Hitze lässt sich am Meer besser ertragen. Von Meerwind gekühlt auf dem Fahrrad an die Ostsee und ins erfrischende Wasser. Nach Jahrzehnten im Westen lässt sich als Neubürger in Sonneberg das faszinierende Leben meiner Cousins Olaf und Holger besser verstehen. Die Reisewoche schließt im schwedischen Trelleborg.
Vor einer Stunden langen Radtour an Meer lässt man besser die Dachluken geschlossen, um keine Wasserschäden bei eventuellem Regen zu riskieren. Regen gab es keinen, Höllenhitze viel. Doch am Abend um 18.06 Uhr lässt sich die Höllenhitze von 37,6 Grad Celsius bei geöffneten Fenstern, Dachluken, aufgestellter Heckklappe und geöffneten Türen schnell auf 30 Grad reduzieren.
Wer Lust hat, begleitet den Autor jetzt auf dem Hitze heißen Ausflug von Wismar auf die Insel Poel.
Als Tourist hat man keine Ahnung, woher und wohin dies Wasser kommt oder geht. Der junge Mann ist wirft die Kleider ab und wagt sich in die braune Brühe.
Mir reicht die Badestelle nicht, von der man auf eine Landzunge in der Ferne blickt. Mir ist das freie Meer lieber. Am Spätnachmittag fahren Paddler unter der Brücke an dieser Stelle durch.
Mir ist ja gleichgültig, wie die eingeborenen Ureinwohner schreiben oder sprechen, mir ist trotz Seewind und Fahrtwind heiß geworden, meine Wasserration aufgebraucht, meine Kraft am Ende. Ein Supermarkt muss helfen, dass sich nicht Gastwirte an meiner kargen Rente bereichern.
OSTSEEBAD INSEL POEL Peul Wat för Luftsnappers
Das Schild für Fahrräder weist nach rechts mit der Aufschrift
Timmendorf Strand 15
Google Maps weist den Timmendorfer Strand in weiter Ferne. Verwirrend: Der Timmendorf Strand ist nicht der Timmendorfer Strand.
Nach Kilometern Hitzefahrt auf wunderbar asphaltiertem Radweg ragt in nicht zu weiter Ferne hinter dem Holzsteg ein Kirchturm auf neben den Masten der Booten. Dort sollten doch die Eingeborenen sich mit Lebensmitteln versorgen können.
Die Mama lässt ihr Kind sich im Hafenbecken entsorgen, Papa ist gerade aus dem Jet-Ski gekrabbelt und zieht die roten Schuhe an.
Ein Künstler- und Handwerkermarkt am Hafen verkauft kein Wasser. Hier gäbe es vergorene Getränke mit mehr oder minder Alkohol, Marmeladen und Besen, Schrubber und dergleichen, nur kein Wasser.
Gegenüber dem Insel-Museum rettet mich ein REWE-Markt mit Wasser und Kakao. Unter einem schattigen Baum an eine Mauer gelehnt, trinkt mein Körper neue Kraft. Der Künstler-Markt am Museum interessiert nicht.
Bevor es ans Meer zum Ort "Schwarzer Busch" geht, stärkt mich ein Mittagsschlaf. Eine schattige, ruhige Stelle ließ sich finden. Vor dem Strand steht eine Gedenkstätte für das Schiff Cap Arcona.
Man kann lesen, wie der stolze Ozeanriese nach 91 Reisen mit 200.000 Passagieren auf der Route Hamburg-Buenos Aires in nur 15 Tagen am 3. Mai 1945 nach 40 Treffern britischer Jagdbomber ausbrannte und kenterte.
Den Zugang zum Meer muss man an dieser Parkuhr kaufen. Die Hitze hat mich soweit zermürbt, dass eine junge Dame mir dabei helfen muss, aus meiner Checkkarte den Eintritt von 2,50 Euro rauszukitzeln.
Aber dann, hinein ins Getümmel. Da meine Sieben-Sachen weder Wachhund noch meine Frau hüten können, kann sich mein Körper nur im Uferbereich kühlen, um notfalls schnellstens aus dem Wasser an den Strand zu spurten, um Langfinger das Handwerk legen zu können.
Für Große und Kleine gibt es ein Theaterzelt mit einem ansprechenden Programm: "Das NEINhorn" vom Wolfhagener Figurentheater.
Wie im Cabrio umweht mich Luft auf dem E-Bike.
Stralsund
Sonntag wird wieder ein brütend heißer Sommertag. Gegen 11.00 Uhr ist das erste Teilstück bis Stralsund geschafft.
