05 August 2023

Rjukan, Amot, Dalen, Flateland, Ose in Süd-Norwegen

 

Auf der wunderbaren, sonnigen Strecke von Drammen nach Rjukan liegt die älteste Stabkirche Norwegens am Weg. Es wird immer schöner: Ruhe in einsamer, heilsamer Natur, wunderbare Gebäude, Welterbe Industriedenkmäler, raue Hochebene mit schmalen Bergstraßen. Arbeit und Erfahrung änderte meine Alt-68-Ideologie. Der Freund "haha" bleibt dabei, die Verbindung bricht ab.



Es gibt Ausblicke über Fjordlandschaften, bei denen das Herz stockt. Wenn man anhält, erhält man nur ein kleinen Ausschnitt von der überwältigenden Schönheit. Erbärmlich sind alle Versuche, die wunderbare Welt in Texten, Bildern oder Filmen darzustellen!


Wer mehr von der Stabkirche wissen will, findet bei Wiki weitere Fakten. Das Suchbild fragt: Wie viele Dächer sieht man?






Das mit Steinplatten belegte Dach macht ein soliden Eindruck.




Die Fahrt am 460 Meter tiefen Tinnsjo-See streckt sich über 40 Kilometer hin. Das dunkelgrüne Wasser erinnert an den Walchensee in den bayrischen Alpen.




Der See liegt etwa 40 bis 60 Meter unter der Uferstraße. Oftmals sind Straßen durch Granit gehauen, zweimal muss man durch Kilometer lange Tunnel.



Beglückende Ausblicke auf eine zauberhafte Natur



Im Gebiet Rjukan tobte 1943/44 ein erbitterter Kampf um Schweres Wasser, welches bei der Kernspaltung gebraucht wird. Die Gedenktafel erinnert an den Kampf um Schweres Wasser, welches in Rjukan gewonnen wurde.



Das Camp in Mael bietet mir einen ruhigen, angenehmen Platz am Tinnsjo-See, etwa 14 Kilometer vor Rjukan. Nach Rjukan geht es mit dem Fahrrad.




So verlockend der See aussieht, nichts reizt zum Bad.



Am Bahnhof rosten Güterwaggons.



Das Schiff rührt sich seit 1996 nicht mehr vom Fleck. Als mein Rad von Rjukan zurük rollt zum See, schnauft eine alte Diesellok mit zwei Personananhänger in Richtung Rjukan, die wir später sehen werden.



Das Städtchen Rjukan verdankt seinen Reichtum der Wasserkraft. Damit ließ sich in dem Kraftwerk schon ab 1902 Energie gewinnen, um Kunstdünger zu erzeugen und Schweres Wasser.



Der 1881 Meter hohe Gaustatoppen ist der höchse Berg in Südnorwegen. Schnee liegt noch in  Lawinenrinnen.



Der Wildbach schleift die Kanten der Granitblöcke ab, doch das dauert einige Zeit.



1944 ANNO 1945 liest man über der Eingangstür des Turmes.



Das Elektrizitätswerk gewinnt aus Wasserkraft Strom. Ladesäulen mit 180 KW sollten reichen, Autoakkus für Bergstrecken aufzuladen. Sechs, sieben Tesla-Ladesäulen stehen auf dem Parkplatz des SPAR-Ladens. Die Bergstrecke hinter Rjukan schraubt sich in starken Steigungen mit Haarnadelkurven bis auf 1000 Meter Höhe.


Der Marktplatz von Rjukan liegt im Sonnenschein. Zusätzlich kommt Licht von den Spiegeln auf dem Bergrücken gegenüber. Das kleine Mädchen plantscht fröhlich durch die Brunnenfontänen. Wiki beschreibt, was die Menschen im Winterhalbjahr erwartet:

Rjukan liegt im engen Vestfjord-Tal, das im Norden von den südlichen Ausläufern der Hardangervidda und im Süden von einem der bekanntesten Berge Norwegens begrenzt wird, dem Gaustatoppen (1883 m Höhe). Die Enge des Ost-West-Tals ist der Grund dafür, dass das Licht der tiefstehenden Sonne im Winterhalbjahr von Oktober bis März .... ... den Ort am Talboden nicht mehr erreicht. 2013 wurden drei Heliostaten (3 Spiegel mit je 17 m² Fläche) errichtet, die in dieser Zeit Sonnenlicht auf 600 m² Fläche am Marktplatz spiegeln.



Alle genießen den sonnigen Samstag. Wer in kalten Ländern lebt, muss vom Frühjahr bis Herbst für Vorräte sorgen, um ein halbes Jahr Kälte zu überstehen.


