Es gibt mehr zu sehen, als dies Bilderbuch zeigen kann. Die Bilderflut mag manche langweilen, für mich sind die Eindrücke spannend. Wie sich beobachten lässt, achten Schweden peinlich auf Disziplin, Ordnung, Ruhe. Neun Nächte in Camps kosten mich etwa 500 Euro. Wer seinen Platz nicht reserviert hat, bleibt draußen vor der Tür.
Schwedisches Störgefühl beginnt schon in Trelleborg auf dem ersten, überfüllten Camp. Nach meinem Telefonat zur Reservierung wollten sie per E-Mail meine Daten, bekamen diese, hätten einen Platz ohne Strom reserviert. Am Abend kam dann eine Mail mit der Absage, die von mir unbemerkt blieb.
Andertags gab mir die Dame am Empfang, obgleich sie meine Reservierung, meine E-Mail, meinen Namen nicht fand, dann doch zwei Tage Trelleborg ohne Strom.
Das Camp bei Trelleborg ist voll. Bei meiner Radtour nach Ystad am Meer entlang waren weitere Camps ebenso voll.
Am ersten Tag reicht es, erste Orientierung in Schweden ertasten, beim Einkaufen ein Gefühl für die Preise zu bekommen, ein wenig sich in Trelleborg umsehen.
Mir fallen viele junge, schöne, blonde Menschen auf - besonders gefällig in weiblicher Ausführung. Im Lokal "Istanbul" genießt man in Trelleborg - wie fast überall in Europa - türkische Spezialitäten.
Außer prächtigen Backsteinbauten am Hafen und in manchen Straßen sagt mir Trelleborg nicht viel. Schon die Toilette im Kaufhaus muss man mit Scheckkarte öffnen, die fünf Kronen abbucht. Der Kurs der schwedischen Krone steht etwa bei 11 Kronen für einen Euro.
Der Abend klingt nach der Überfahrt, der Gewöhnung an Land und Währung ruhig aus. Der Preis für das Camp ohne Strom von 33,00 Euro ist heftig. Dafür liegt der Platz direkt am Meer.. Mein Meerbad macht zusätzlich müde. Am Abend spielen Schweden noch lange Wasserball im Meer. Sie frieren wohl weniger.
Das Bild derAbendstimmung zaubert das Tele von Olaf, das er mir zusammen mit einer Spiegelreflex-Kamera verkauft hat.
Mit dem Tele lassen sich fröhliche Schwedinnen fotografieren, die das nicht einmal bemerken.
Radtour Trelleborg - Ystad
Am 29.12.2022 überschritt der Tacho bei Sevilla 13.000 Kilometer, nach dem Einkauf in Santana am 10.02.2023 die 14.000 Kilometer, daheim dann 17.000 Kilometer und jetzt in Schweden 18.000.
Und wieder einmal überspringt der Tacho eine Tausendermarke wie dieses Jahr schon einige Mal.
Kein Wunder: Die Ystad-Tour bringt 92,5 Kilometer mehr auf die Uhr, wofür der Autor sich vier Stunden und 42 Minuten abgestrampelt hat.
Der Radweg ist fast durchgängig asphaltiert, von der Straße mit einem Grünstreifen abgesetzt oder führt durch ruhige Wohngebiete abseits der Hauptstraße. Manchmal fährt man so nah am Meer entlang, dass man das Rauschen der Wellen hört. Leider saugt starker Gegenwind die Kraft aus mir und dem Akku.
Manche schwedische Wörter lassen sich entschlüsseln. Was aber SMYGEHUK an der Kaimauer sagen will, ist mir nicht klar.
Jedenfalls gibt an dem Yacht-Hafen Tische, Bänke, Mülleimer und in der Fischräucherei eine Makrele, was das Mittagsmahl nach den ersten 13 Kilometern vollständig macht.
Das Wort FISKRÖKERI ist selbsterklärend, vor allem wenn es man riecht.
Das Studium der Speisekarte hält mich nicht länger auf, weil die FISKRÖKERI mir meine Makrele verkauft. Sie kostet 33 Kronen, sättigt mit dem mitgebrachten Brot, einer Tomate und einem hart gekochten Ei.
Der Ausblick beim Essen über die malerische Hafeneinfahrt von SMYGE kann nicht besser sein.