Der Stellplatz liegt einen Kilometer vom Meer entfernt. Dort lässt es sich in der Mittagshitze im Schatten aushalten. Das Wasser im Bodden ist etwas schlammig und von Wasserpflanzen durchsetzt. Doch der Platz ist ruhig, nach Abzug der Familie mit Hund für mich allein gerade richtig.
Der späte Nachmittag ist dann erträglich, um in die vier Kilometer entfernte Innenstadt zu radeln.
Stralsund befriedigt voll meinen Bedarf an Backsteinkirchen und Kriegerdenkmälern.
Nur junge Mädchen können reizvoller sein als alte Backsteinkirchen oder alte Motorräder wie eine BSA vom Baujahr 1940.
Diese hochherrliche Halle hätte fürwahr meinen Besuch verdient, doch Zugang gewährt man dort nur von 10.00 bis 17.00 Uhr. Gleich schlägt die Kirchturmuhr: 18.00 Uhr.
So lässt man das Gemäuer stehn, um an der nächste Ecke das nächste zu sehen.
Für die letzte Reste meiner verkümmerten Religionsinstinke scheinen mir profane Neubauten dem ehrwürdigen, alten Klerikalbau ein wenig zu nahe "auf-die-Pelle-gerückt" zu sein.
Doch aus einer anderen Perspektive lässt sich ein besserer Blick auf die markanten Doppeltürme erhaschen.
Andere Touristen betreten die dunkle Röhre hinter dem bestrahlten Tor, um die Geheimnisse dahinter zu erforschen. Doch für solche Kleinigkeiten fehlen mir Kraft, Zeit, Ausdauer und Energie.
Wer jung ist, wem noch viele Jahre bleiben, mag länger an einem Platz verweilen.
Für dieses Bild muss sich Autor und Fotograf schämen, weil man nicht sieht, wo die Spitze des Turmes wie endet.
Doch wie sollen Turmspitzen schon enden? Mit einer goldenen Kugel, einem Blitzableiter oder einem Wetterhahn.
Wichtiger als Klügelei über Turmspitzen scheint mir die verrinnende Zeit. Die Glocken läuten, die Kirchturmuhr schlägt: 18.00 Uhr.
Namenlose Helden der Arbeit stehen auf Podesten am Gewerkschaftshaus zentral gegenüber dem Rathaus.
Genug von Stadt und Steinen geht es ans Meer. Der Freizeitkapitän sitzt in seinem Kahn "Senhora da Rocha" und schaut ins Smartphone.
Am Ende der Mole am grünen Steuerbordturm sieht man auf die große Rügen-Brücke, dahinter die Ziehbrücke, über die auch die Eisenbahn fährt.
Der Rückweg am abkühlenden Abend fällt leicht. Noch ein altes Stadttor bewundern, kreuz und quer durch die Altstadt radeln und schon liegt Stralsund am andern Morgen hinter mir.
Es war einmal als Städte noch Mauern und Tore hatten. An den Toren standen Wächter, die den Einlass kontrollierten. Es war einmal.
Deutsche Bank erinnert an "Eine feste Burg ist unsere Bank"... oder so ähnlich. Es war einmal.
Die Brauerei Störtebecker versorgt Stralsund mit Bier.
Olaf, Meister der sozialistischen Industrie, hat von vier Frauen vier Kinder.
Erstmalig haben wir Olaf und seinen Bruder Holger 2011 besucht. Bis dahin war uns das Leben in der "Ostzone" vollkommen unbekannt. Mittlerweile ist mir Olaf so vertraut wie ein älterer Bruder. Seine Erzählungen von Arbeit, Frauen, Militär und vom Ernteeinsatz, von Improvisationen beim Bau seines Bootes oder Surfbretts, die Organisation von Material für den Bau seiner Datscha vermitteln mir einen besseren Eindruck vom Leben in der DDR als Filme des MDR vor 1990.
Vor zwei Jahren hat mir Olaf viel aus seinem Leben erzählt - herzlich mit Freunden und Freundinnen.
Jetzt ist Olaf schon seit Jahren mit Heike zusammen, die ihm über die schwere Zeit hilft. Denn im Februar dieses Jahres musste Olaf kurz vor seinem 80. Geburtstag am 20. April eine schwere Herz-Operation überstehen. Das volle Programm mit Herz-Lungen-Maschine, neuer Herzklappe und danch 48 Pillen am Tag, derweil reduziert auf 12 Pillen prot Tag. Bei meinem ersten Anruf im März röchelte er nur und sah sich für immer als Pflegefall. Nach der Reha schwimmt er jetzt wieder, fährt E-Bike und spaziert Kilometer lang am Strand entlang.