Solchen Wasserturbinen verdankt Rjukan seinen Reichtum. So kann sich der Ort, wie im Hintergrund zu sehen ist, ein Kino leisten.



Im engen Tal gruppieren sich die meisten Häuser um die Haupt- und Durchgangsstraße.




Das Gebäude gehört zum Kraftwerk Vemork, welches eine eindrucksvolle Web-Site betreibt.



Museale Holzbauten zeigen, wie früher die Menschen über die Winter gekommen sind.



Auf dem Rückweg liegt der Wasserfall im Sonnenlicht. Das gelbe Schild zeigt die Entfernung zu den nächsten Städten an

Kongsberg 89
Notodden 69
Gransherad 44




Wie zuvor erwähnt schnauft hier die Diesellok mit zwei Personenanhänger die leichte Steigung nach Rjukan hoch.



Der Lokführer sieht mich, lässt sein Signalhorn dröhnen, Passagiere winken mir zu. Dann verschwindet die Lok mit schwarzen Russflocken verbrannten Diesels aus dem Schornstein.


Regen in Rjukan



Regen rauscht über das Dach. Wer im Zelt campierte, hat gepackt und ist abgereist. Auch die meisten Wohnmobile fahren ganz vorsichtig vom nassen Rassen auf Asphalt, um nicht stecken zu bleiben. Meine Laune sinkt wie die Temperatur. Mit 500 Watt im Dauerlauf hält der Heizlüfter die Temperatur meine kleine Klause warm, während dichte, graue Wolken von den Bergen ins Tal rutschen.




Die WELT COMMUNITY, eine online Veranstaltung hinter der Bezahlschranke der WELT, zensiert munter meine Fragen zu Artikeln:



Vielleicht belustigt die WELT-Zensur andere, welche dies sehen oder ähnliche Zensur erfahren haben. Zumindest lässt sich bei Regen, wenn mir in Norwegen nichts Besseres einfällt, mit fragenden Kommentaren die Zeit vertreiben.



Direkt am Camp liegt der Tinnsjö, etwa 40 Kilometer lang und 560 Meter tief. Niemand badet.



Mit Kochen und Essen lässt sich angenehm ein verregneter Tag im Camper verbringen. Wenn Wifi stark genug ist, mit der Frau daheim per Skype zu plaudern, wird es lustig.



Sie erzählt viel und gerne, kann aber auch gut zuhören.



Mich begeistern Länder, Städte, Straßen, Gebäude, Technik. Geschichte und Politik, sie begeistern Begegnungen mit Menschen.



Ihre Fröhlichkeit steckt mich an, wenn meine Laune in ein Loch fällt.



Meine fragenden Kommentare zu Artikeln bei WELT-Online hinter der Bezahlschranke sind genauso schnell geschrieben, wie sie zensiert - also "NICHT VERÖFFENTLICHT".



Meine Frau über Skype ist lustiger: "Was spiele ich?" "Einen Elch", "Richtig".



Endlich kommt Sonne - einmal am Tag. Die Regenpause reicht zu einem geruhsamen Spaziergang zum Hafen und zum Bahnhof am See.



Die Güterwagen haben Seltenheitswert. Der Wagen mit dem Holzaufbau läuft auf Speichenrädern, wenn er denn läuft.



Jetzt verkehrt vermutlich nur noch die Spassbahn mit den zwei Personenanhängern vom Bahnhof am See nach Rjukan.



Bahnstation, Hafen und Camp liegen in Mael, 14 Kilometer vor Rjukan.




Langsam macht mich die Ruhe auf dem einsamen Camp und der kleine Spaziergang am verregneten Sonntag vertrauter mit der wunderschönen Natur und der alten Technik von Bahn und Fähre. Die Tafel am Bahnhof verrät mehr von der Gegend, der Bahn und dem Schiff:

Das Industriewelterbe Rjukan-Notodden wurde 2015 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen.

Mehr davon ist auf dem Bildschirmfoto zu lesen.


Vinje - Amot




Weiter geht die Reise. Gerade einmal 80 Kilometer von Rjukan bis Vinje haltem mich Stunden auf.



Immer wieder verdient die gewaltige Schönheit der Landschaft einen Halt und ein Foto. Hier rückt das Tele den 1881 Meter hohen Gaustatoppen ins Bild. Es fällt mir schwer, die zehn Kilometer Anfahrt in die Höhe auszulassen. Doch immer wieder fällt Regen. Da sitzt man lieber im warmen Wagen, lässt den Motor brummen, schaukelt medinaiv durch die Landschaft und dreht die Heizung auf.