Ein Radler hat sich am Nachbartisch niedergelassen und verzehrt dort seine Brotzeit. Sein beladenes Rad verrät, dass er als Camper unterwegs ist.
Die Wellen zeigen, welcher Wind mir konstant entgegen bläst.
Ein Stroh gedecktes altes Dach sieht man selten.
Die Kultstätte stammt aus der Eisenzeit.
Die Camps sind voll, die Strände leer verglichen mit Mittelmeerurlaubsstränden.
Die Fahrt gegen den Wind hat die Leistung des Akkus bis auf einen verschwindenden Rest ausgelutscht. Hier wäre am Hafen von Ystad eine Steckdose, um in zwei, drei Stunden neue Kraft zu tanken. Doch den Akku zu wechseln geht schneller.
Ystadt dokumentiert mit einer Reihe von Kanonen in Richtung Meer seine wehrhafte Tradition.
Einen theatralischen Prunkbau braucht jede Stadt. In Sonneberg wie in anderen kleinen Städtchen im Osten dient dazu ein "Gesellschaftshaus".
Bei Wiki war über Ystadt etwas von kleinen Gassen und Fachwerkhäusern zu lesen. So sehen sie aus.
Das Zentrum zeigt sich in seiner alten Pracht.
Hier lässt sich das alte Schweden mit Fachwerkhäusern bewundern.
Es sieht aus, als kämmt die Kirchturmspitze die Wolken.
An dem Haus hätte mein alter Lateinlehrer seine helle Freude gehabt. Gibt es heute noch Lateinunterricht?
Die Fahrt gegen den starken Wind hat nicht nur den Akku geleert, auch meine Kraft ist ziemlich verbraucht. Auf der Bank im Schatten lässt sich kein Schlaf finden. Zudem bimmeln die Hochzeitsglocken.
Das Brautpaar lässt sich in prächtig kutschieren. Diese Attraktion darf man sich nicht entgehen lassen.
Um den Kofferraum zu öffnen, klappt der Fahrer das Chrom verkleidete Ersatzrad nach hinten.
Das Brautpaar: Mir scheint, als ahne der Mann schon, was ihm bevor steht. Kommen ihm die Tränen, während die Braut grinst?
Noch ein Schnappschuss mit unendlichem Zoom, ein paar Fest- und Feierlichkeiten, dann ab zur Befruchtung.
"Riddarhuset" steht auf dem weißen Schild neben der Tür.
Die Zutaten solcher Plätze ähneln sich überall: Brunnen, Imbissbuden, alte Häuser , Mütter mit Kinderwagen, neugierige Touristen.
Das Plakat über der Fußgängerzone kündigt das "Ystags JazzFestival 2-5 Aug 2023" an.
Nach Ruhe auf der Parkbank, dem Hochzeitstrubel vor der Kirche und all den romantischen Winkeln in Ystad wird es Zeit für den Heimweg.
Der Rückenwind bläst mich auf dem wunderbaren Radweg zurück nach Trolleberg. Diese alten Eichen sind ein Erinnerungsfoto wert.
Helsingborg
Die 95 Kilometer von Trelleborg nach Helsingborg sind auf vierspurigen Autobahnen schnell abgespult.
Das Camp liegt direkt am Meer, fünf Kilometer entfernt vom Rathaus in Helsingborg. Mehr als 500 Plätze sind nicht alle belegt. Es gibt ein Schwimmbad und gesalzene Preise: 58,50 Euro pro Nacht.
Ob es am Sonntag liegt, dass mich diese Ruhe wundert? Kaum Autos, wenige Radfahrer bis sich am Stadtrand Kebab-, Frisör- und Halal-Läden häufen.
Schwarze Schönheiten spazieren mit ihren entzückenden Kindern.
Starker Meerwind bläht Fahnen zum Rathaus.
Vom Rathaus aus blickt man auf den Hafen.
Ein wenig näher wirkt das Rathaus noch großartiger.
Wiki beschreibt den Herrn auf dem Pferd:
Graf Magnus Gustafsson Stenbock (* 12. Maijul. / 22. Mai 1665greg. in Stockholm; † 12. Februarjul. / 23. Februar 1717greg. in Kopenhagen) war ein schwedischer Feldmarschall in der Zeit des Großen Nordischen Krieges.
Hinter dem Rathausplatz führen Treppen zum Park. Das nackte Mann mit dem Schwert in der Hand kniet auf einem abgeschnitten Schädel. Das passende Bild für Titel und Thema: Alter Schwede!
