie Leser an - für mich und manchen Leser lohnt sich die Mühe. Burgen in Sabugal und Medina del Campo, Kathedralen in Guarda und Salamanca, Radtouren bis zur Erschöpfung und am Ende der Link zu den Reisekosten in Portugal vom 1. Januar bis zum 21. März. Viel Spass mit 161 Bildern und Text..
Guarda ist die höchste Stadt in Portugal.
Das Camp Municipal in Guarda liegt auf 1007 Meter Höhe. Meine Camp-Nachbarn sind mir schon vor drei Monaten in Albufeira aufgefallen.
Der Mann trägt einen schneeweißen Vollbart. Sie sind jetzt auf dem Weg heim, losgefahren am 10. Oktober, vier Tage nach meiner Abfahrt von daheim.
Auf dem Platz vor der Kathedrale treffen sich Menschen. Sonnenschein fehlt noch zu meinem Glück, der dann später, wie das Titelbild zeigt, die Pracht ausleuchtet.
Dieser wunderbare Ort Guarda war selbst für meine altersschwachen 75 Jahre von Quinta das Cegonhas in knapp 50 Kilometer leicht zu erreichen.
Schließlich verwöhnt mich auf halber Strecke eine Tankstelle mit angeschlossenem Cafe. Es ist kalt, wie man an den vielen Jacken sieht, morgens muss die Heizung in Guarda im Wagen gegen vier Grad Celsius draußen kämpfen. Mit dem vierten Tanken nach 1230 Kilometern in Portugal ist der Tank voll bis tief nach Spanien. Die Autoreifen bekamen ihre 4,5 Atü für die Rückfahrt. Der E-Bike-Akku braucht fast täglich neue Ladung. Das Fahrrad trug mich etwa 1800 Kilometer durch Portugal.
Mein unvergleichlicher Freund Volker, der mich am 19. Oktober 1990 als Chef der damaligen DOS International, dem heutigen PC-Magazin, als Redakteur eingestellt hatte, versteht am besten, was mich umtreibt:
.... es zieht dich nur nach Hause!
Volker könnte auch schon Rente beziehen, hat aber Lust noch etwas zu arbeiten. Volker hat Recht, es zieht mich nach Hause.
Der Personalausweis läuft ab. Eine Kamera geht nach 1.420.578 Bildern kaputt, zum Glück hat mir mein lieber Bruder zwei gleiche, gebrauchte Lumix-Kameras verkauft. Standheizung und die Pumpe vom Bremskraftverstärker müssen repariert werden. Am meisten zieht mich die Sehnsucht nach meiner Liebsten nach Hause.
Der deutsche Freund in Thailand scherzt über Menschen im Hamsterrad, die wie in meinem Job als Redakteur in 20 Jahren, acht Monaten und 12 Tagen etwa 4.000 Zeitungsseiten termintreu abgeliefert haben.
Hamsterrad bis zum Ende oder weg mit dem ganzen Scheiss.
"Hackerbrücke" war meine Rubrik. Erste Mailboxen stellten sich vor, das "tragbare Telefon" war damals noch nicht einmal mit dem Laptop verbunden. Das Bild erschien einige Jahre in der DOS International über meiner Rubrik Hackerbrücke bei einer monatlichen Auflage von bis zu 200.000 Heften. Dabei ging vom Beginn der Datenfernübertragung "DFÜ" bis zum heutigen Internet eine Generation technischer Entwicklung über meinen Schreibtisch. Die Früchte der Arbeit hat gleichsam der Hamster in dicken Backen als heimisches Häuschen mit Garten für das Frauchen daheim wie für mich als rollende Klause zum Überwintern im Warmen zur Seite geschafft.Und so hat mein lieber Bruder Uli jahrzehntelang als Lehrer erste und zweite Klasse unterrichtet, bis er das Kindergeschrei nicht mehr hören konnte noch wollte. Während mich hier Guarda und Umgebung begeistert, fährt die Fähre ihn, seinen Freund und seinen alten Hymer nach Marokko.