Die Wurzeln unserer Familie mütterlicherseits liegen in Danzig. Mutters Schwester wurde am 20. Mai 100 Jahre alt. Olafs Vater, mein Onkel Gerd, wurde 1916 geboren. Onkel Gerd hatte nach dem Krieg und Gefangenschaft in Russland sich im Westen mit einer neuer Familie eingerichtet und seinen Söhnen in der "Zone" gelegentlich ein Paket geschickt.
Onkel Gerd, Vater von Olaf und Holger, hat das hohes Alter von 94 Jahren erreicht. Weil Gerd im Westen lebte, lernte er seine Söhne Olaf und Holger erst nach der Öffnung der Grenze, nach 1990 kennen.
Papa Gerd war im Krieg, danach lange Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft. Die Mama musste ihre beiden Buben Olaf und Holger allein durch den Krieg bringen. In diesem Haus in Danzig begann für Olaf und Holger ihr wildes Leben. Mit viel Glück und Hilfe floh die Mutter mit ihren Kindern 1944 nach dem Einmarsch der Russen. Die Fahrt im Flüchtlingszug durch den polnischen Korridor in Richtung Westen endete als der Lokomotive die Kohle ausging.
Die Nachkriegszeit war für uns im Westen wie für Olaf im Osten kein Zuckerschlecken. Bilder aus Olafs Fotoalbum erzählen von seinem Leben in der DDR. Die mageren Kinder sollten sich mit der "Kinderlandverschickung" ins Kyfhäuser Gebiet kräftigen und wurden mit Lebertran gemästet. Lebertran gab es bei uns auch im Westen - schmeckte ziemlich scheußlich nach meiner Erinnerung.
Wie für uns im Westen waren auch für die Jugendlichen im Osten Fahrzeuge ein Schlüssel zur Freiheit. Im Jahr 1962 posierte Olaf mit 19 Jahren auf einer MZ RT 125. Er selbst fuhr die CZ Jawa 175 cc.
Der Mann mit seiner Maschine: So erfüllte sich Olaf mit der 175er Jawa archaische Träume von Macht und Freiheit.
Burschen und Mädel gediehen prächtig. Drogen wie Meskalin, LSD oder Haschisch, die in unserer Jugendszene uns als 20jährige 1968 den Kopf vernebelten und Gesundheit schädigten, gab es nicht im Osten. Für Olaf drehte sich als 20jähriger alles um Mädchen und Zigaretten, wie er erzählt. Im Ferienlager Etkar André arbeitete Olaf dann ab 1963 als Elektriker. Er qualifizierte sich zum "Meister der sozialistischen Industrie". So lautete seine Berufsbezeichnng.
Im Internet findet sich Material zu diesem Pionier- und Jugendlager. Olaf schwärmt von seinen schönsten Zeiten als Elektriker im Ferienlager.
Als Elektriker im Ferienlager lebte Olaf wie eine Made im Speck. Etwa 160 Betreuer, technisches und wirtschaftliches Personal kümmerten sich um mehr als 1000 Kinder. Hier posiert Olaf mit medizinischem Personal vor der Krankenstation. Die Betreuerinnen wechselten alle zwei Wochen. Die Lebenshungrigen jungen Leute hatten miteinander viel Spass. Fast alle seine Bilder zeigen fröhliche Menschen.
Olafs anderthalb Jahre jüngerer Bruder Holger wurde als Republik-Flüchtling zu anderthalb Jahren Haft verurteilt. Holgers MZ 250 zog die Polizei als Fluchtmittel ein. Doch Eingaben der Oma, dass sie die Maschine von ihrer Rente finanziert hätte, waren erfolgreich. Die Familie erhielt das Motorrad zurück. So durfte Olaf das Gerät übernehmen, der es nach verbüßter Haft seinem Bruder zurück gab.
Neben seiner Arbeit als Elektriker im Ferienlager forderte die NVA (Nationale Volksarmee) die jungen Leute. Olaf wurde 1964 zum Wehrdienst eingezogen. Hier posiert der lange Olaf in der Mitte. Weiter als zum einfachen Soldat mit etlichen Disziplinarstrafen hat er es nicht gebracht. Zwang passte ihm nicht. Olaf konnte sich nie unterordnen, zudem waren die Ausbilder noch dämlicher als er selbst, wie er erzählt. Wichtiger Bestandteil der militärischen Ausbildung war zweimal wöchentlich "Rotlichtbestrahlung". Diese diente dazu, die Soldaten "auf Linie zu bringen". Der Feind war zu dem Zeitpunkt die BRD. Im Militärkonflikt sollten DDR-Soldaten vor den Betten der Westsoldaten stehen, bevor diese aufstehen konnten.
