19 August 2023

Im Jahr 1970 zum Nordkapp mit der BMW R 50/5



Ein Münchener Freund hat ein halbes Jahr mehr auf dem Lebenstacho. Er hat mir Bilder und Texte seiner Nordkapp Reise 1970 geschickt. Seine Bildern und Texte darf dieser Blog veröffentlichen. Ein Sonneberger Freund bereichert mit Facebook-Bildern aus Norwegen im August 2023 die Geschichte. Auf geht's mit der BMW R50 ans Nordkapp:

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4002 km insgesamt bis zum Nordkap


Die Fahrt zum Nordkap war 1970. Das mit dem kaputten Motor war drei Jahre vorher bei meinem ersten, etwas naiven Versuch, zum Nordkap zu fahren. Das war eine gebrauchte 250er, eine BMW R25/3. Trotz zahlreicher Reparaturen vorher war diese Maschine einfach zu verlottert für eine weite Fahrt. Ich kam bis Trondheim. Die einzige Werkstatt in Trondheim für Motorräder war in Ferien. So mußte ich warten, bis wieder jemand da war. Dann brauchte es einige spezielle Ersatzteile von BMW aus München. Die bekam ich per Luftpost. Jedenfalls war ich 14 Tage in Trondheim. Eine ganz neue, durchaus spannende Erfahrung, weil ich an sich immer auf Achse war unterwegs. Jedenfalls ist mir klar geworden, daß ich für so eine weite Fahrt eine neuwertige oder neue Maschine brauche.



Ralf aus Sonneberg in Norwegen, August 2023


Geradezu ein Wunder dann, daß ich mit Ferienjobs das Geld für eine neue Maschine zusammenbrachte, eine BMW R 50/5. Die Serie /5 kam 1969 heraus und war eine gründlich überarbeitete, neue Version von BMW Motorrädern samt einem neu gestalteten Motorblock. Die 500er hatte 32 PS, was für heutige Verhältnisse wenig ist, damals aber war das eine ganze Menge und erwies sich für so eine Fahrt als mehr als ausreichend und bis 160 km/h schnell auf der Autobahn. Bombastische Sache. Die Packtaschen hatte ich selbst gefertigt aus dickem Leder und Lastwagenplane. Sie erwiesen sich als sehr solide und wasserdicht.

Ralf aus Sonneberg in Norwegen, August 2023



1970 war noch vor dem Einsetzen des Motorradbooms. Da war kaum jemand mit einem Motorrad unterwegs. Motorräder waren out, alle wollten ein Auto. Es gab keine Ladenketten wie "Polo" oder "Detlev Louis" mit Motorradbedarf aller Art und günstigen Preisen Dank Massennachfrage. Zu der Zeit kannte ich einen einzigen Laden in München mit Motorradbedarf, das war der "Südmotor" in der Sonnenstraße. Es war also ziemlich exotisch zu der Zeit, mit einem Motorrad zum Nordkap zu fahren. An Wohnmobile kann ich mich nicht erinnern. Den einen oder anderen VW-Campingbus sahen wir unterwegs und auf Campingplätzen oder Leute mit Auto und Wohnwagen. Und klar, kein Navi, kein Handy, keine Apps wie "Tripadvisor" und wie sie alle heißen samt "Communities", ohne die heute niemand mehr irgenwohin findet. Massen von Digitalfotos gibt es natürlich auch nicht. Ich packte einige Kodak Ektachrome Kleinbild Diafilme ein. Das waren die besten, die es gab. Eine Spiegelreflexkamera hatte ich mit 50 mm Normalobjektiv und einem 135 mm Tele.


Ralf aus Sonneberg in Norwegen, August 2023



Die Kilometerangaben habe ich hinterher aus der Karte zusammengestellt. Wie du siehst, sind wir bis Hammerfest jeden Tag gefahren bis auf einen Rasttag in Bodø, was schon ziemlich weit oben liegt.

Ralf in Risnes und Hyllestad, Sogn og Fjordane, Norwegen



km
834 Neumünster (Di 14.7.)
457 Kungälv (ein Stück nach Göteborg, Fähre Frederikshavn - Göteborg, Mi.  15.7.)
345 Campingplatz ca. 50 km nach Oslo (Do. 16.7.)
391 Oppdal (nach dem Dovrefjell, Fr. 17.7.)
286 Kvam (nach Steinkier, Sa. 18.7.)
277 zwischen Halsøy und Korgen (ca. 25 km nördlich von Mosjøen, So.  19.7.)
315 Bodø (Mo./Di. 20./21.7.)
275 Narvik (3 Fähren: über den Leirfjord nach Bonnåsjøen und von Bognes nach Skarberget über den Tysfjord, ferner eine kurze, 10-minütige Fähre kurz vor Narvik, Brücke im Bau, Mi. 22.7.)
254 Olderdalen (Fähre über den Lyngenfjord von Lyngen nach Olderdalen, Do. 23.7.)
261 Alta (noch die 35 km um den ganzen Kvænangenfjord herum über Kvænangsbotn, heute per Brücke auf 8 km abgekürzt, Fr. 24.7.)
144 Hammerfest (Fähre von Kvalsund nach Stallogargo auf Kvaløy)
163 Nordkap (Fähre von Stallogargo nach Kvalsund und von Repvåg nach Honningsvåg auf Magerøy, die Insel mit dem Nordkap)