Nach einem Jahr im "Hamsterrad" daheim mit sechs prächtigen Enkeln, Schwiegertöchern, Söhnen und Frau hat er sich die Fahrt verdient. Uli teilt seine Fahrt mit Freunden in seinen Blogs, wie diesem vom 18. März.
Wie wunderbar jeder seine Sprüchlein verbreitet! Verzeiht mir der liebe Leser, langweilige Bilder wie dieses zu verbreiten? Der Autor kommt in Guarda an, kauft zuerst bei CONTINENTE seinen Vorrat an Bier, Wasser, Obst und Gemüse ein, bevor er auf dem Camp Municipal in 1007 Meter Höhe morgens seine Gedanken dem Blog anvertraut. Mir macht das Spass. Freund Klaus, der seit Jahrzehnten durch die Welt reist, signiert seine Mails mit dem Sprüchlein:
Die Heimat des Abenteurers ist die Fremde.
Dem Glücklichen schlägt keine Stunde, und schlägt ihm seine letzte Stunde, ist er glücklich.
Was soll das schriftliche Streitgekeif? Wem es wie mir Spass macht, durch die Wunderwelt zu fahren, wem Orte und Begegnungen Geschichten erzählen und wer lesen will, hat Spass mit mir. Es war mein Leben zu schreiben, so soll es bleiben.
Spazieren wir zum ersten Besuch hinein nach Guarda. Der Treppenaufgang ist mit einer Schlange verziert.
Auch Guarda bleibt nicht verschont von künstlerischer Wandbemalung.
In dicke Mäntel verpackt bewundern Besucher die Kathedrale.
Man steht davor in froher Erwartung das Bauwerk zu besichtigen.
Zuvor gebührt es sich, die Statue von D. SANCHOI 2E REI DE PORTUGAL 1185 - 1211 ehrerbietig zu begrüßen.
Wie immer und überall eine Erinnerung an vergangene Kriege, in etwa wie NST aus Südthailand uns erinnert.
Ob Krieg oder Kirche, ob Kleriker oder Kämpfer - ein jeder läuft im Hamsterrad auf seine Art.
Wer sich auf Stimmungen und Gefühle in solchen Hohen Hallen einlässt, lässt sein Trachten und Sinnen bis zur Decke schweifen - und darüber hinaus.
Auf der "Terrasse" der Kathedrale spielen Lichteffekte.
Im Hamsterrad fortschreitender Kathedralentechnologie konnten spätere Baumeister auf seitliche Stützbögen des Kirchenschiffs verzichten.
Beim Rundgang über das Kirchdach blickt man in die Hohe Halle.
Menschen liebes es einfach, die Werke alter Baumeister zu bewundern und sich vor prächtiger Kulisse darzustellen. Kunstvoll hat die junge Frau ihr Smartphone plaziert, den Selbstauslöser aktiviert und huscht flink in die Arme ihres Liebsten, um den gelungen Stop im Hamsterrad einzufangen.
Man ist ja nicht oft hier, vielleicht nur einmal im Leben und wer nie auf das Dach der Kathedrale von Guarda kommt, kann zumindest sehen, wie es hier aussieht.
In Spiegelschrift prangt von der Höhe der Schriftzug GUARDA auf dem Kirchplatz.
Zu jeder Jahreszeit haben seit Jahrhunderten das Bimmelbammel der Kirchenglocken, das Schlagen der Kirchturmuhren das Tagwerk der Menschen in ihren Hamsterrädern eingeteilt. Damit unterscheidet sich diese Kultur von wechselnden Gebetszeit der Muslims, die sich nach dem Sonnenstand richten.
Das Hamsterrad scheint mir weniger passend als die Geschichte von Sisyphos. Für vermeintliche Renitenz gegen seinen Göttervater, musste Sisyphos zur Strafe einen Felsblock auf ewig einen Berg hinaufwälzen, der, fast am Gipfel, jedes Mal wieder ins Tal rollt. So war mein Leben als Redakteur eines Monatsmagazines, so ist mein Leben mit einem wöchentlichen Blog.