Hier stapft Olaf (zweiter von rechts in der ersten Reihe) 1965 im MSR (Motorisiertes Schützen Regiment) über Betonplatten von Prora, die heute noch dort liegen.
Die meisten Menschen in der DDR konnten meisterlich organisieren. Olaf hatte sich beispielsweise diese Ausgangskarte "verschafft", um die Kaserne für nächtliche Ausflüge zu seiner Geliebten verlassen zu können.
Olafs erste heiße Braut Monika in Sassnitz faszinierte ihn bei Nacht weitaus mehr als sein Dienst in der Kaserne am Tag. Im Jahr 1965 heiratete das Paar. Olaf bekam seinen ersten Sohn Sven.
Das DDR-Regime regierte mit Zwang. Die jungen Menschen hatten viel Spass daran, sich frei in Liebe zu erforschen. Die Sehnsucht nach Freiheit trieb Olaf von einer Frau zur anderen. Im Laufe der Jahre bekam er von vier verschiedenen Frauen vier Kinder. Für die Kinder zahlte er im Rahmen seines Einkommens gesetzlichen Unterhalt - maximal 80 Ostmark pro Kind im Monat.
Vorerst wuchs und gedieh sein Sohn Sven. Die Motorräder wurden größer und schwerer. Hier posiert Sven auf der 350er Java, die mit 18 PS das Doppelte leistete wie die MZ RT 125.
Die Soldaten wurden im Herbst immer zum Ernteeinsatz eingesetzt. Olaf sitzt oben auf dem Trecker.
Spass kam auch nach der Scheidung von Monika nicht zu kurz. Irgendwie verschaffte sich Olaf Material für den Bau seinen Bootes, das er nach seinem Sohn "Sven" benannte. Die Frontscheibe war einst Heckscheibe eines Wartburgs. Der Außenbordmotor, Marke Forelle, war eine tückische Maschine, weil sie häufig ausfiel. Mit 7,5 PS war das Boot zu langsam, um Wasserski zu ziehen.
Mit Fleiß und Organisationstalent brachte es Olaf 1965/66 zu einem Wartburg 311 Coupe.
Heute steht bei mobile.de eine Anzeige für dies Wartburg Coupe von 1963. Der Anbieter verlangt dafür 50.000 Euro. Olaf verkaufte das Fahrzeug und stieg auf den jugoslawischen Zastava um, einen Lizensbau des Fiat 128.
Sein Sohn Sven besitzt mittlerweile in Rügen eine Firma mit einem Hubschrauber. Urlauber buchen Flüge über die Insel, 250 Euro pro Person, vier Personen fliegen mit.
Olaf war wieder in Sassnitz. Dort traf Olaf Freundin Heidemarie bei festlicher Runde für eine Nacht. Sie kam aus Berlin für ein Wochenende nach Binz in den Goldenen Löwen. Ein Vierteljahr später schrieb sie Olaf voller Glück von ihrer Schwangerschaft. Unwillig musste sich Olaf mit seinen Verdienstbescheinigungen in Potsdam vor einer Kommission einfinden, die seine Vaterschaft bestätigte und seinen Unterhalt festsetzte. Den zahlte er für seinen Sohn Danilo ab 20. März 1974. Danilo studierte, was Olafs Unterhaltszahlungen verlängerte. Danilo machte Karriere als Führungskraft im Berliner Kulturbetrieb.
Anfang 1977 verzauberte Elvira den guten Olaf, der er nicht widerstehen konnte. So bekam Elvira Tochter Monika. Mit Elvira zog Olaf zu ihren Schwiegereltern ins idyllische Thüringische Schwarzatal. Olafs baute mit seiner handwerklichen Begabung im elterlichen Fachwerkhaus eine Wohnung für das junge Paar aus. Streitigkeiten mit den Schwiegereltern und der Altersunterschied von zehn Jahren zu seiner Frau waren für Olaf letzendlich ausschlaggebend, seine Zelte im Schwarzatal abzubrechen.