Der nächste Halt auf der Strecke am Kraftwerk Vemork, was einst das älteste und größte Kraftwerk seiner Zeit war.



Seit erdgeschichtlichen Zeitalter rauschte der Gebirgsbach durch die tiefe Schlucht. Jetzt jagt das Wasser durch Röhren auf Turbinen, treibt Generatoren an und schafft Milliardenwerte.




Eine Hinweistafel erklärt:

Als das Kraftwerk Vemork, RjukanI, 1911 die Stromerzeugung aufnahm, war es das größte Kraftwerk seiner Art weltweit..... Der Ausbau des Wasserfalls war ein Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte der Wasserkraft, denn hier ein Wasserfall mit hoher Fallhöhe genutzt.



Die Brücke, welche Holzplanken decken, darf nur ein Fahrzeug nach dem anderen passieren.




Noch einen Blick in die gewaltige Schlucht, in der nur noch restliches Wasser fließt, während die Wasssermassen durch Röhren auf Turbinen jagen.



Wunderbar - auch wenn Sonne fehlt, auch wenn wieder kalter Regen fällt, dennoch ist es wunderbar für mich.



In der Hochebene bei 1000 Meter über dem Meer kann man Skihütten mieten. Auf den Bergen im Hintergrund liegt in manchen Rinnen noch Schnee.



Immer wieder der herrliche Ausblick über das Land, dann kommt das Camp in Vinje an einem kalten See . Wie kann man ausruhen, wenn es wie aus Eimern schüttet? Schnell bildet sich um das Auto eine große Pfütze. An Mittagsschlaf ist bei dem Pladdern auf die Plastikdächer nicht zu denken...




Dann darf man sich auf eine Nacht mit fünf Grad Celsius freuen, mein Gefühl zieht mich heim. Genug ist genug. Nach zwei Monaten freut es mich, wenn das Navi Fahrtrichtung "SÜDEN" anzeigt.


Es reicht nicht mehr, über etwa 1500 Kilometer Entfernung meiner Frau per Skype zu winken.



Nach der Kurverei am Vormittag über enge Wunderstraßen, die ohne Mittelstreifen höchste Aufmerksamkeit beanspruchen, steht meine rollende Klause nach dem Regenguss im Sonnenschein. Die Pfützen ringsum trocknen schnell.



Lange währt die Ruhe nicht, weil ein nächstes Unwetter wie aus Kübeln Wasser ausschüttet. Danach liegt das Stromkabel fünf Zentimeter tief in einer Pfütze. Nachdem der schwarze Wolkenhimmel seine Wassermassen ausgekippt hat, scheint wieder die Sonne. Der See neben dem Camp entwässert in den rauschenden Bergbach.



Don Quijotte kämpft nicht mit den Windmühlenflügen von Zensoren wie bei WELT online hinter der Bezahlschranke, er reitet lieber auf E-Bike Rosinante hinunter ins Tal, radelt zurück auf einsamer Bergstraße durch Kiefernwälder. Man hört keinen Vogel, man hört außer Autos selten einen Hund bellen.



Elche aus Edelstahl, Häuser aus Holz, Geschäfte im Tal, Schule, Friedhof ringsum umrahmt von viel einsamen Wald mit gelegentlichen Gewässern.



Wenn die Sonne eine Szene ausleuchtet, muss man schnell sein, denn im nächsten Augenblick verdunkeln wieder unberechenbare Wolken die Landschaft.



Diese gewaltige Natur führt mir die nahezu winzige Sinnlosigkeit aller Bilder, Buchstaben, Noten und Wörtchen vor Augen. Es scheint, als führen gleichsam Kräfte aus der Unendlichkeit Regie über meine und unser aller Endlichkeit und Eitelkeit.



E-Bike Rosinante hilft Don Quijotte dabei, pamphletisch pöbelndes Pathos und Gedanken zu vergessen. Besser ist es, medinaiv auf einsamer Asphaltbahn zum nächsten Ziel zu strampeln, ohne dort ankommen zu müssen, weil der Weg zu weit, weil neuer Regen droht, weil nasse Bergstrecken glatt zu werden drohen.