Die schwerste Zeit ist immer am Samstag, wenn der Blog online gegangen ist mit all meiner Liebe und Mühe, mit all den gesammelten Bildern und Geschichten. Dies alles zu zeigen, zu schreiben und zu veröffentlichen und danach kommt das NICHTS. Aber die Kathedrale von Guarda brachte mich wieder auf Trab, wie man sehen kann.
Hier tastet sich vorsichtig mein Fuß die Treppe hinunter, die bei Gegenverkehr unerträglich eng wird.
Ist das eine Burg oder Kirche? Zu Hause wartet mein Klavier, dass wieder einmal Choräle erklingen wie:
Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen. Der alt böse Feind mit Ernst....
Was soll das Ganze? Die Antwort gibt allein der Wind oder NST aus Südthailand....
Fuck yu Göthe!
„Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin, und leider auch Theologie durchaus studiert, mit heißem Bemüh´n. Da steh´ ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug, als wie zuvor …“.
Da schleicht der kleine Blogger zurück durch die Altstadtgassen von Guarda in seine kleine Klause. Hat sich der liebe Leser genug gelangweilt?
Radtour nach Sabugal
Wieder einmal eine schmerzliche Lektion: Die Dame der Touri-Info empfiehlt mir den Ausflug nach Sabugal. Es sei "thirteen kilometers" entfernt, 13 Kilometer wäre ja vor dem Mittagessen zu schaffen. Leider war das Gehörte mehr Wunsch als Wirklichkeit, denn es sind 30 Kilometer.
Das wäre, wie Google Maps zeigt, alles zuvor zu wissen gewesen, aber nein, frühlingsfrisch und frohgemut geht es unvorbereitet auf die Fahrt über Berg und Tal.
Manche Menschen brauchen des Tages Müh', um tief und gut zu schlafen - wenigstens ein Paar Stunden lang.
Die Farbe luzifer-rot-metallic hatte einst auch ein Peugeot von mir, der hier mit dröhnender Auspuffanlage an mir vorbei zieht. Zum Kontrast die Ruine dahinter.
Keine Ahnung, ob dies der Buchstabe "G" sein soll, der den Kreisverkehr von Guarda schmückt.
Es ist ein garstig schöner, sonniger Sonntag angesagt. Das Wetter hält sich an den Bericht. Google Maps führt mich auf dem Smartphone über abenteuerliche Wege hinunter in die Tiefen, vorbei an ärmlichen Hütten.
Mit dem Auto kommt man kaum, schlecht oder fast nie in solche Gegenden, wo Menschen in bitterer Armut leben.
Zehn, fünfzehn Kilometer in der klaren Landschaft sind schnell vorbei. Wundervoll reckt der alte Bäume dürre Äste zum Himmel.
Rückblickend erhebt sich auf höchstem Punkt in Guarda der Turm. Man muss sich merken, dass es erst wieder ins Tal hinunter gehen muss, bevor man auf die Höhe des Camps kommt.
Es geht oft bergauf, was dem Akku mehr Wattstunden entzieht, als mir lieb ist.
Schau an! Da steht die alte Hütte am Berg und zeigt über dem Balkon ein Schild mit den Jahreszahlen meines Geburtsjahres: 1948.
Mit mednaiver Ruhe und satter Zufriedenheit staunt das Rindvieh über den Radler, der sich auf dem Asphalt abhetzt.
Zehn Kilometer vor dem Ziel ist es eigentlich noch zu früh für einen Cafe. Doch ohne Trinkwasserflasche, die im daheim im Auto stehen blieb, gönnt man sich Cafe und Wasser. Dabei fällt auf, dass auf dem Mast ein Storch im Nest sitzt.
Bergauf, bergab hält mich der Weg auf Trab. Doch bei der wärmenden Sonne und den mächtigen Felsen lässt sich wieder wunderbar im Gras das Pausenbrot verzehren, die Bierdose leeren und den Vögeln lauschen.