Olafs Freund Schulze war Schlossermeister der sozialistischen Industrie. Freund Schulze ließ sich "Boysen" in Anlehnung an den NS-Widerstand Harro Schulze Boysen nennen. "Boysen" verschaffte Olaf Unterkunft und Arbeit als Elektromeister der sozialistischen Industrie im SVKE Schlacht- und Verarbeitungskombinat Eberswalde. Am Wochenende machten Boysen und Olaf Ostberlin in Tanzlokalen und Nachtbars unsicher. An freien Tagen erforschten sie Automärkte, die auf dem Gelände eines ehemaligen Kraftwerks Autos zu Hunderten anboten.
Hier kaufte Olaf einen der raren Golf 2, Baujahr 1978 mit 50 PS. Kanzler Kohl hatte damals DDR-Stahlpressen gegen 10.000 Golf getauscht. Diese Fahrzeuge wurden in der DDR nur in Ostberlin zum Listenpreis von 19.000 Ostmark verkauft. Damit versuchte das Regime, Berliner in der Hauptstadt für Systemtreue zu belohnen. Olaf zahlte für seinen gebrauchten Golf 32.000 Ostmark. Er fuhr das Fahrzeug zehn Jahre lang und verkaufte es dann für 42.000 Ostmark. Die Menschen zahlten weit mehr für begehrte Güter, als offizielle Listenpreise auswiesen. Ein Trabant kostete beispielsweise ab Werk 8.000, wurde aber bis zu 20.000 Ostmark gehandelt.
Olaf wollte in Ungarn einen Dachgepäckträger für seinen Golf kaufen, was er mit einer Urlaubsfahrt verband.
Auf der Anreise versuchten Militärangehörige Olaf in Opole (Polen) "abzuflöhen", weil er mit seinem Golf zu schnell in eine Ortschaft einfuhr. Sie verlangten 5000 Zloty, die Olaf nicht zahlen wollte. Stattdessen öffnete Olaf die Heckklappe und zeigten den "Straßenräubern" den Reiseproviant der Gruppe: 200 Würste, drei Salami und fünf Schinken
lagen im Kofferraum. Im Militärjeep saßen drei Soldaten, die sich mit Olafs Ausweis beschäftigten. Die Beamten bemerkten, dass im Golf keine Westbürger fuhren. Von Ostbürgern konnten sie keine harte Währung erwarten. Weil die Beamten zu viert waren, konnten sie auch keine Bestechung in Form von Fleischwaren annehmen und ließen die Urlauber straflos passieren.
Boysen und Olaf arbeiteten im Fleischkombinat. Dort ließen sich Waren irgendwie "beschaffen". Als Urlauber in Ungarn konnten sich DDR-Bürger für ihre Ostmark nicht viel leisten. Nach der Wende sah Olaf seine Stasi-Akte. Sein bester Freund "Boysen" war Informant der Stasi. Die Stasi wusste also, welche Beschaffungsaktionen die Gruppe mit Olaf plante. Als Stasi-Informant warnte Boysen, nicht zu weit zu gehen. Dass Boysen monatliche Berichte (Dossiers) über seine Freunde anfertigen musste, wussten diese damals nicht.
Olaf, die Frauen und seine Kinder: Es beann mit Monika in Sassnitz, ging mit Elvira im thüringischen Rohrbach weiter, fünf Jahre Arbeit in Eberswalde, dazwischen im Urlaub in Rügen eine Liebesnacht mit Heidemarie, zurück in Sassnitz und letzte kurze Ehe mit Regina. Danach blieb Olaf in Sassnitz und blieb ledig.
Zurück zu Olafs Zeit im Fleischkombinat Eberswalde. "Boysen" fuhr dort einen Multicar. Olaf wollte am Wochenende seine Eltern bei Angermünde besuchen und ihnen Wurstwaren mitbringen. Zwei feinste Rindersalami verstauten Boysen und Olaf hinter den großen Sonnenblenden des Multicars. Die Wachhabende ging bei Ausfahrt aus dem SVKE um den Multicar und ließ die beiden passieren. Bei der Einfahrt in die Seuchenmulde klappten die Sonnenblenden runter und die Würste fielen ihnen auf den Schoß. Doch der Schlagbaum war offen, sie gaben Gas und brachten ihre Beute in Sicherheit.
Tausende Multicar-Allradfahrzeuge dieseln durch die neuen Bundesländern.
Wer hat schon jemals einen Mulitcar mit Kofferaufbau gesehen?
Olaf erlebte eine schöne Zeit in Eberswalde von 1979 bis 1984. Ihnen fehlte nichts. Danach zog er zurück in seine Heimatstadt Sassnitz. Sofort bekam Olaf Arbeit als Elektromeister beim Aufbau des Fährhafens Mukran (IAG Investitionsauftragsgeber).