Junge Schwedinnen, die schon in Scharen die Vorstadt bevölkern, lehnen sich auf die Brüstung und schauen nach Dänemark.
Mit prächtig nachwachsenden, jungen Schwedinnen wird das Land gewinnen, werden Länder gewinnen im Norden und Süden und vor allem im Herzen Europas: Good Old Germany.
Den Kinder kann man Märchen erzählen. "Es war einmal eine Stadt, es gab einmal ein Land, das seine Grenzen sicherte und verteidigte."
Es war einmal: Einen Wehrturm von Mauern geschützt zeigt der Druck 1589.
Das Verwaltungsgebäude besticht mit perfekter Symmetrie.
Der Fährverkehr nach Dänemark pendelt in kurzen Taktraten hin und her.
Die Hafeneinfahrt nach Helsingborg
Denkmal für namenlose Arbeiterinnen der Schuhfabrik
Blick auf das Camp in Raa bei Helsingborg mit etwa 500 Plätzen, Schwimmbad, Sanitär und Dusche in abschließbaren Einzelkabinen für 57,50 Euro pro Nacht mit Zugang zum Meer.
Radtour nach Landskrona
Jetzt wurde es wieder ein 50-Kilometer-Ausflug, drei Stunden auf dem Fahrrad. Doch zurück beim Mittagsschlaf wecken mich Blitz, Donner und Hagelschlag.
Das Whatsapp-Gespräch mit meinem Bruder muss der Sorge um das Auto weichen. Solche Regenmengen kann die neue Türdichtung nicht abhalten, in den Wagen zu rinnen. Der Wasserstrahl läuft an der Dichtung in den Wagen in den Topf. Den Topf hält eine Hand, die andere Hand fotografiert.
Es soll nur ein kleiner Ausflug in die Umgebung werden. Doch schon beim Gespräch mit den Harley-Fahrern ist es mir in dünner Sommerjacke zu kalt. Mit Winterjacke und der Satteltasche mit Regenponcho fühlt es sich besser an.
Die fünf Harley-Freunde fahren einmal im Jahr für eine Woche ins Blaue. Einer von ihnen klagt als Selbstständiger über die Bürokratie, die hohen Steuern, den Fachkräftemangel und die hohen Energie- und Materialkosten. Er weiß nicht, wie lange er es noch durchhalten kann.
Keine drei Kilometer vom Camp lockt dieses Badehaus. Von der Sauna führt ein Steg ins Meer.
Im Hafen von Raa liegt das wunderschöne Segelboot aus Holz. Es heisst CAROLINE.
Noch besser für mich: Am Hafen von Raa versorgt ein Womo-Stellplatz die Autos mir Strom und Sanitäranlagen.
Zahlreiche Sanitäranlagen sorgen für Sauberkeit - hier beispielsweise aus Schwedenstahl oder -blech. Weder Papier noch Plastik verschandelt die Landschaft.
Versonnen blickt das Paar auf den Öresund, das Schiff und auf Dänemark.
Auf den asphaltierten Radwegen neben der Straße sieht man ab und zu diese Sportler. Ob sie für winterlichen Skilanglauf trainieren?
Der kleine Radausflug zieht sich länger hin. COOP verkaufte mir Fisch, Brot und Kakao, denn Proviant war nicht eingeplant. Der Himmel schwärzt sich und dann geht es los.
Wie vom Wetterbericht angekündigt kommt ein Gewitter mit Donner, Blitz und Hagelschlag. Mein Poncho liegt auf der Bank. Meine bescheidene Brotzeit vertreibt mir die Zeit bei dem aufregenden Naturschauspiel des Gewitters direkt über mir. Die Bushaltestelle schützt mich.
Das Gewitter hat sein Theater beendet, das Wasser läuft auf den Straßen ab, es geht am LANDSKRONA TEATER in Richtung Innenstadt.
Mit etwas Optimismus lassen sich schon Spuren von Blau im Himmel entdecken.
Die martialisch anmutende Brunnenfigur vor dem symetrischen Verwaltungsgebäude ist nähere Betrachtung wert. Kommt das Pferd nicht mehr auf die Beine, dass der nackte Mann zu Fuß gehen muss?
Und wirklich, es wird lichter. Die Dänen haben die Zitadelle im Krieg den Schweden abgenommen.