Drei Kilometer weiter und schon kurz vor dem Ziel soll meine Frau ein Smartphon-Bild bekommen. Sie will ja stets Schafwolle für ihre Filzarbeiten. Ein Hütehund springt kläffend über die Weise, den der Fotoapparat aufnehmen soll. Aber ach! Das Gerät ist bei der letzten Rast liegen geblieben, weil mich Bier und Brot schläfrig und unaufmerksam gemacht haben. Also zurück und wieder voran, die Strecke wird immer länger und der Akku immer leerer.
Dann endlich! Sabugal, das Objekt meiner Begierde.
Entweder liegt Sabugal etwas abseits der touristischen Wege oder es liegt an der Mittagspause, jedenfalls ist Ort wie Burg menschenleer.
Müde und erschöpft schleppt sich der Wanderer über die steinige Stiege an einem wackligen Handlauf zur Brüstung empor. Von 13.00 bis 14.00 Uhr ist Mittagspause, doch die Burg steht mir offen auch ohne Eintrittsgeld.
Rund um die Burg liegen Häuser und Hütten, wie sie wohl immer dort standen. Nur Autos, Klimaanlagen und SAT-Antennen sind neu.
Zum Abschied schenkt mir Portugal, diese Burg in der mittelalterlichen Stadt zu erleben.
Da steht's: Gegründet im 12. Jahrhundert....
Sieht die Burg nach all den Jahrhunderten nicht aus wie neu?
Lange hält es mich nicht mehr in Sabugal. Die Hitze steigt, die Zeit drängt zum Aufbruch.
Wer solche Ort, Straßen und Häuser liebt, kommt auf seine Kosten.
Kein Mensch scheint in Sabugal daheim zu sein, so geht es ohne Kaffee weiter.
Noch einen Blick über den Badestrand, dann dreht das Fahrrad die Lampe Richtung Guarda.
Zur Hälfte hat der Akku seinen Wattstunden schon dem Bosch-Motor gegeben. Um die 30 Kilometer zurück zu schaffen, zieht jetzt meistens die geringste Leistungsstufe "ECO" mir die Kraft aus den Knochen.
Drei Kilometer vor Guarda führt mich Google Maps über einen abenteuerlichen Feldweg in die Höhe der Stadt. Als gelernter Almhirte ist es mir ein leichtes das Weidegatter zu öffnen und wieder zu schließen. Auf der anderen Seite inmitten eine Herde blökender Schafe mit gekrümmten Hörner ist das schon schwieriger. Zum Glück reißt ein schwerer Hund nur an wütend an seiner Kette, während Hühner gelangweilt zum Gebell gackern. Auch das andere Gatter war überwunden. An Hütten vorbei rast ein kleiner Hund aufgeregt hinter mir her, dem alsbald ein größerer folgt. Beiden entwischt schiebt mich der Akku mit den letzten neun Prozent heim in mein trautes Heim.
Abschied in Guarda von Portugal
Sie schickt von daheim das Bild des geschmückten Osterbrunnens in Mürschnitz. In langer, aufreibender Morgensitzung gelang es mir mit der Fernwartung von Anydesk ihren heimisichen Computer wieder zur Mitabeit zu bewegen. Es ist so schön, sie in Skype zu sehen und zu hören.
Im Einkaufszentrum Auchan versorgt mich für den Heimweg. Den Mechaniker meiner Autowerkstatt war Wein aus Portugal versprochen, wenn das Auto nach der 5300 Euro Reparatur den Weg übersteht. Es sieht gut aus bislang.
Eines der vielen Restaurants im Kaufzentrum bietet ein vegetarisches Essen mit Pilzen und Tofu. So lässt sich Abschied feiern.
Ein Kaffee unter den Balustraden mit Blick auf die Kathedrale rundet den Spaziergang ab. Das Auto ist mit Wasser versorgt. Die Dämmmatte von der Front trocken verstaut. Die nächste Etappe geht dann nach Spanien, wo bei Salamanca mich das Camp Don Quixote aufnimmt.