Boysen und Olaf arbeiteten im Fleischkombinat. Dort ließen sich Waren irgendwie "beschaffen". Als Urlauber in Ungarn konnten sich DDR-Bürger für ihre Ostmark nicht viel leisten. Nach der Wende sah Olaf seine Stasi-Akte. Sein bester Freund "Boysen" war Informant der Stasi. Die Stasi wusste also, welche Beschaffungsaktionen die Gruppe mit Olaf plante. Als Stasi-Informant warnte Boysen, nicht zu weit zu gehen. Dass Boysen monatliche Berichte (Dossiers) über seine Freunde anfertigen musste, wussten diese damals nicht.
Olaf, die Frauen und seine Kinder: Es beann mit Monika in Sassnitz, ging mit Elvira im thüringischen Rohrbach weiter, fünf Jahre Arbeit in Eberswalde, dazwischen im Urlaub in Rügen eine Liebesnacht mit Heidemarie, zurück in Sassnitz und letzte kurze Ehe mit Regina. Danach blieb Olaf in Sassnitz und blieb ledig.
Zurück zu Olafs Zeit im Fleischkombinat Eberswalde. "Boysen" fuhr dort einen Multicar. Olaf wollte am Wochenende seine Eltern bei Angermünde besuchen und ihnen Wurstwaren mitbringen. Zwei feinste Rindersalami verstauten Boysen und Olaf hinter den großen Sonnenblenden des Multicars. Die Wachhabende ging bei Ausfahrt aus dem SVKE um den Multicar und ließ die beiden passieren. Bei der Einfahrt in die Seuchenmulde klappten die Sonnenblenden runter und die Würste fielen ihnen auf den Schoß. Doch der Schlagbaum war offen, sie gaben Gas und brachten ihre Beute in Sicherheit.
Tausende Multicar-Allradfahrzeuge dieseln durch die neuen Bundesländern.
Wer hat schon jemals einen Mulitcar mit Kofferaufbau gesehen?
Olaf erlebte eine schöne Zeit in Eberswalde von 1979 bis 1984. Ihnen fehlte nichts. Danach zog er zurück in seine Heimatstadt Sassnitz. Sofort bekam Olaf Arbeit als Elektromeister beim Aufbau des Fährhafens Mukran (IAG Investitionsauftragsgeber).
"Am Tag des Bauarbeiters" (22. Juni) gab das Regime jedes Jahr ein großes Fest. Dort gab es Speis' und Trank im Überfluß. Die Feste finanzierte der Kultur- und Sozialfond. Für diese Sauf- und Fressorgien zahlte man nichts. Zudem wurde fast jeder dritte Bauarbeiter ausgezeichnet, manche wussten nicht einmal wofür. Olaf sackte die Seeverkehrs-Medaille in Gold ein, die mit 1000 Ostmark honoriert wurde.
An diesem denkwürdigen Tag 1984 verliebte sich Olaf in Regina, die er heiratete. Sie brachte kurz vor der Wende im März 1990 seinen Sohn Alexander zur Welt. Auch diese Ehe dauerte nicht lange, war aber seine letzte Ehe.
Sohn Alexander lebt und arbeitet in China, wo er gerade eine Chinesin geheiratet hat.
Olaf hat die OP im Februar überstanden. Im Juni fotografierte er den Sonnenuntergang über dem Bodden. Ein Vierteljahr nach der quälenden Herzoperation hat Olaf mit unerschütterlichem Lebensmut und -willen teilweise ein wenig seiner alten Stärke zurück gewonnen. Er schwimmt im Meer, wandert wieder weite Strecken, fährt Auto und E-Bike. Wie gegen die politischen Zwänge in der DDR wehrt sich Olaf heute gegen die politischen Verhältnisse in der BRD. Vor Jahrzehnten hat ihn das DDR-Regime als Soldat der NVA Disziplinlosigkeiten und Widerspenstigkeiten häufiger bestraft. Heute fühlt sich Olaf - wie viele mit ihm - von der Politik verraten und verkauft.
Olaf und Holger in Sassnitz
Ihren 100jährigen Geburtstag hat unsere Tante noch am 20. Mai gefeiert. Am 11. Juli 2023 ist sie morgens sanft entschlafen. Den denkwürdigen Tag genießen Olaf, Holger mit mir hier in Rügen, in ihrem Heimatort Sassnitz.
Olaf und Holger wohnen etwa hundert Meter voneinander entfernt zur Miete in Wogesa-Komplexen.