Während des Schonischen Krieges fiel die Zitadelle 1644 an die Schweden unter Gustaf Horn, die Dänen eroberten sie jedoch bereits ein Jahr später zurück. Nach dem Frieden von Roskilde 1658 wurde Schonen schwedisch und die neuen Herren bauten die Festung zwischen 1667 und 1675 zur modernsten Festung Skandinaviens aus.
Dann wurde die Festung Gefängnis, im Krieg Refugium für Flüchtling. Hier bekamen 20.000 Menschen während des Krieges eine schwedische Aufenthaltserlaubnis. Stört links am Bildrand ein Eckchen vom Hinterrad meines E-Bikes die Komposition?
Irgendwie faszinieren Krimi und Krieg doch die Menschen, oder nicht? Weswegen sonst schlagen sie sich überall und zu allen Zeiten periodisch immer wieder massenpsychotisch die Köpfe ein?
Die Zuschauer haben gelächelt. Die stolze Mama hat den kleinen Schweden ausgiebig in der Pfütze planschen und stampfen lassen. Er fiel auch in die Brühe, stand lachend auf und präsentiert sich nach dem Ende seiner Vorstellung in voller Größe und wartet auf Applaus.
Mir reicht Landskrona, die Zitadelle und die Fußgängerzone. Die Rückfahrt erleichtert Rückenwind. Nachdem sich das Gewitter ausgetobt hat, bleibt es trocken.
Von einer kleinen Erhebung blickt man auf den Öresund, weiße Rinder in der Mulde und eine vorgelagerte Insel vor der dänischen Küste.
Die akribisch abgeteilten Gräber mit der weißen Kirche sind im nächsten Dorf wieder ein Bild wert.
Die Golfer bespielen einen weiträumigen Platz mit bestechendem Ausblick über das Meer mit der Insel im Öresund. Dann im Auto daheim stört das nächste Hagelgewitter meine Mittagsruhe.
Der schwere Weg nach Göteborg
Aus den 220 Kilometern vom Camp Helsingborg zum Camp Göteborg wurden 300 Kilometer. Denn das erste stadtnahe Camp Kärralund war ausverkauft. Die freundliche Dame am Empfang reservierte mir zwei Nächte Donnerstag und Freitag. Die Nacht zum Mittwoch könne mir ja 18 Kilometer vor Göteborg das Camp Askim Strand Asyl gewähren.
Doch das riesige Camp war auch ausverkauft. Die Dame am Empfang gab mir "KARTAN SOM HJÄLPER DIG HITTA DIN NÄSTA OCH BÄSTA CAMPINGUPPLEVELSE" - was immer das heißen mag. Diese Karte verzeichnet Camps an der Küste vom südlichen Bastad zum nördlichen Stömstad an der Grenze vor Norwegen. Fünf Campbetreiber rund um Göteborg gaben mir telefonisch eine Absage. 55 Kilometer weiter nördlich gewährte mir ein Camp bei Stenungsund Asyl für eine Nacht.
Auf dem Weg dahin fasziniert mich etwa 20 Kilometer vor Stenugsund diese mächtige Burg..
Die Einfahrt zum Camp Surfviken in Stenugsund versöhnt mich mit der Landschaft, dem Surfgebiet, einer Insel. Um all die Pracht pfeift der Wind.
Vom Camp führt ein "Strandweg", der über schmale Holzbretter durch das Schilf ans Wasser führt. Kein Mensch badet. Zudem kühlt der Wind bei ohnehin nur etwa 16 Grad Celsius. Am Morgen wärmt mich im Auto erstmals auf der Reise die Heizung im Wagen.
Nach einer Einkaufsrunde klingt der Tag aus, wobei es etwas Neues zu entdecken gab.
Hundparkering Smart och tryggt för hunden!
Zwei Polizisten beobachten freundlich, wie stark pigmentierte Neu-Schweden Ball spielen.
Der Tag geht dahin, der Abend kommt. Spielende Kinder in Stenungsund am 18. Juli 2023 um 21.18 Uhr. Die Gedanken wandern zu meiner Frau daheim.
Schweden und Norwegen vor 19 Jahren mit meiner Frau
2004 waren wir noch beide in stressigen Jobs, die uns nur drei Wochen Zeit ließen, gemeinsam in Urlaub zu fahren. Damals waren wir jung und spulten 5000 Kilometer in drei Wochen ab.