Letzter Tag in Guarda, letzter Tag in Portugal
Das Camp Municipal liegt nur ein paar Schritte von der Altstadt mit der Kathedrale. Gleich vor dem Camp gewinnt dieser Sonnenkollektor Strom. Diese Maschinen sieht man an vielen Stellen im Sonnenland Portugal.
Vor der alten Kathedrale lässt sich erstmalig für mich ein VW ID4 sehen. Der Herr mit dem gut gerundeten Körper passt gut zu dem bullig erscheinenden Fahrzeug.
Noch ein paar letzte Blicke in die Altstadtgassen, die wider Erwarten auch Autos durchfahren. Fußgänger müssen sich dann an den Rand drängen.
Geld lässt sich nicht viel verdienen in diesen romantischen Altstadtwinkeln. Wer es sich leisten kann, wohnt lieber in der komfortabeln Häusern außerhalb der Stadt oder in den modernen Wohnblocks rund um diese Altstädte.
Ein PKW schiebt sich noch vergleichsweise ruhig durch die schmale Gasse. Doch wenn ein Dreieinhalbtonner in höherer Geschwindigkeit über das Kopfsteinpflaster rumpelt, wird es laut und gefährlich.
Das war's nun von Guarda. Gegen 6.00 Uhr morgens beim ersten Dämmern zwitschern die Vögel ihr Morgenlied, nach der nahen spanischen Grenzen muss man dann die Uhren wieder eine Stunde vorstellen.
Ihr Computer daheim verbindet sich wieder mit mir. Ihr fröhliches Mädchengesicht lacht so viel. Ihre Haare zupft sie sich selber mit einer Schere zurecht und nennt sich "Punki". Sie pflanzt und erntet schon ersten Spinat im Gewächshaus der SoLaWi, der solidarischen Landwirtschaft.
Salamanca, PATRIMONIO DE LA HUMANIDAD
Am liebsten wäre es mir gewesen, wieder zurück auf kurvigen Straßen Richtung Atlantik in Portugal zu fahren. Die spanische Autovia de Castilla über die etwa 800 Meter Hochebene abzuspulen langweilt mich.
Vom 23. bis zum 25. Mai 2022 verschaffte mir der Platz Don Quijote bei Salamanca nach der brütenden Hitze in Toledo Erleichterung. Im vorigen Mai ging es nach Portugal, jetzt im März geht es von Portugal zurück. Der Abschied von Portugal fällt mir nach dreieinhalb Monaten schwer. Die 170 Kilometer von Guarda auf der freien, fast leeren Autobahn sind zügig zu fahren. Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blüh'n.
Nach mir kommt eine holländische Reisegruppe an. Der Platz ist gegenüber portugisieschen Plätzen gut gefüllt.
Nach drei Versuchen, Tankstellen mit Gas zu finden, gelang es mir beim vierten Versuch, die Gastankflasche wieder zu füllen. So ist es im Auto wohlig warm, während die Nachttemperatur auf zwei Grad Celsius fällt.
Frühling überall. Der Radweg am Fluß in die Stadt ist mir noch gut in Erinnerung.
Einsame, schmale Wege am Fluß führen zur Kathedrale nach Salamanca.
Der erste Eindruck ist immer der Gewaltigste. Erschreckend langsam springt meine Erinnerung dahin zurück, wo es vor zehn Monaten auch nicht anders aussah.
Alte, graue Steine und blauer Himmel - was will der Mensch mehr? Sehen nicht all diese Kirchen und Burgen aus grauer Vorzeit sich überall ein wenig ähnlich?
Wer interessiert sich noch für all die Bronzegestalten, welche auf ihren Sockeln die Richtung weisen und doch nur Tauben oder Möwen als Parkplatz dienen?
Will man beim musealen Inventar in all diesen Hohen, Heiligen Hallen, bei all diesen kunstvollen Exponanten beispielsweise den Betrachter glauben machen, hier gäbe es gleichsam den "Himmelschlüssel" für jedermann?
Man möge mir verzeihen, mein Zustand gleicht einer kultur-religionspolitischen Krise. Es zieht mich mit Macht heim.