Die Wohnung in der ruhigen Seitenstraße ist schön. Die Miete frisst allerdings beinahe Olafs halbe Rente auf. Die Brüder blicken von ihren Wohnzimmern auf das Meer und den Hafen von Sassnitz.
Olaf erzählt mir stundenlang von seinem abenteuerlichen Leben auf 30 Kilometer langen Radtouren an der Küste und durch sein ehemaliges Jagdgebiet am Königsstuhl.
Olaf macht es wie mir Spass, von unseren vollkommnen verschiedenen Verhältnisse zu berichten. Gemeinsam verbindet uns Lust und Leid mit Frauen. Olaf zahlte für vier Kinder Unterhalt, meine Unterhaltszahlungen beschränkten sich auf mein einziges Tochterkind, bis diese ihr Jurastudium erfolgreich abgeschlossen hatte. Olaf konnte noch bis 2003 arbeiten, musste dann aber aus gesundheitlichen Gründen in Rente gehen.
Rentner staunen nur noch über eine Politik, welche Asylanten als Konkurrenten auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt nach obiger Leistungstabelle versorgt. Olaf hatte für seine Kinder, seine Wohnung, sein Leben mit seiner Arbeit bezahlen müssen, kann aber von der Höhe des Bürgergelds für Asylanten nur träumen.
Auch Olafs 79 Jahre alter Bruder Holger berichtet von seinem Berufs- und Arbeitsleben. Wir denken gemeinsam an den sanften Tod unserer guten alte Tante.
Holger wohnt seit 1974 in diesem Wogesa-Wohnblock, den später Balkons bereicherten. Früher reihten sich gegenüber den Blocks Garagen aneinander. In denen feierten die Menschen bei schlechtem Wetter. Heute stehen dort kleine Häuser. Die in Jahrzehnten gewachsene Hausgemeinschaft findet sich häufig zu geselligem Beisammensein im Garten zusammen.
Vier Nächte in Sassnitz, unterwegs in Rügen
Olaf ist ein sehr geselliger Mensch. Immer wieder begrüßen ihn Bekannte in Sassnitz. Bei unserer gemeinsamen Radtour will er den Kapitän im Ruhestand mitnehmen. Doch der werkelt gerade am Dach seines feudalen Anwesens.
Diesen Monolith aus Granit haben Experten am 17.08.2002 aus dem Hafenbecken von Mukran geholt. Der Klotz wiegt 91 Tonnen.
Die riesige Hotelanlage in Prora an der Küste ist schon zu großen Teilen renoviert. Viele haben dort Eigentumwohnngen gekauft. Daneben stehen immer noch Ruinen der russischen Besatzung.
Vor Jahren waren die grauen Betonklötze von Prora noch nicht renoviert. Doch die Renovierung der Anlage geht voran.
Olaf erklärt mir an dieser Wand deutsche Geschichte. Der Beton stammt aus Nazi-Zeiten, später kamen Ziegelsteine hinzu, die noch solide bis heute stehen. Billigere Hohlkammersteine stammten dann aus schlechteren Zeiten der DDR und weisen die höchsten Spuren der Verwitterung aus.
Wir vergnügen uns am FKK-Strand im kühlen Wasser der Ostsee. Das Wasser ist grün und klar, viel besser als in Stralsund am Bodden.
Am Ruinenstrand verwittern ehemalige Militäranlagen der russischen Besatzung.
In diesem wie aus Schachteln aufgebautem Haus hatte Olaf Werkstatt und Büro. Heute steht dort ein Schild ZU VERKAUFEN. Nach der Wende erfuhr Olaf, dass unter ihren Arbeitsräumen die Stasi Abhöranlagen installiert hatte.
Vier Nächte gewährt mir Olaf seine vorzügliche Gastwirtschaft vor dem Wogesa-Komplex. Für Strom, Wasser und Sanitäranlage ist gesorgt. Mit unseren Rädern geht es in seine herrliche Inselwelt.
In diesem Naturschutzgebiet hat Olaf gejagt. Dass er mit seinen Jagdfreunden einige Abenteuer erlebt hat, versteht sich von selbst.
Wir radeln durch den Wald nach Lohme, wo in einer Fischbude einer von Olafs zahlreichen Bekannten arbeitet.
Olaf hat nun meinen Radhelm übernommen. Es war ja nicht anzusehen, dass er bislang immer ohne Helm unterwegs war.
Von der Fischbude aus überblickt man den Hafen von Lohme. Mit dem Förderband brachten Fischer ihre Beute nach oben und Proviant nach unten. Von Ostern bis Oktober verkauft die Fischbude mit angeschlossenem Imbiss Speisen und Getränke. Danach ist Winterpause.