4002 km insgesamt bis zum Nordkap


Ralf in Risnes und Hyllestad, Sogn og Fjordane, Norwegen


Im Jahr 2003 ist das Nordkap ohne jede Fähre vom europäischen Festland aus zu erreichen. Am 15. Juni 1999 wird der mautpflichtige Tunnel eröffnet, der zur Insel Magerøy führt, auf dem das Nordkap liegt. Am 11. Juni 2000 wird mit einem großen Volksfest die ebenfalls mautpflichtige Öresundbrücke eröffnet, die Dänemark und Schweden verbindet. Auf der Route der E 6 durch Norwegen ist als einzige Fähre die zwischen Bognes und Skarberget übriggeblieben, eine Überfahrt über den Tysfjorden etwa 80 km vor Narvik. Auch Hammerfest ist von Skaidi aus über eine Brücke erreichbar.


Ralf in Risnes und Hyllestad, Sogn og Fjordane, Norwegen

 
Die weitere Strecke (Entfernungsangaben aus der Karte)
In Schweden haben wir noch einen Bogen eingelegt in die Berge Richtung Norwegen mit einigen Tagen dort, sind also nicht direkt von Norrtälje nach Göteborg gefahren. In Helsinki waren wir eine Woche, einige Tage dann in Turku.

Ralf in Risnes und Hyllestad, Sogn og Fjordane, Norwegen


km
324 Nordkap - Ivalo (Do. 30.7., Inarisee)
1313 Ivalo, Kuusamo, Hyrynsalmi, Kuluntalathi, Kuopio, Mikkeli, Lahti, Helsinki (mit vermutlich 2 Übernachtungen, Mi. 4.8. Rantasalmi (südöstlich von Varkaus), Do.  5.8. Helsinki)
165 Helsinki - Turku (Mi. 12.8.)
Überfahrt Turku-Norrtälje (Sa. 15.8.)
543 Norrtälje, Uppsala, Stockholm, Södertälje, Eskilstuna, Ludvika, Björbo, Västerdal, Malung (So. 16.8., einige Tage in Håberget bei Malung)
625 Malung, Värnes, Klarabro, Snålrøa im Glåmatal / Norwegen, Karlstad, Vänernsee, Göteborg
1271 Frederikshavn - München (zurück ca. 24.8.), Fähre von Göteborg nach Frederikshavn. Im Raum Schleswig noch eine Übernachtung.
 



4241 km

Gesamte unmittelbare Strecke: 8243 km

 
Mit der Herumfahrerei vor Ort, speziell in Helsinki, kamen noch einige Kilometer dazu.



Ein Stück vor Trondheim. Im Gegensatz zu Kanada muß man sich hier nicht vor Bären fürchten.



Begegnung unterwegs auf der E6





Wasserfall Fiskumfoss (42 m) am Vefsna





Am Hafen in Bodø




E6 in Norwegen, Brücke über den Efjorden (ehemalige Fähre von Sætran nach Forså)




 
In den schwedischen Bergen, Wasser schöpfen aus einem Brunnen

In Turku waren wir auf dem Rückweg vom Nordkap. Wir sind die ganze Strecke bis hoch nach Hammerfest und weiter zum Nordkap in Norwegen gefahren auf der E6. Den Tunnel zum Norkap gab es noch lange nicht. Das war eine Überfahrt mit einer Fähre wie diverse weitere auf der E6, die es heute nicht mehr gibt, weil die Straße durchgehend ausgebaut wurde. Weite Strecken waren Sandstraßen, was mit dem Motorrad immer etwas abenteurlich ist je nach Zustand der Sandstraße, speziell zu zweit mit einem vollgepackten Motorrad. Hier ein Foto aus der Nähe von Hammerfest. Eine karge, steinige Landschaft am Meer. Hammerfest ist heute ein Zentrum der norwegischen Öl- und Gasindustrie.








So sah Camping einst aus. Das ist auf dem Campingplatz von Turku im Südwesten von Finnland. Immerhin eine wichtige Hafenstadt. Von da ging es mit der Fähre nach Schweden weiter. Wie du siehst, wir hatten Waschtag. Licht hatten wir im Zelt, eine Lampe eingesteckt an der Steckdose am Motorrad. Sieht aus wie Zelten in einem Park, ist aber ein weitläufiger Campingplatz mit großer Fläche. Das war auch einer der Plätze, die ich gleich geliebt habe.