Mein Frauchen daheim gehört als Gärnterin und Sammlerin fürwahr zu den "somewhere". So wuschelig und kuschelig verkaufte sie vor elf Jahren in einem Hüttchen am Feldrand Erdbeeren. Mein rastloses Dasein als "anywhere" mault missgelaunt herum.
Feminim verhält sich zu Feminismus wie Islam zu Islamismus. Allerdings verbindet sich feminin mit maskulin bestenfalls zu einem Dritten. Was bei Gott, Allah oder Jawe rausspringt, ist mir nicht klar.
Fürwahr, wohl wahr! Gemach, gemach - immer mit der Ruhe! Das Gesangbuch steht aufgeschlagen. Die Liturgie beginnt.
Kommt nicht in Kathedralen, Kirchen, Tempeln, Moscheen bei regelmäßigen Übungen und Beachtung religiöser Gebote der Rastlose zur Ruhe? Vielleicht. Oder gehören Bloggen, Rad- und Autofahren auch zu medinaiven Übungen?
Lässt das Licht aus der Höhe innere Ketzerstimmen verstummen?
Diese Statue ehrt eine besondere Frau, doch ebenso Frauen im allgemeinen. Jeder kommt aus einer Frau und Mutter. Wer "holdes Weib errungen, mische seinen Jubel ein", denn er kennt die erhaltende, sorgende Kraft seiner liebenden Frau. Was man sagen kann, soll man klar sagen. Worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen. Nun gut, mir bleibt das Schweigen.
Drinnen im klerikalen Großraummuseum bedrücken mich schwere Gedanken.
Draußen scheint die Sonne. Die Mädchen zeigen Haut. Der Storch auf der höchsten Stelle des Bauwerks plant seinen Brutplatz. Treibt Menschen ähnliches Verlangen an?
Abschiedsstimmung stellt sich ein, Spanien wird mich nicht lange halten, Salamanca diesmal nur zwei Tage lang.
Zuvor soll eine Turmbesteigung mir die Pracht aus der Vogelperspektive zeigen. SCALA COELI steht auf der Eintrittskarte.
Es folgen Bilder im Stil meines Bruders Uli - ohne Text, Bildunterschrift und Kommentar.
Hier sind drei Glocken von unten zu sehen. Mein Bruder kann derweil in Marokko die Druckkammerlautsprecher auf Türmen bewundern, deren Gebetsaufrufe in den Straßen schallen.
All das ist zweifelsohne zauberhaft.
Doch mich bezaubert der Frühling mehr im Moment.
Hinter diesem Zeichen auf dem Kreisverkehr steht: Huertos Urbanos
Sollte es sich bei den kleinen abgegrenzten Flächen um öffentliche Gärten handeln, wird es Zeit, diese zu bewirtschaften.
Richtung Nord-Ost Alaejos
Als nach der Abfahrt von der Autobahn das Schild TOURISMO CULTURAL Conjunto Historico ALAEJOS und der Kirchturm auftaucht, dann noch ein anderes Schild einen Womo-Stellplatz anweist, ist das erstmal mein Platz.
Den Schlüssel für den Stromkasten kann man sich bei der Bar abholen, zahlt vier Euro für 24 Stunden Strom, hat Wasser und Müllentsorgung frei. Die Luft schmeichelt mit milden 15 Grad Celsius, die Bäume tragen rosa Blüten. Das Dorf lockt mit einem stattlichen Kirchturm.
Die Straßen sind angenehm leer. Es treten sich keine Touristen und Studenten auf die Füße wie in Salamanca.
Zufällig ist auch Markttag. Wie auf allen Märkten packen die Händler aus Bananenkartons ihre Ware aus, so wie es meine Frau auch immer gemacht hat und immer noch macht.
Der Händler hat kunstvoll Turnschuhe nach dem neuesten Chic platziert, im Hintergrund ein repräsentatives Gebäude mit Balkon und Uhr.
Das erste Kaufhaus am Platz versorgt mich neben den Weintrauben vom Markt noch mit den köstlichen Bierdosen, 21 Cents preiswerter als in Salamanca.