Selten jagen ein, zwei, drei Vögel lautlos vorüber, kein Schmetterling torkelt über die Wiese, kein Elch stapft durch das Gras. Auf dem Land ist es zu einsam, in der Stadt ist es zu voll, daheim ist mir zu langweilig, auf Reisen zu aufregend. Nur Schlaf bringt Ruhe, bis bedrückende Träume Don Quijotte auch aus diesem Refugium schrecken. Morgensonne lässt Nebel über dem See verdampfen. Das schafft mir einen klareren Blick auf die nächste kurze Strecke. Weiter geht's!






Don Quijotte liest vor der Abfahrt einen gerade erschienen Artikel von der Sehnsucht "nach einer Rückkehr der Vernunft."


Don Quijotte macht seine Finger krumm, kommentiert "die Gastautorin Sarna Röser, Vorsitzende des Verbands Die jungen Unternehmer", und sieht seine Meinung Sekunden später im Ordner der WELT COMMUNITY NICHT VERÖFFENTLICHT verschoben. Was mehr noch soll man sagen, schreiben - außer zu schweigen? Später veröffentlicht WELT online meinen Kommentar dann doch.


Karl und sein 6-Zylinder-Ford, Baujahr 19569



Die alten Nummernschilder wie an diesem Ford sind in Dänemark selten. Jedes Jahr fährt Karl mit seinem Ford zum Oldtimer-Treffen in Norwegen. Der 53 Jahre alte 6-Zylinder braucht keine Kopfstützen, keine Sicherheitsgurte und dazu noch wenig Benzin: 10 Liter auf 100 Kilometer. Karl erzählt, in Dänemark müssten Oldtimer alle acht Jahre zum TÜV.


Dalen




Am 1. August liegt um 8.00 Uhr morgens Nebel über dem Camp. Was erwartet mich? Kommt wieder ein Regenguss, bei dem man keinen Hund vor die Tür jagt?




Die kurvige, enge Straße liegt im Sonnenschein. Nach jeder Kurve begeistern mich wunderbare Ausblicke auf die immer gleichen Wälder.


Die kurze Strecke ermüdet mich schon nach 33 Kilometer. Da kommt mir ein Hinweis auf ein Camp am Weg in Dalen gerade recht, um eine Nacht Norwegen mehr einzuschieben. Wenn mich schon Preise für Lebensmittel und Camps beschäftigen, dann ist es zum "Reisekoller" nicht mehr weit.

Ein Liter Speiseöl billigster Sorte 6,24 Euro, die teuerste Sorte kostet 22,50 Euro. Zitronensaft 250 mL für 3,12 Euro



Diesel ist mit 1,77 Euro/Liter preiswerter als in Schweden.




320 Gramm Fischstäbchen für 5,35 Euro sättigen  meinen heißen Hunger nach einer Schüssel Salat mit Ei. Die vielen Eindrücke, Fahren in der Fremde machen hungrig und müde. Satt und müde ist es Zeit für den Mittagsschlaf. Die Sonne heizt den Wagen schnell auf. Wenig später drohen wieder schwarze Regenwolken . Woran man ist, ist mir bislang nicht klar.


Das Camp für 400 NOK (35,65 Euro) empfängt seine Gäste mit norwegischer Folklore.



Sonst ist in Dalen an den meisten Plätzen Campieren verboten.



Kälte, Regen, Reisekosten wie Gedanken über Deutschland machen mir einen "Reisekoller". Dann stimmt nichts mehr, obgleich das Camp für mich wie das beste Hotel am Platz ist - vergleichbar mit dem ältesten Hotel von 1894. Vor dem Haus steht ein alter Bus in der Farbe des Hauses, hinter dem Hotel erstreckt sich ein weitläufiger Park bis zum See. An dessen Ufer kann man die Sauna buchen.



Am Yacht-Hafen stehen Womos auf "Platte" 150 NOK (13,30 Euro) billiger als im Camp, aber das Camp mit dem Rasen erlaubt mir, Flüssigkeiten aus der Aufbautür zu schütten, die Dusche zu nutzen, die Pfanne von Fischstäbchenfett mit heißem Wasser zu spülen und die komfortable Sanitäranlage zu nutzen. Gegen aufkommenden Reisekoller hilft ein Bad im kalten Fjord, der hier Telemarkskanalen heißt. Wiki schreibt dazu:

 Er ist 105 Kilometer lang und führt vom Meer (der Nordsee) bis in die norwegische Region Telemark. Ein System von 18 Schleusenstufen bewältigt auf der Strecke einen Höhenunterschied von 72 Metern. Über weite Strecken führt er durch bereits vorhandene Seen und verbindet sie miteinander.