Der Rillenstein in Sassnitz stammt aus vorgeschichtlichen Zeiten.
Olaf führt mich weiter ins Zauberland dieser Insel.
Kriegsgräberstätte im Wald bei Sassnitz
Im Wald wenig weiter steht eine vorgeschichtliche Grabstätte, die vor 5000 Jahren entstand.
Noch einen wehmütigen Blick zum Abschied aus Olafs Fenster, bevor es nach vier glücklichen Tagen von der Insel nach Schweden weiter geht.
Sassnitz - Trelleborg
Kein Schalter im Hafen Mukran war geöffnet, um eine Fahrkarte zu kaufen. Die Online-Buchung ist - wie alles am Computer kompliziert. Die Bezahlung mit Mastercard klappte nicht, Paypal ging.
Internet-Checkin am Laptop zerrt an den Nerven. Doch dann kommt die Bordkarte per E-Mail:
Einen Drucker gibt es noch nicht in meinem rollenden Büroarbeitsplatz. Vom Laptop kommt die Bordkarte auf mein Smartphone. Die Kontrolle lässt mich damit auf das Schiff.
Aufnahme 05:48 Uhr am 14.7.2023 - Abschied von Olafs wunderbarer Gastfreundschaft, Vorbereitung auf die Abfahrt mit der Fähre.
Ein junger Schwede zeigt mir seine Harley, Baujahr 1988. Sie heisst Lucy, sein Freund war mit 77 Jahren zu alt für sie. Er versprach, gut für sie zu sorgen.
Alles dreht sich um nach dem Motorklang dieser Maschine. Es ist eine Kriegswüsten-Zündapp, Baujahr 1944 mit 26 PS, angetriebenem Seitenwagenrad, Kardan, Klappspaten, eben komplett.
Die Fähre hat den Hafen von Mukran verlassen. Sie fährt an den Fundamenten für Windräder vorbei in Richtung Kreidefelsen.
Das Glück ist mit mir: Mit einem Regenbogen verabschiedet mich Deutschland, die Insel Rügen und Sassnitz.
Olaf grüßt nochmal per Telefon, als die Fähre vor seinem Fenster vorbei zieht.
Wieder ist das Glück mit mir, lässt Sonne auf die Felsen blinzeln.
Nach dem Blick auf den Königsstuhl entspannen sich meine Nerven. Das Schiff schaukelt kaum, also gibt es eine bekömmliche Fahrt.
Über das Deck pfeift der Wind. Dem gilt es standzuhalten, um den überwältigenden Eindruck zu erleben.
Gleich landet die Fähre in Trelleborg. Rückwärts musste mein Fahrzeug als letztes in den Schiffsbauch rangieren, jetzt geht es als Erster heraus.
Das Camp bei Trelleborg ist überfüllt. Strom gibt es nicht mehr für mich. Das Solarpanel liefert genug.
Diese Woche haben genug "äußere Einflüsse" auf mich gewirkt, unter denen diese Arbeit entstanden ist. Nächste Woche geht es mit Trelleborg weiter in Schweden. Irgendwann auch wieder, da sollte sich meine Frau daheim keine Sorgen machen, geht es auch wieder
4 Kommentare:
Der Mann geht unter allen Himmeln, in allen Zeiten seinen Weg. Jeder seinen.
Und die Kreuzungspunkte mit den Wegen der Anderen sind wahrhaft unzählig.
Dank und Gruß
Klaus-Peter
(Schwarzatal 1955, Prora 1958-1960, Stralsund Jahr für Jahr, nicht nur zum Sundschwimmen; Herzklappe vom Schwein)
Wieso füllst Du Deine Wasserflasche nicht an jedem x-beliebigen Wasserhahn? ZB in einer Toilette am Handwaschbecken? Selbst eine ALDI-Trinkflasche kann man dort wieder befüllen, da brauchts keinen Rewemarkt. Kleiner Tipp für die Zukunft.
Wie wäre es, am Strand eine nette Dame zu bitten, auf die Klamotten aufzupassen, wenn man im Wasser ist? Bei Deinem Charme und Deinen vielfältigsten Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht dürfte das doch kein Problem sein? Oder mißtraust Du selbst wohlgeformten Damen, daß die sich an Deinen stinkenden Sachen vergreifen?
Interessant die Geschichte nach Flucht und Vertreibung aus Danzig - wie bei meiner Familie, väterlich.
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