Die Arbeiten am Dach gehen zügig voran. Das Material zieht ein kleiner Elektromotor mitsamt der Schubkarre hoch.
Tordesillas
Nachdem mit der Ortsbesichtung von Alaejos, Einkäufen und Brotzeit schon der halbe Tag vergangen ist, reichen mir 36 Kilometer, um im Camp von Tordesillas auszuruhen. Der Preis dort ist mit 26,60 Euro einer der teuersten bislang, doch Tordesillas hat viel zu bieten.
Nach der Brücke über den Duero begrüßt den Besucher der Stier mit gesenkten Hörnern.
Um mächtige Gemäuer in spätmittelalterlicher Pracht scharen sich nicht die Touristen wie in Salamanca.
Das Bauwerk beeindruckt mich.
Ein Korsett aus Eisenträgern stützt die Jahrhunderte alten Mauern.
Meine Campnachbarn schieben ihre Fahrräder über den Marktplatz. Im Kaffee haben sie bei einem beschaulichen Plausch von ihrem Winter in Marokko geschwärmt. Doch jetzt sei ihr Reisefieber abgeklungen und sie wollen heim.
Mir machen die kleinen, einsamen Gassen eher heimatliche Gefühle.
Zumindest macht es mich glücklicher, durch diese Gegend zu radeln als in Büchern, im Internet oder Fernsehen nach Erkenntnis oder Unterhaltung zu suchen.
Der Platz bietet Dickschiffen mit Anhänger allen Platz, den sie brauchen, ohne umständlich rangieren zu müssen. Der Spruch auf dem MAN-Dickschiff schließt diesen Blog am Ende ab.
Mit bietet Tordesillas in seinen ruhigen Altstadtgassen die Inspirationen und Stimmungen, die mich als Langzeiturlauber glücklich machen.
Wie die Bauwerke heißen, wann sie entstanden sind oder was sie im Innern bieten, interessiert mich weniger.
Tordesillas mit seinem Luxuscamp am Duero macht mir einfach Freude.
La Vega Junta de Castilla y León bietet den Bürgern von Tordesillas diese AREA RECREATIVA. Menschen feiern einen Kindergeburtstag. In den Steinhäusern mit dem Schornstein aus Blech lassen sich halbe Schweine braten, zumindest aber Ferkel.
Eine wuschelige Palme schmiegt sich an die Sonnenseite des Gemäuers. Es soll böig werden, vielleicht sogar Regen geben. Doch mich könnte es hier noch eine Nacht länger halten.
Rentnerparade mit Bruder Uli in Marokko und anderen
Mein Bruder blüht auf, wenn er auf die Bahn geht.
In vier Tagen hat er mit seinem Freund tausend Kilometer in Marokko abgespult. Einen Blog hat er auch noch online gestellt.
Wer nicht von diesem Blog in den Uli-Blog klicken will, kann sich hier seinen Reise Diesel-Mercedes ansehen, Baujahr 1986.
Andere Rentner schicken mir Bilder. Rentnerin Christel hat Pech gehabt auf einer Konferenz in Nizza. Sie haben ihr den Geldbeutel mit allen Papieren geklaut.
Rentner Reinhold tummelt sich im Schnee, hier ohne Wohnmobil unterwegs.
Rentner Klaus, halb Jahr jünger, Rundhauben-Daimler zwei Jahrzehnte älter - logiert gerade in der Region Santa Fe in Südamerika. Wer das "Blaue Wunder" weiter durch Südamerika fahren will, kann es dort für 20.000 Euro kaufen. Nach Wochen hat er wieder einen Blog aus Argentinien online gestellt.
Doro arbeitet als "anywhere" in den Bergen Südtirols.
Rentner Freund Chetan versteigert bei eBay eines seiner Meisterwerke, welches er mir gewidmet hat.
Rentner Freund Harald hat nicht einmal mehr Lust auf neue Gehässigkeiten, alles nur Störungen seiner Oblomowerie. Spart Euch meinen Blog-Bericht, liebe Freunde. Der eine langweilt sich, der andere ärgert sich, als hätten sie bei mir ein Wunschkonzert bestellt.