Auf der anderen Kanalseite führt ein seltsamer Privatweg in die 14 Kilometer entfernte Siedlung Bandaksli. Seltsam ist der Weg zum einen, weil anfangs eine Schild dazu auffordert 50 NOK für die Instandhaltung zu entrichten, seltsam weil der Weg zwar glatt, aber nicht asphaltiert ist, allenfalls liegt Schotter in Steigungen, um nicht zu rutschen.



Auf diesem Weg vergnügt sich Don Quijotte auf E-Bike Rosinante länger als im bequemen Autosessel. Der Tag bleibt trocken.



Atemberaubende Ausblicke entschädigen mich für Strapazen, die mir Reisen, Regen und trübe Gedanken machen.



Die seltsame Privatstraße führt durch den Tunnel, was den Wegzoll von 50 NOK rechtfertigt.



Da liegt Bandaksli im Tal, vier fünf Häuser umgeben von Grünland. Mir genügt der Blick auf die Pracht, ohnehin hat mich Rosinante länger durch diese Wunderwelt geschaukelt als der 3,5-Tonner von Vinje nach Dalen.



Es geht zurück auf die andere Kanalseite zu meinem trauten Heim. Ein Wohnmobil fährt über die Brücke ab, ein anderes fährt links am Bildrand nach Dalen. Dort steht mein Wohnmobil und bleibt bis zur nächsten Abfahrt stehen, wenn es einmal als Wohnung eingerichtet ist.  Die nächsten 54 Kilometer zum Ziel Flateland sollten zu schaffen sein. Es geht Richtung Heimat. Stand das nicht schon  im Text?


Flateland - Valle




Ein Katzensprung, möchte man meinen, 54 Kilometer von Dalen nach Flateland. Doch es ging nie in den sechsten Gang, oft musste man zwischen dem zweiten und dritten Gang rühren, wenn am steilen Anstieg von Dalen vor mir ein mit Steinen beladener Schwerlastwagen mit dreiachsigem Auflieger langsam um die Spitzkehren kroch.



Wenn mir dann noch das Navi die Strecke nicht klar anzeigt, ein Umweg in ein einsames Bergdorf mich aufhält, dann zieht sich der Weg länger und länger.



Zudem weiß man ja nicht, ob man noch einmal die schöne Strecke fahren darf. Also gilt es, an bezaubernden Stellen zu halten, um dankbar die Schönheit zu betrachten.



Von Dalen muss man sich etwa 600 Meter höher schrauben, bis in Skigebieten die Straße Kilometer lang auf 800 Meter Höhe verläuft.



Eine Parkbucht auf der Höhe lädt zum Verweilen. Die Schafe machen mir Platz, um Kartenmaterial mitzunehmen.



Auf der Höhe gibt es genug Platz, den andere Camper für eine Nacht im Freien ohne Gebühren nutzen. Mich schiebt der dritte Gang mit Unterstützung der Bremsen von der Höhe auf 390 Meter hinunter zum Camp Flateland. Mein gewohnter Luxus wie Strom, Wifi, TV ist im Preis inbegriffen, fünf Minuten Duschen kostet 20 NOK extra.



Bei strahlendem Sonnenschein heizt das Auto auf nicht aber der See am Camp. Also rollt mich Roinante sieben, acht Kilometer ins Tal in das Örtchen Valle hinab.



Neben meiner Jagd auf reizende Fotomotive gibt es immer etwas einzukaufen.



Felswände fallen nahezu senkrecht ab. Dort hält sich kein Baum, kein Gras.



Dem Wetter hier kann man nicht trauen. Den strahlenden Sonnenschein verzierten am blauen Himmel ein paar Schäfchenwolken. Doch auf dem Rückweg von Valle zieht eine schwarze Wolkenwand über die steilen Felswände.



Noch nutzen einige abgehärte Menschen die Badestelle an der Parkbucht, wo Camper kostenlos stehen. Die Dächer in meinem Auto stehen offen, der schwarze Block am Himmel sieht böse nach Regen aus, schnell geht es heim. April! April! Nur einige Tropfen sind gefallen, dann verzieht sich der schwarze Regenblock wieder. Doch weiß man das?



Kinder hüpfen auf der Sprungmatte. Ein mutiger Knabe springt vom Baum auf die Matte.



Ein von Bäumen bestandener Trampelpfad führt Fluß aufwärts. Die Heidelbeeren sind reif.


Es ist einsam dort, der Fluß ist kalt. Darin zu baden, weckt meine Lebensgeister.