Es schien mir damals alles viel einfacher und leichter zu sein. Im September war es Nachts manchmal nur noch vier Grad Celsius in Norwegen.
Wir wuschen uns im Meer, wenn mittags die Sonne schien. Die Camps waren schon geschlossen, doch wir konnten dort frei stehen und übernachten. Mit fliegenden Haaren läuft sie hinein ins kühle Nass, das mir hier und jetzt zu kalt ist.
Es war ein glückliche Zeit. Es kommt mir vor wie "damals in jungen Jahren". Was 19 Jahre im Leben ausmachen!
So war unsere gemeinsame Norwegen Fahrt im September 2004. Jetzt ist sie lieber daheim im Haus und Garten. Manchmal macht es mich traurig, allein zu reisen. Manchmal ist sie traurig allein daheim. Doch ohne die ständigen Reisereize wäre es mir daheim totlangweilig - trotz aller Bücher, aller Noten, aller Internetdaten, aller Fernsehkanäle.
Auch mein herzgeliebtes Töchterlein Esther begleite mich im Juli 1989 auf einer Schwedenfahrt. Wir schiefen im Zelt, kochten und lebten sehr einfach. Esther hatte da gerade noch zwanzig Jahren von ihrem kurzen Leben. Am Ende ihrer Lebensreise war sie Volljuristin, hatte einen fantastischen Mann. Das Paar bewohnte ein Eigenheim mit großem Garten in ruhiger Lage.
Esther ging mit 30, meine Tante mit 100 Jahren - ist das Schicksal - wie alles? Was ändern wir schon daran?
Freund Reinhold in Finnland und Estland, Freund "haha" daheim
Freund Reinhold war auf dem Camp in Kalabrien für eine Woche mein Nachbar. Er ist über 80 Jahre alt, treibt sich in nördlichen Gefilden rum, schickt Bilder und schreibt.
[21:54, 15.7.2023] Reinhold : Hi alter Hund, ziemlich wahrscheinlich pissen wir ins gleiche Meer, ich vielleicht ein wenig nördlicher. Habs dir nicht erzählt?? Ja am 1.7. bin ich in Travemünde auf die Fähre nach Lijepaia, dann nach Tallin, einige Tage im Nationalpark Lahema verrbracht u am
[21:56, 15.7.2023] Reinhold: 10.7. nach Helsinki übergeschifft. Von da nach Turko, den Dom bewundert, dann nach Kustavi, ca 70 km Nö
Tippfehler, nördlich u auf die Alandinseln gefährt, Di Brändö, Mi u Do Kumlinge, seit gestern die Hauptinsel Marienham, da bleib ich ca.ne Wo, dann gehts auf der Südroute zck nach Helsinki/Tallin u nach ein paar Ruhetagen auf die Estn Inseln Hijuma, Muhu u ev noch Voksi.
Die Fähre zck ab Lijepaia geht am 15.8. u der Flieger nach Helgoland am 19.8. Das Mobil steht dann am Flugi in Heide/Büsum. Zck gehts am 12.9. also Heimkehr mit den Zwischenübernacht. ca 15./16. Also im Grunde sind wir wieder nicht weit auseinander. Dann plagt mich schon der Herbst, wieder Süden, du weißt, ich liebe Kalabrien, obwohl was anderes mich auch mal jucken würde. Danke für deine Blogg. Noch ein paar Bilder vom Dom in Turko. LG Reinhold
Reinhold war hoher Staatsbeamter, der auf eine reiche Lebensleistung zurück blickt. Jetzt reist er unentwegt mit seinem Wohnmobil seinem letzten Lebensabschnitt entgegen.
Hier steht Reinholds rote 'Blechkist'e zwischen zwei anderen Fahrzeugen auf der Fähre. Bei seiner Nordlandsommerreise hilft ihm eine Freundin, die Finnisch und etwas Schwedisch spricht. Reinhold traf sich mit mir Anfang November in Corigliano Calabro. Seitdem halten wir Kontakt.
Das Gegenteil dazu ist mein 'alt-68er' - wie er sich selbst bezeichnet - Freund haha. Das Bildschirmfoto dokumentiert seine letzten Whatsapp-Nachrichten aus KW27. Das macht mir leider keinen Spass mehr, auch wenn mir seine alten Lieder viel bedeuten. Es scheint mir sinnlos, ihm Links oder Infos zu schicken. Er ist und bleibt in seiner ideologischen Blase unerreichbar - für mich. So schläft unsere Verbindung, die wir Jahrzehnte lang aufrecht gehalten hatten, ein.