 
Das ist lange her, daß ich dort war. Da gab es noch Campingplätze. Heute gibt es auch da nur noch Stellplatzwüsten. Die Campingkultur ist in der Wohnmobilpest untergegangen. Ich habe mich nie auf einem Campingplatz vorangemeldet. Ich weiß gar nicht, ob es dafür überhaupt eine Möglichkeit gegeben hätte. Es wäre auch völlig unnötig gewesen. Ich habe auf der (papierenen) Landkarte nachgesehen, wo ein passender Campingplatz liegt auf der Route, bin hingefahren, habe mir einen geeigneten Platz für ein Zelt ausgesucht, angemeldet, und wann immer ich weitergefahren bin, habe ich bezahlt, fertig. Es wollte niemand wissen, wie lange ich bleibe. Und zwar habe ich mit simplem Bargeld bezahlt. Selbst in Helsinki im Hochsommer war genügend Platz auf dem Campingplatz. Das war auch ein sehr schöner Platz zu der Zeit wie die meisten Campingplätze in Skandinavien. Und alle mit viel Platz.
 


Ralf in Risnes und Hyllestad, Sogn og Fjordane, Norwegen


Ich habe mir die Webseiten einiger Campingplätze angesehen, auf denen ich damals war, richtig idyllische, schöne Plätze mit viel Platz. Heute sind es parcellierte Stellplatzwüsten. "First Place" ist ein Konzern, der systematisch Campingplätze aufgekauft hat und sie in hochpreisliche Stellplatzwüsten verwandelt hat. Dort tummeln sich dann all die Beamten, die glauben, in ein paar Jahren könnten sie im Wohnmobil die große Freiheit nachholen, die sie ein Leben lang versäumt haben. Klar werden die dann abgezockt.


Ralf in Risnes und Hyllestad, Sogn og Fjordane, Norwegen

 
Die Campingplätze hier in der Gegend sind in erster Linie Wochenendkolonien von sogenannten Dauercampern, die ihre Wohnwagen eingebaut haben wie auf einem Schrebergarten. Vielleicht gibt es ein winziges Eckchen auf dem Platz irgendwo, wo ein durchreisender Biker sein Zelt aufstellen kann. Die Campingkultur ist untergegangen. Auch in Skandinavien.
 
In Lappland dürften die Pilze und das Wild noch immer allerhand Bequerel aufweisen. Als Tschernobyl explodiert ist, zog eine Wolke nach Norden nach Lappland und hat das Gebiet radioaktiv verseucht. Auch hier sind Pilze und Wild weiterhin nicht unerheblich belastet.
 
Daß es in manchen Vororten von schwedischen Städten zugeht wie in den Banlieues in Frankreich ... es hat sich viel verändert in Schweden gegenüber der Zeit, in der ich Schweden kennengelernt habe.

 

Ralf in Risnes und Hyllestad, Sogn og Fjordane, Norwegen

Vielleicht sieht es in Lappland noch etwas anders aus bei den Campingplätzen als in Südschweden. Allerdings, wenn ich mir ansehe, wie es auf dem Nordkap heute zugeht, dann ist das kaum zu erwarten. Daß man damals nur mit der Fähre auf die Insel kam, auf der das Nordkap liegt, hatte durchaus seine Vorteile. Es kamen nicht ganz so viele Fahrzeuge hin wie heute durch den Tunnel.
 
Die große Freiheit im Wohnmobil ... und dann stehen sie alle dicht an dicht auf ihren Stellplatzwüsten, klappen die Satellitenantenne aus und sitzen vor der Glotze genau wie die Dauercamper in ihrem Schreberhäuschen.
 

Sic transit gloria mundi.


Erhard in Oslo, Juli 2023

 
Der Abschnitt durch Schweden ist ziemlich kompliziert gewesen. Das waren hauptsächlich Nebenstraßen. Ich habe die Route deshalb selbst zusammengestellt. Das ist gar nicht so einfach, weil das Autorouting ständig andere Straßen wählt und man dann weitere Zwischenpunkte einsetzen muß. Damals suchte ich mir das alles auf der Karte zusammen.
 
 


Wie du siehst, waren wir nach der Fähre von Norrtälje auf einen Abstecher erst in Uppsala. Von da nach Stockholm und dann immer Richtung Nordwesten ins Grenzgebiet von Norwegen und Schweden. Das Foto mit dem Ziehbrunnen war bei Malung, wo wir einige Tage blieben völlig abseits. Ein paar Ferienhütten standen da am Ende eines längeren Sandweges. Nach Malung ging es ein Stück durch Norwegen und von da zu dem riesigen Vänernsee und runter nach Göteborg. Die Route hat 1155 km. War eine spannende Runde quasi ins Hinterland von Schweden, wo man normalerweise nicht hinkommt. Den direkten Weg von Stockholm nach Helsingborg runter zur Fähre nach Dänemark war ich drei Jahre vorher gefahren. An diesen Tagen war die Umstellung in Schweden von Links- auf Rechtsverkehr. Das war vielleicht ein Zirkus. Weiß heute wahrscheinlich niemand mehr, das Schweden mal Linksverkehr hatte.
 
Drei Jahre später, also 1973, waren wir nochmal oben in Lappland, da aber mit dem Auto. Von Göteborg nach Stockholm direkt und dann immer der Ostsee entlang hoch nach Rovaniemi und nach Inari. Andere Geschichte.
  

Mach's gut und gute Fahrt

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