 

Jahrzehnte Freundschaft mit Alt-68-Freund haha abwickeln


Böse, weiße, alte Männer mit misanthropischen Tendenzen verzichten notgedrungen auf Sozialkontakte, weil niemand mit ihnen etwas zu tun haben will. Vor Jahrzehnten war das noch anders, An frühere Gemeinsamkeit erinnert mich eine Whatsapp-Nachricht von haha (Harald Hartmann). Sein seit Jahrzehnten fundamentiertes "Alt-68-Bekenntnis" macht es sinnlos, sich weiter mit ihm aufzuhalten. Mich haben meine Erfahrungen geändert - ihn eher weniger.

Mag haha auf seine alten Tage vor Demenzkranken im Altersheim seine Liedchen zum Klavierspiel trällern, mag er bei Beerdigungen als Organist aufspielen, sich zum Lohn beim Leichenschmaus besaufen, mag er sich, seine Katze und seine Fans pflegen, mag er per Sackpost Ratschläge, Be- und Erkenntnisse schicken, mir macht das alles kaum mehr Spass.


Seine Sendung, nach der er fragt, liegt daheim. Meine Frau mag den Brief nicht öffnen, schickt davon dies Bild. Vermutlich hält der alte Freund seine Auslassungen für so wertvoll wie andere ihre Fingerübungen in Kommentaren oder Blogs, dass er sich nach dem Verbleib seiner Sendung schon zum zweiten Mal erkundigt. Was wären größte Geistesfürze wert, wenn sie unbemerkt verduften?



Freund haha kann sich mit seiner "lebendigen Bibliothek" - wie er schreibt - beschäftigen, vergnügen, trösten, unterhalten, belesen.



Eins ist sicher bei all den Buchstaben, Bildern, Blogs u.dgl. mehr: Es unterhalten sich damit Konsumenten wie Autoren. Die höchste Form EGO stärkenden Trainings sind sogenannte "Heilige Schriften" mit Handlungsanweisungen wie für Essen, Schlafen, Geschlechtsverkehr, Umgang mit Ungläubigen, Weisungen zu Wallfahrten nach Mekka oder Fatima wie auch Weltkirchentage in Gemeinschaft der Letzten Heiligen.

Aber nur, wer sich der Inneren Betrachtung seiner Gedanken- und Verdauungsvorgänge, seines Atmens wie seines Gedankenkarussels im Kopfkino bei geschlossenen Augen in Jahrzehnten beständigen Übens versichert, veredelt sein EGO zu Höchster Heiligkeit. Amen, OOOMM, Hallelujah, Shalom, Inch' Allah. Sollte ein verständiger Leser von diesen Wörtchen so ergriffen sein, dass er dafür in dankbarer Demut spenden will, so wird dies dem Frommen zusätzlich nutzen. Gib, so wird dir gegeben! Großen Indianerehrenwort.

Wer wie mein alter Freund und Sangesbruder aus seiner "lebendigen Bibliothek", um auf diese Absurdität einzugehen, seinen Saft zieht, wer sich wie er rühmt "2000 Seiten Schlotterteich" gelesen zu haben - wie er den Namen des Filosofickers schreibt, erreicht eine noch höhere Stufe der Gelehrsamkeit, wenn er Noten in Schrift und Wiedergabe beherrscht. Sein opulentes Werk "alle Katzen lieben Chopin" erzählt davon, seine Lieder singen davon. Sein Online-Auftritt ist mein Geschenk an den Genius des Maestros, womit dessen Lebenswert weitgehend abgeschlossen sein dürfte. Oder kommt da noch was? Ach ja, ein Brief....

Nicht nur Heilige Schriften, Töne oder Bilder auch Athleten erklimmen mit Ballspielen, Faustkämpfen rennend, gehend, springend - auf jeden Fall schwitzend - den Olymp höchster Anerkennung und Aufmerksamkeit. Auch damit machen manche Millionen und erreichen wie die Fußballfrauen gerade ein Millionenpublikum mehr noch als der Papst derzeit in Lissabon.

Vor dem Tod gibt es zahllose Methoden und Möglichkeiten, sich selbst und seine Mitmenschen von seiner einzigartigen Wichtigkeit zu überzeugen.

Was mein alter Alt68iger-Freund haha mir mitzuteilen hätte, könnte er per Whatsapp mir sagen. Aber er mag nicht mit mir sprechen, er schickt eben - wie schon seit Jahrzehnten -  Sackpostschreiben.


Fettes Fazit: Was sind die größten Geistesfürze wert,wenn sie unbemerkt verduften?