Schwedische Störgefühle
Beispiel 1: In Trelleborg war mir telefonsich ein Platz reserviert, am Abend kam eine von mir unbeachtete E-Mail, dass das Camp ausgebucht wäre. Dennoch gab mir die Empfangsdame Asyl dort.
Beispiel 2: Im letzten Camp Stenungsund wäre ein Platz mit Strom erwünscht. Der Empfang gab mir einen Platz ohne Strom. Hinter der Hecke rauschte der Straßenlärm. Es blieben aber ruhige Plätze frei mit Strom. Weil die Suche nach einem komfortablen Nachtplatz so schwierig ist, sollte mir Stenungsund Ruhe nach Göteborg vor der Fahrt nach Oslo verschaffen. Doch meine am Abend erfolgte Reservierung stornierte ich nach dieser lauter Nacht dort.
Das wäre keiner weiteren Erwähnung wert. Doch dass meine Stornierung mir das Camp per E-Mail bestätigt, zeigt den hohen Organisationsgrad in Schweden.
Beispiel 3: Bei meinem Anruf zur Reservierung in Grebbestadt hält mich die Dame schweigend am Telefon. "Sind sie noch dran?" "Ja, habe Schwierigkeiten mit meinem Computer." Pause - nach einer Weile: "Muss meinen Kollegen mal fragen..." Pause - dann legt sie auf.
Das letzte Camp vor der norwegischen Grenze in Grebbestadt soll mir zwei Tage reservieren. Das ginge nur online - doch das funktioniert nicht. Im vroaus buchen zu müssen, nimmt Spontanität. Auch Preise wie von 124,55 Euro für zwei Tage für das Camp machen mir keinen Spass. In Oslo, wo meine Reservierung nur gegen Vorauszahlung möglich war, wird es noch schlmmer.
Man mag sich frei, überall ins Irgendwo-Nirgendwo für eine Nacht hinstellen, doch mir ist es wichtig, Städte zu sehen und dort einen ruhigen, komfortablen, sicheren Platz für mich und meine Blogbildberichte zu genießen.
Niemand will die "Wahrheit wissen", dass man nichts machen kann. Ist es so, dass uns die Umstände zu dem machen, was und wie wir sind?
Göteborg
Nachdem sich meine Gedanken am Morgen in Stenungsund sammeln konnten, ging es 45 Kilometer zurück in die Großstadt Göteborg.
Rentners Rummelplatz Reisen: Es geht mit dem Rad am Vergnügungspark Liseberg in die neue, fremde Stadt. Wenn meine Lebenskraft schon nicht reicht, die Museen zu besuchen, wenn mein läppisches Leben sich nicht mehr mit Wichtigteuern in luxuriösen Konferenzen trifft, der Trubel in Städten und die Einsamkeit schöner Landschaften machen mich glücklich.
Die Zeiten opulenter Pressefressen an erlesenen Orten ist für mich vorbei.
Nicht einmal zu McDonalds zieht es mich. Wer bewacht dann mein Rad Rosinante? Am liebsten sind mir einsame Parkbänke mit einem Mülleimer in der Nähe, um Proviant aus meinem Rucksack zu verzehren. Eine öffentliche Toilette, die mir die Check-Karte erst nach vielen Versuchen Zugang verschafft, stresst mich.
Da mich der Stress mit der erfolglosen Buchung für Samstag und Sonntag in Grebbestad aufgehalten hat, da zudem es von Stenungsund 45 Kilometer durch Stadtverkehr zuück nach Göteborg ging, fehlt mir die Lust, noch Proviant einzupacken für den ersten Besuch in der faszinierenden Großstadt. Bilder strömen auf mich ein. Das Hausdach hinter dem Filmpalast decken Steinplatten.
Unsere Firma PC MAGAZIN hatte für 50.000 Euro Jahresbeitrag eine Loge in der Allianz-Arena gebucht. Einmal gab es für mich dort ein Treffen mit Wichtigtuern aus der Industrie beim Spiel gegen Werder Bremen. Das gehörte zum Job. Freiwillig treibt es mich nie und nimmermehr zu solchen Massenveranstaltungen.