Medina del Campo
Bei dem "Ritt" über Feldwege gingen viereinhalb Stunden drauf.
Dabei ließ mich das Gefühl nicht los, wie Don Quijote auf Rosinante über Stock und Stein ans Ziel zu reiten.
Nachdem mir Wiki Medina del Campo gezeigt hatte, gab es kein Halten mehr für mich.
Der Weg ließ sich anfangs recht manierlich an, wurde dann aber immer schlimmer.
Selbst der Wirtschaftsweg der Weinbauer war noch erträglicher als der folgende Trampelpfad.
In Rueda drehten sich die Räder ein kurzes Stück über Asphalt.
Kirchenbänke oder Sessel in einer Straßenbar laden zu Rast und Ruhe, doch es sind immer noch 15 Kilometer und der Weg ist unbekannt.
Ob die Weinbauern, die mit einem riesigen Weinfass werben, ordentliche Wege durch ihre Weinfelder angelegt haben?
Soweit kann man sich bislang kaum beklagen. Doch danach hinderte ein Schlammloch auf dem Weg das Fortkommen. Am Rande konnte man gerade noch gehen, doch mein treues Rosinante-Rad musste am Lenkerzügel durch das Schlammloch kommen. Dabei klebte sich unverzüglich schwerer Schlamm an die Reifen, der nicht mehr loskam. An einer Tankstelle versuchte fünf Minuter Wasser für einen Euro den Schlamm zwischen Reifen und Schutzblech zu lösen. Das gelang zum Teil. Mit heulend schleifendem Reifen ging es die letzten Kilometer zum Ziel. Zu allem Überdruß wurde der Weg sandig und nicht befahrbar.
Mit zitternden Knien war Medina del Campo erreicht, doch erschöpft freut der Zauber weniger.
Zum Glück hatte mir eine Dame der Touriinfo in Rueda schon einen Stadtplan von Medina del Campo mitgegeben. So konnte mein Smartphon mit Google Maps mich zum Ziel Castillo de la Mota leiten.
Ein weiteres Bild von dem überwältigenden Bauwerk bevor sich der erschöpfte Chronist auf alten Burgsteinen niederlässt, um seinen Proviant zu verzehren.
Mit diesem Blick auf die Burg stärkt mich mein Proviant, auch wenn das schleifende Rad und der sandige Rückweg mich weiter beunruhigen.
Doch wenn man schon da ist, nimmt man alle Kräfte zusammen, um weitere Ansichten und Einsichten zu erhaschen.
Gegenüber den abweisenden, hohen, fensterlosen Außenmauern sieht es im Innern der Burg wohnlich aus.
Nun gut, es wird Zeit sich auf Rosinante zu schwingen und wie Don Quijote mit schleifendem Rad den langen Heimweg zu gewinnen.
Auf vier Rädern kommt man durch den Sand, das Fahrrad muss per Schiebehilfe neben mir her laufen. An der Tankstelle spendiert ein Euro weitere fünf Minuten Wasser für das Rad Rosinante. Danach springen Steine zwischen Schutzblech und Hinterrad aus dem Lehm und das Rad läuft wieder frei.
Das Wetter und Google Maps haben ein Einsehen. Der Wind kommt von hinten, Google Maps wählt einen besseren Weg. Besser heißt, dass der steinige Feldweg zumindest für Trecker und mein Fahrrad fahrbar ist. Das Weinstädtchen Rueda liegt rechts von mir.
Gerettet! Tordesillas liegt in sonniger Pracht vor mir. Die Camp-Nachbarn aus Wunsiedel haben längst den Heimweg angetreten. Das MAN-Dickschiff, der auf seinem Anhänger den SUV mitschleppt, hat seine Rückwand mit einem sinnig-stimmigen Sprüchlein verziert.
Solche Menschen kennen zu lernen, lohnt sich. Der Rest ist.....
....Schweigen....
P.S.: Die Gesamtkosten meiner Portugal-Reise vom 1. Januar bis zum 21. März im Extra-Blog .