Ose und der Wasserfall Reiarsfossen



Beinahe 50 Kilometer Richtung Heimat sind schon wieder geschafft - mehr aber auch nicht.



Allein meine Zelte morgens nach ausgiebiger Morgentoilette, Frühstück, Nachrichten aus SAT-TV und Internet abzubauen, dauert bis zu zwei Stunden.



Schließlich darf man als Chronist dieser Reisen nicht verpassen, wie sich zum Beispiel andere Wichtigtuer  bei Facebook aufbretzeln.



Bei Facebook mit SPOTIFYANCHOR-WEB.APP.LINK bringen die OVERLANDVAN-Leute ihre Reise unter die Leute.



Auch wenn der Autor seine kurzen Nächte meist schon um 6.00 Uhr in der Früh abbricht, wenn am Abend das Fernsehprogramm wieder einmal unerträglich war und früh der Schlaf kam, dauert es dann doch bis 9.00 Uhr, wenn nach kurzer Fahrt der erste Supermarkt in Hylestad am Weg liegt. Proviant einzukaufen, ist trotz Kühlschrank ein fast alltägliches Vergnügen. Die Straße Nummer 9 ist verglichen mit der vorigen von Dalen nach Flateland mit Mittelstreifen glatt mit sanften großen Kurven. Es geht flott voran. Nach 20 Kilometern versorgt mich der Coop in Hylestad:

BLOMKAL STK                      31,90
COOP PEPPERMAKRELL     27,90
DELIKAT POTETSALAT        29,90
FROKOSTBROD                     16,90
                                                 --------
                                                  106,60

Wenn man sich die Wörter ein wenig länger ansieht, dazu noch die Waren vor sich hat, verraten sie ihren Sinn:

BLOMKAL ist Blumenkohl, PEPPERMAKRELL versteht sich von selbst, POTETSALAT ist Kartoffelsalat und das FROKOSTBROD ein etwas dickeres Brötchen. Teilt man die Preise durch zehn, kommt man etwa auf den Euro-Betrag.



Gut, dass mich daheim in Good Old Germany der Frühling mit Spargel und Erdbeeren verwöhnt hat. Hier 64,90 NOK für das Pfund Erdbeeren zu bezahlen, fällt mir nicht ein.



Wenn man schon mal in Hylestad ist, schuldet der Chronist es sich und seinen Lesern, mehr davon zu sehen und zu erzählen. So fragt man sich, wie die ihre Elektrofahrzeuge auf und über die Berge bringen. Schon beim SPAR in Rjukan sind mir die Stromsäulen aufgefallen, auch hier wieder in Hylestad 50 bis 200 KW. Mit 200 Kilowatt kann man 200 Heizlüfter betreiben.



An Felswände, Wälder und Holzkirchen gewöhnt man sich in Norwegen schnell - jedenfalls in dem winzigen Eckchen, in welches es mich verschlagen hat. Dass sich das Land noch endlos weiter in den Norden zieht, mag Fernfahrer reizen. Mir macht das weniger Spass.



Nach weiteren 20 Kilometern sind immerhin schon 40 Kilometer am Vormittag geschafft. Doch dann verführt mich eine Parkbucht zur Pause mit dem zweiten Frühstück. Das Glück ist mit mir, denn der rauschende Wasserfall ist eine Attraktion. Die Holzverschalungen der Halbkreise in den Holzhütten klappen nach hinten, um in den Hütten seinen Müll zu entsorgen.



Während mich mein üblicher Salat mit Ei, Käse und dem eben erstandenen Brötchen mit einem schwarzen Tee verwöhnt, fallen mir immer wieder Menschen auf, die sich Bergschuhe anziehen und auf einem kleinen Pfad im Gebüsch verschwinden. Auch wenn es Überwindung kostet, mit meinem 75 Jahren sich aus dem Autosessel in Sandalen auf den Weg zu machen, lockt mich die Neugier. Glück ist mit mir, denn Himbeeren am Weg erleichtern den Anstieg.



Bis hier her und nicht weiter, denn auf diesen Felsbrocken zu balancieren, sind Sandalen denkbar ungeeignet. Himbeeren versüßen den schlüpfrigen Abstieg.



Schon bei der Einfahrt in die Parkbucht fiel mir die Werbung für das Camp gegenüber am See auf. Mittlerweile rückt die Mittagszeit und damit mein Ruhebedürfnis näher. Um 11.30 nimmt mich die freundliche Dame in ihrem Camp auf, bucht 250 NOK von der Karte ab und Ruhe mit dem Lied des Wasserfalls ist mit mir.