Auf einem Festplatz ist ein großer Volksauflauf mit Sportlern unter dem Motto MOTION IS EMOTION. Uniformierte Jugendliche traben im Dauerlauf durch die Straßen. Die jungen Männer in roter Kleidung laufen im Gleichtakt 100 Meter hin und zurück - wieder und wieder.
Mein Smartphone soll mich mit GoogleMaps zum Standbild von Gustav Adolf führen. Hier am Stora Teatern kündigt sich der Innenstadtbereich an wie beim Nationaltheater in München. Bronzefigure kämpfen - immer das Gleiche, Alter Schwede!
Hier an den Kanälen beginnt touristisches Volksvergnügen auf einem HOP ON - HOP OFF Boot.
Wer häufiger durch meine Blog-Bilder blättert, kennt meine Vorliebe für Helden hoch zu Ross, für Kriegerdenkmäler, Kirchen und Kaufhallen. Doch wer jetzt da auf das Fußvolk in der Einkaufszone blickt, ist mir mittlerweile egal.
Hier fährt das nächste HOP ON - HOP OFF Vergnügen, in das mich nach einer solchen Rundfahrt mit meinem Bruder in Barcelona auch kein Mensch mehr rein bringt. Rosinante, mein E-Bike, fährt auf weit wichtigeren Wegen.
Das Schild am Herz verkündet: GÖTEBORG 400 AR. Das Fotomotiv erinnert mit Bauten und Kanälen an St. Petersburg.
Das Smartphone hat mich ans Ziel gebracht. Wiki hat Gustav Adolf viermal im Angebot. Wer da steht, ist mir egal!
Ob der Zeigefinger des Hohen Herrn seinem Hund "SITZ" anweist?
Ohne Proviant im Rucksack versorgt mich dieser Kiosk mit FLAFEL RULE . Später stärkt mich meine Bierflasche aus dem Rucksack auf einsamer Pennerbank im Park.
Ein Schild zeigt, was aus dem Windjammer geworden ist: BARKEN VIKING HOTEL RESTAURANT CONFERENCE.
Ein paar Fahrradminuten von dem Gewusel der Einkaufstraßen finden sich in Seitengassen ruhigere Wege.
Stellen wie diese ähneln frappierend den Kanalbrücken in St. Petersburg.
GÖTEBURG MUSEUM: Hier genießen Kenner wunderbare Kunstschätze der Stadt. Meine Sehnsucht, diese zu sehen, ist groß, doch meine Zeit ist knapp und meine Energie klein, in den Kunsthallen Stunden zu verweilen.
Der Verkehr rauscht neben mir vorbei, Wind pfeift mir um die Ohren. Straßenbahnschienen sind Fallen für Fahrradreifen. Die erste grobe Orientierung in Göteborg ist mir klar. Jetzt leiten mich Instinkte an Plätze besonderer Pracht oder Ohnmacht.
Die Markthalle hätte mich mit Kartoffeln versorgen sollen. Doch die gab es dort nicht. Wie kritische Damen am Käsestand sich durch das Angebot schnüffelten, Scheibchen probierten, das alles dauerte mir zu lange. Man hätte in der Halle luxuriöser speisen können als auf der Parkbank mit FLALEL RULLE für 65 SEK.
Meine erste Stadtrundfahrt reicht. Der Rückweg geht am nächsten Kunsttempel vorbei.
GÖTEBORGS KONSTMUSEUM 1923 - 2023
Eine weiße Wolke schiebt sich über das Dach des Kunstmuseums.
Andertags fällt mir auf dem Weg zum Sanitärgebäude die Müllsammelstelle auf. Selbst für meine alten Batterien findet sich eine Blechbox.
Ein Blick auf die Brotpreise - SEK (11 Schwedische Kronen etwa ein Euro)
Die kleinen Gläser mit Sill-Fisch sind vergleichsweise preiswert. 900 Gramm Kartoffeln für 2,70 Euro sind deutlich teurer als bei uns, ebenso ein Kilo Möhren 3,60 Euro, drei Clementinen 1,50 Euro. Eine halbe Krone kosten Plastiklabbertüten für die Clementinen. 400 Gramm Käse sind preiswert wie Fisch, allerdings die günstigste Sorte.
Das Essen schmeckt mir daheim im Auto. Schließlich liegen dann schon wieder 30 Kilometer mit dem E-Bike kreuz und quer durch Göteborg hinter mir.
Nach dem Essen zitiert mich ein Schild hinter dem Scheibenwischer zur Rezeption. Mein Auto stehe zu nahe am Nachbarn. Also umstellen - des lieben Friedens willen.
Alter Schwede, gewöhnungsbedürftig ist das, denn mein Auto stand in den Markierungen - korrekt für mich.
Wieder weiter ins Stadtgewühl zum Hauptbahnhof, den Hotels umringen.
Von HOTEL EGGERS am Hauptbahnhof kommt man mit der Straßenbahn weiter.
In den vier Pfeilern laufen Seile, um das Mittelteil der gewaltigen Brücke anzuheben. Die Oberleitungen klinken dabei aus.
Blick von der Brücke auf die GOTENIUS VARV.
Nach Überquerung der Brücke geht es auf der anderen Seite zurück in die Stadt. Die Radwege sind stets durch Ampeln gesichert und von der Straße abgesetzt.
Das Opernhaus verfügt über ein schwimmendes Parkhaus.
Bei meiner zweiten Rundfahrt fallen mir drei weitere Museen auf. Hier kann man ein Kriegsschiff besichtigen, später liegen noch Naturkunde- und Design-Museum an meinem Weg.
Verwaltungsgebäude mit Blick über den Hafen
Heizkraftwerk und Luxuslimousine erinnern an München, wo allerdings mehr Verkehr tobt.
Männerträume: Feuchte Frauen knien und präsentieren dem Betrachter ihre Brüste.
Gekröntes Dach
Nach etwa 20 Kilometer "Kreuzfahrten" findet sich ein einsamer, menschleerer Park.
Es lohnt nicht, sich die skurrilen Öffnungszeiten zur Turmbesteigung zu merken. Dort oben steht wieder ein bemooster Rillenstein aus vorgeschichtlichen Zeiten, wie ihn mir Olaf in Sassnitz gezeigt hat.
Eingraviert in Stein: GÖTEBORGS STADSBIBLIOTEK
Wieder steht in Stein gehauen über dem Treppenportal von Löwen bewacht: GÖTEBORGS UNIVERSITET
Ruhe, wo lässt sich Ruhe finden?
Genug Göteborg!
Grebbenstad
In meinem Sonnen geheizten Wagen mit meist 25 Grad Celsius kommen mir 16 Grad Außen- und Wassertemperatur krass vor.
"First Camp Edsvik, Grebbestad" ist ausgebucht. Doch meine Reservierung sollte mir ja einen sicheren Platz verschaffen.
Doch die Reiseanstrengugen haben mich wohl veriirt. Meine Reservierung war für Samstag, Sonntag festgelegt. Zum Glück gibt mir die Empfangsdame einen vorläufigen Tag, der anderntags wieder zu wechseln ist. Preis: 900 SEK - etwas über 80 Euro pro Nacht.
Das glasgrüne, klare Wasser hilft mir, einen klaren Kopf zu bekommen. Die norwegischen Camp Nachbarn sitzen den sonnigen Nachmittag in Badekleidung zusammen und genießen Getränke.
Mich schützen Woll- und Winterjacke vor dem Wind auf dem Rad, zusätzlich die Weste mit all den sieben Reisesachen, ohne die nichts geht.
Zwei Badetage mit viel Ruhe und guten Speisen aus meiner Bordküche sollen mich in Grebbestad stärken. Danach soll es knapp 70 Kilometer weiter über die norwegische Grenze nach Halden gehen. Die vollkommen überflüssig gewechselten schwedischen Kronen nahm weder eine Tankstelle noch das Camp hier an - Zahlung nur mit Check-Karten an.
Zugegeben: Diese 600 Kilometer fordern mich. Ob mir die Anstrengungen der Reise helfen, länger daheim Ruhe zu genießen?
Es zieht mich heim. Der Weg über Oslo und Süd-Norwegen ist noch weit. Doch dann endlich....
3 Kommentare:
Smygehuk ist der Ortsname der Kommune, in der der Hafen liegt.
Wieder ein schöner Ausflug fuer mich in den hohen Norden, den ich auch seinerzeit des Oefteren besuchte. Mir gefällt das Foto der Möwe, die ja sinnbildlich für deine Reise(n) stehen könnte. Bon Voyage Rita
ich lese diesen Blog seit Jahren, immer wieder interessant, ein Womo werde ich mir nie kaufen, die Campingplatzpreise sind ja der Horror.
Tube
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