Meine nächsten Camp-Nachbarn sind 30 bis 50 Meter entfernt. Das Camp liegt wieder etwa 200 Meter tiefer als gestern in Flateland. Das Wasser im See ist viel wärmer als gestern im Fluß. Die Dusche ist heiß und im Preis inbegriffen. Hier lässt sich die zweite Woche in Norwegen ruhig und preiswert in herrlicher Natur mit Bergen und Badesee bestens beenden. Es regnet zur Abwechselung mal wieder, doch neben den Regentropfen vertreibt mir Klassik Radio die Zeit mit der Pathétique, an der sich auch meine Finger recht vergeblichen einst mühten.



Was WELT online hinter der Bezahlschranke auf höchstem Niveau mit Reitzle serviert, das bekommt der Leser von Pirincci geschenkt. Meinen Kommentar zu dem Artikel veröffentlicht mein Blog, WELT nie und nimmermehr:

Pirincci pöbelt mit pessimister Prophetie: "Es ist zu spät". Analysiert Reitzle die Situation nicht ebenso oder zumindest ähnlich?


Ausflug nach Bygland




Der Byglandfjord zieht sich von Ose etwa 43 Kilometer über Bygland zum Ort Byglandfjorden. Mein Radweg führt über eine kleine Brücke auf die andere Seite des Fjords. Dort gibt es auf der kleinen Straße auf 20 Kilometern einfach gerade einmal zwei Autos.



Mein Urlaubsgefühl mit Radfahren, Schwimmen im Fjord, Duschen und Essen könnte nicht besser sein.




Mir kommt die Hängebrücke an das andere Ufer wacklig vor, doch sie ist bis zu zehn Tonnen zugelassen.



Das urige Holzhaus steht in Ose, wo mir ein kleiner COOP Lebensmittel verkauft.


 
Fjord und Himmel verschwimmen in zauberhaften Blautönen.



Leicht kräuselt sich der See. Ein kleines Schlauchboot mit Motor ist gerade durch die Stille gebrummt.



Ein verschlafenes Nest liegt im Sonnenschein. Die meisten Kirchen heben sich weiß von den meist roten Häusern ab.



Der See ist wieder zum glatten Spiegel geworden, der unten die Wolken von oben zeigt.



Im Westen verdichten sich Wolken zu einer schwarzen Wand. Ein Donnerschlag hallt über das Wasser.




Erste Tropfen fallen. Es ist Zeit, einen Unterstand anzufahren, die Regenjacke auspacken und anzuziehen.



Das Wetter ist launisch.




Für Radfahrer die alte Steinbrücke, die Autos fahren über die neue Brücke.


Bygstad mit einer weißen Holzkirche, umgeben von schwarzen Marmorsteingräbern, ein kleiner Hafen, ein Supermarkt, eine Tankstelle, eine Bibliothek, ein Denkmal für einen Geiger, eine kurze Pause für mich.



Das Wetter beruhigt sich nach einem weiteren Donnerschlag und einigen Regentropfen.



In schneller Fahrt geht es am buckligen Felsrücken an der ruhigen Uferstraße zurück ins Auto.



Die Sonne kommt wieder, trocknet rasch die Pfützen auf der Straße.



Wenn nach etwa zehn Kilometern ein Auto an mir vorbei fährt, stört mich das nicht. Der Straße sieht man an, dass man dort gut radeln kann.



Mit solchen Bildern soll mir Norwegen in Erinnerung bleiben.



Wieder kommt kurz vor der kleinen Brücke das unangehneme Gefühl, durch den unbeleuchteten, schwarzen, kalten, feuchten Felstunnel etwa 500 Meter fahren zu müssen.



Vor der Einfahrt in den Tunnel noch einen Blick auf die Steilwand neben mir. Ein freundliches Straßenschild warnt vor Steinschlag.



Geschafft! Vor mir liegt die kleine Brücke, Durchfahrt drei Meter Höhe, sechs Tonnen Achslast, zehn Tonnen maximal Gewicht, dahinter rauscht der Wasserfall. Meine Frau und mancher Leser freut sich an Bildern wie der Autor, die Alt-68iger-Freundschaft zum Maestro haha liegt in den letzten Zügen. Im Winter in Spanien und Portugal war es eine Freude, das Frühjahr abzuwarten bis zur Rückkehr im Mai. Jetzt lockt mich nichts in die schier unendlichen Weiten nach Nord-Norwegen. Magische Bande ziehen mich....

...heim. *

* oder ist es einfach Trägheit und Alter, müde der Reise, der Fremde?

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